Utopien zwischen Pyramiden und Denghoog
Syltopia wird zum Studienobjekt der FU-Berlin
Amr Aboelsoud ist Ägypter und besucht zum ersten Mal die Insel Sylt. Ein Buch hat ihn hierher gezogen: Syltopia-die Dokufantasy aus dem Jahre 2050 von Lothar Koch. Herr Aboelsoud (AB) schreibt an der Freien Universität Berlin an seiner Doktorarbeit im Fach Germanistik, Arbeits-Titel: Deutsche und ägyptische Utopien in der Gegenwartsliteratur.
NaturReporter Sylt (NR) hat ihn dazu interviewt:
NR: Herr Aboelsoud, Wo kommen Sie ursprünglich her?
AB: Ich stamme aus Kairo und habe dort Germanistik studiert und beim Goethe Institut Deutschkurse gegeben. 2012 konnte ich Dank eines Stipendiums des DAAD nach Berlin reisen, um dort eine Doktorarbeit zu beginnen.
NR: Was machen Sie auf Sylt?
AB: Ich will mir die Insel anschauen, weil sie den Hintergrund eines Romanes bildet, den ich für meine Promotion analysiere. Es ist einfach gut, die original-Atmosphäre aufzunehmen und zu entdecken, wo die Personen in dem Roman „Syltopia“ spielen, was echt und was Fantasie des Autors ist.
NR: Was genau ist ihr Projekt?
AB: In meiner Doktorarbeit geht es darum verschiedene utopische Romane literarisch zu vergleichen. Es handelt sich um zwei ägyptische Utopien und drei deutsche. Syltopia ist eine davon. Dabei analysiere ich was für Kriterien allen Utopien gemein ist, wo die Unterschiede liegen und inwiefern sie sich in positive Entwürfe entwickeln oder eher in düstere Zukunftswelten wechseln (Dystopien). Syltopia ist definitiv ein positiver Geseschaftsentwurf.
NR: Was hat Sie dazu motiviert?
AB: Letztendlich der ägyptische Roman Utopia von Ahmed Kaled Towfik. Towik ist ein bekannter Autor von Abenteuergeschichten in meinem Land. Meine Generation ist mit seinen Büchern aufgewachsen. Kurz vor der Revolution in Ägypten brachte er 2009 seine Utopie heraus, die ein sehr düsteres Bild von der Zukunft Ägyptens ausmalt. Als wir 2011 auf dem Tahrirplatz das Mubarak-Regime stürzten hatten wir für wenige Monate das Gefühl von Freiheit in Kopf und Herz. Viele dachten, wir müssen jetzt etwas tun, damit die Vision von Towik nicht wahr wird. So begann ich mich als Germanist auf das Studium von Utopien zu stürzen. In Ägypten kam es dann leider jedoch zu einer Dystopie.
NR: Wie kamen Sie auf Syltopia?
AB: Das war einer Zufall. Ein Freund drückte mir in einer Berliner Kneipe das Buch in die Hand, weil er wusste, was ich studiere.
NR: Welchen Stellenwert hat Syltopia in der von Ihnen zum Studium ausgewählten Literatur?
AB: Interessant an Syltopia ist, dass der Roman den Leser letztendlich nicht in eine negative, sondern eine positive Lebensvision führt. Das machen die wenigsten Utopien. Ich glaube dasd hat etwas mit den Autoren zu tun-es sind meist Biologen, Ökologen oder auch Grüne, die positive Visionen haben.
NR: Gibt es einen direkten Nutzen aus dem Thema der Doktorarbeit für Menschen in Ägypten?
AB: Das glaube ich nicht. Aber ich wünsche mir zumindest für mein Land, dass es in eine positive Richtung geht. Das bedeutet für mich ein harmonisches Miteinander von Mensch und Natur und Freiheit im Geiste. Literatur kann da einen Boden bereiten.
NR: Was gefällt Ihnen an Sylt besonders?
AB: Ich bin bereits täglich um die 60 km Fahrrad hier gefahren. Die Landschaft ist einmalig, die Luft super gut. Alles sehr schön und interessant hier. Heute habe ich den Denghoog besucht. Hier auf Sylt einen Ritualplatz zu sehen, der Tausend Jahre älter ist als die Pyramiden von Gizeh hat mich motiviert meine ägyptischen Wurzeln in Zukunft mehr zu erkunden.
NR: Was hat Sie hier überrascht?
AB: Ich bin überrascht, dass die Insel auch für Menschen erlebbar ist, die wie ich als Student nicht so viel Geld haben. Ich dachte Sylt-das ist nur etwas für die Reichen.
NR: Inwiefern haben Sie Inhalte von Syltopia hier wieder gefunden?
AB: Oh das begegnet mir an jeder Ecke- der Autor könnte durchaus „Syltopia-Touren“ für Touristen anbieten. Er hat ja seinen gesellschaftskritischen Plot wirklich authentisch entlang der Wege auf der Insel aufgehängt.
NR: Was nehmen Sie mit?
AB: Den Wunsch wieder zu kommen. Damit werde ich mich nach erfolgreicher Doktorarbeit belohnen. Konkret nehme ich dazu den Reiseführer von Lothar Koch mit: Natürlich Sylt.
NR: Wo führt Sie ihre Arbeit später hin?
AB: Das steht in den Sternen.
NR: Herr Aboelsoud, vielen Dank für das Gespräch!
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