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Tierischer Beitrag zur Möwendiskussion

Westerländer Raubritter (Archiv: Schutzstation Wattenmeer)

Westerländer Raubritter (Archiv: Schutzstation Wattenmeer)

27.7.2013
Seit einigen Wochen stopft die Sylter Rundschau, wie alle Jahre wieder, ihr Sommerloch mit der leidigen Diskussion, ob man denn nicht irgendetwas gegen die mörderischen Möwen von Westerland machen müsse.

Uns flatterte ein tierischer Leserbrief dazu in die Redaktion:

Scheiss drauf…Krächz, kia,

Die Möwe Jonathan

Ist wohl Zeit, dass ich mich mal zu Wort melde, krächz. Ich bin die Silbermöwe Jonathan

und Sylter in der 150.Generation. Beim Auspicken der Mülltonnen in der Friedrichstrasse hab ich die infamen Artikel in der Sylter Rundschau gegen uns Gefiederte gelesen. Ich hab natürlich gleich auf euer Geschreibsel geschissen. Also mal ehrlich: ohne uns Vögel gäbe es doch gar keine Schreiberlinge- ihr erinnert euch doch wohl, dass das Schreiben nur mittels Federkiel erfunden wurde!?

Glaubt ihr eigentlich immer noch an den dummen Scherz, dass ihr die Krone der Schöpfung seid? Wer hat denn bislang das größte Chaos auf diesem Planeten verursacht? Menschen oder Vögel? Ihr seid es doch, die sich in den letzten Winkel der Welt ausbreitet- und auf dem Weg haltet ihr täglich Millionen meiner Federvieh-Genossen in Konzentrationslagern, um sie barbarisch zu töten und aufzufressen.

Und auf Sylt?: Meine Vorfahren lebten hier ruhig und zufrieden. Zu Tausenden konnten wir in der weiten Dünenlandschaft brüten, bevor ihr anfingt unsere Siedlungsflächen dicht zu pflanzen. Schliesslich habt ihr auch noch die grosse Fuchsbrücke über das Watt gebaut, große Asphaltflächen angelegt und seid in Scharen in die Dünen gewandert. Seitdem blieben uns Bodenbrütern überhaupt keine sicheren Plätze mehr für unsere Küken. Den Bau der hohen Felsformationen an der Westseite, deren Höhlen ihr ja auch bewohnt, haben wir dankbar als Friedensangebot von eurer Seite angenommen- endlich wieder sichere Brutplätze- aber offenbar war das ja wohl gar nicht so gemeint!?

Und dann sollten wir wohl auch noch verhungern? Erst nehmt ihr uns den ganzen Fisch weg, den wir uns früher so mühsam gefischt haben, dann legt ihr für uns große schöne Futterplätze in Munkmarsch an, wo wir uns in den 1960iger Jahren so wohl fühlten und uns über Jahrzehnte wunderbar vermehren konnten- und dann wird plötzlich die Futterkrippe mit den duften Delikatessen dicht gemacht! Wisst ihr eigentlich wieviele von uns deswegen im folgenden Winter verhungert sind?

Gottlob gibt es ja einige unter euch Vertikalwürstchen die uns wohlgesonnen sind und immer etwas anbieten. Erst kürzlich stand doch eine aus eurer Redaktion auf der Promenade und hat mir fünf Minuten Futter hingehalten. Weil sie so ausdauernd war, hab ich ihr schliesslich den Gefallen getan und ihr aus der Hand gefressen. Und schliesslich: ihr nennt eure „schönste Sache der Welt“ nach uns Vögeln- dann seid auch so fair und lasst uns unseren angestammten Lebensraum an Meer und Strand – wir waren hier schliesslich die Ersten!

Eure Möwe Jonathan kia, kia, kiaaaaauuuuaaa

 

 


„Happy Bird Beach“ könnte neue Attraktion in List werden

Direkt vor dem Eingang des Zentrums für Naturgewalten am Lister Hafen entsteht gerade ein neuer Strand. Vor ein paar Wochen lagen dort nur alte Betonplatten, spitze Deckwerksteine, schmutziger Sand und Schlick. Nun erstreckt sich direkt hinter der Hafenmauer ein feiner, heller Sandstrand, der zusätzlich mit Sandfangzäunen besteckt ist, um im Laufe der Zeit kleine Sanddünen entstehen zu lassen. Im Herbst, wenn der Regen den frisch aufgespülten Seesand entsalzt hat, soll dann auch Strandhafer gesetzt werden. Das Ergebnis in ein /zwei Jahren könnte ein kleines Küstenbiotop sein, das auch Seevögel zum Brüten anlocken würde. Damit hätte das Zentrum für Naturgewalten quasi einen neuen, „open-air“ Ausstellungsteil. Einen „Happy Bird Beach*“, der die interessanten Wattenmeer- Informationen im Inneren des Gebäudes um eine wirklich lebendige Erfahrungsmöglichkeit bereichern würde. So könnte man aus der Vogelperspektive vom Dach der „Naturgewalten“ in Ruhe mit Ferngläsern das Brutgeschehen vor der Haustür beobachten- eventuell sogar direkt von der Hafenmauer aus. Vorher (Foto: A.C.Wright) Nachher (Foto: L.Koch) Voraussetzung ist jedoch, dass jetzt im Zuge der aktuellen Küstenschutzmaßnahme, dem eigentlichen Grund der Aufspülung, und auch nach deren Abschluß, der ca 150 m lange Sandstrand nicht betreten wird. Nur dann kann sich im Laufe der Zeit ein naturnahes Biotop entwickeln, das auch für Seevögel interessant ist. Wer jetzt befürchtet, dass Naturschützer hier den Menschen aussperren wollen, liegt jedoch ganz falsch. Das Ganze soll eine interessante, pädagogisch wertvoll aufbereitete Möglichkeit sein, Naturvorgänge hautnah besser zu verstehen und entspricht so ganz dem Konzept des Zentrums für Naturgewalten, das ja gerade dafür gebaut wurde, Natur an den Menschen heran zu bringen. Außerdem soll wenige Meter weiter, beim Strandhotel der dort entstandene Sandstrand für den Publikumsverkehr frei gegeben werden. Alles in allem also eine Küstenschutzmaßnahme, die mal so geplant wurde, dass neben dem Küstenschutz auch der Tourismus und der Naturschutz etwas davon haben! Nun wird sich zeigen, wie groß die Akzeptanz bei Listern und Touristen sein wird, das Betretungsverbot, welches übrigens in erster Linie  aus Küstenschutzgründen ausgesprochen wird, zu respektieren. Die Sandvorspülung war nötig geworden, weil die vor wenigen Jahren gebaute Hafenmauer, die Strömung so verändert hatte, dass im Norden des AWI-Geländes immer stärkere Landabbrüche erfolgten. * Der Begrifff „Happy Bird Beach“ wurde von der Studentin Anna Christin Wright geprägt, die als  Teilnehmerin an dem internationalen Studiengang Environmental Management beim Alfred Wegener Institut  ein Konzept für die Umsetzung als Master Arbeit schreiben will. Lothar Koch

Seeschwalben läuten den Frühling ein!

Stellt euch doch einmal an den Strand und schliesst für ein paar Minuten die Augen. Hörst Du dieses knarrend quietschend – kreischende Geräusch, das stark an ein rostendes Türscharnier erinnert? Wenn Du die Augen wieder öffnest, wirst Du weiße, elegante Vögel bemerken, die erst in der Luft rütteln und dann immer wieder sturzflugartig aus zehn, zwanzig Metern Höhe in die Nordseewellen herabstürzen.

Das sind keine Möwen, sondern Seeschwalben. Auf Sylt kündigen sie den Frühling an. Hier jagen sie kleinen Fischen nach, die sie zur Paarungszeit als „Hochzeitsgeschenk“ ihrer Auserwählten bringen.

Erst Mitte April sind sie von Südafrika nach Sylt zurückgekehrt. Sie werden bis zum Spätsommer bleiben. Ab Mai versuchen sie dann irgendwo im Umkreis von 1- 200 km zu brüten und ihre Küken, bis Ende Juni, großzuziehen. Zum Beispiel auf einer der Halligen, einem abgelegenen Außensand im Wattenmeer oder – mit ganz viel Glück – auch in einem der von Naturschützern bewachten Brutgebiete auf Sylt.
200 km? Für Seeschwalben ist das keine Entfernung. Schließlich legen viele der zierlichen Tiere jedes Jahr bis zu vierzigtausend Kilometer zurück. Manche verbringen unseren Winter sogar in der Antarktis und fliegen im Frühjahr noch viel weiter als Sylt, hoch bis in die Arktis.

Zwergseeschwalben wiegen dabei gerade einmal 45 Gramm und erreichen eine Länge von 20 cm. Die winzigen Langstreckenflieger sind bei uns besonders bedroht, weil sie ausnahmslos auf unbewachsenen Strand- und Kieswällen an der Küste brüten. Diese Stellen werden jedoch von Menschen zum Spazierengehen und Sonnen bevorzugt.

Zusätzlich machen Bodenfeinde, wie auf die Insel eingewanderte Füchse oder freilaufende Hunde den Bodenbrütern das Leben schwer. Daher siedelt diese Art heute fast nur noch auf unbewohnten Vogelschutzinseln oder in abgezäunten Naturgebieten. In ganz Deutschland gibt es weniger Brutpaare der Zwergseeschwalbe (ca. 600) als Einwohner in Hörnum auf Sylt (ca. 1000).

 

Seeschwalbenarten auf Sylt

Brandseeschwalben: XL, schwarze Füße, schwarzer Schnabel mit gelber Spitze, „Punkerfrisur“,

Küstenseeschwalben: L, rote Füsse, roter Schnabel, Flussseeschwalben: L, rote Füße, roter Schnabel mit schwarzer Spitze

 

Zwergseeschwalben: S, gelbe Füße, gelber Schnabel mit schwarzer Spitze, weiße Stirn

Lachseeschwalben: XL, schwarzer Schnabel, jagen oft in den Dünen nach Eidechsen.

Naturschützer warten auf Brut-und Rastvögel

Osterzeit ist Eierzeit- auch für Sylter Naturschützer.  Denen geht es jedoch weniger um Ostereier, die ja bekanntlich vom Osterhasen gebracht werden, sondern um den vorsorglichen Schutz der insularen Vogel – Brut- und Rastgebiete. Während Vermieter die Steppdecken Ihrer Appartements ausschütteln und alles für die Saison aufklaren, bereiten die Gebietsbetreuer der Sylter Schutzstationen und Naturzentren in den Wochen zuvor alles für die Ankunft unserer gefiederten Gäste vor. Normalerweise! Dieses Jahr ist jedoch wegen der langen Kälteperiode die Ankunft der Vögel ziemlich verspätet.

Die Schutzstation Wattenmeer berichtet, daß durch den lang anhaltenden Winter ein großer Teil der etwa 65.000 im schleswig-holsteinischen Wattenmeer rastenden Ringelgänse noch nicht zurückgekehrt ist. Viele warten an der britischen Küste und der Bretagne auf wärmeres Wetter, um mit dem Zug zu beginnen. „Derzeit sind gerade mal 3.500 Gänse auf Hallig Hooge“, sagt deren Hooger Stationsleiter Michael Klisch. Im letzten Jahr konnte er Anfang April bereits 15.000 der schwarz-weißen Gänse mit dem weißen Halsring auf der Hallig vermelden.

In Sylt Ost  steuern zwar bereits Kiebitze binnendeichs bereits ihre Nistplätze auf wenig bewirtschafteten Feuchtwiesen an. Außendeichs auf Salzwiesen und Sandnehrungen des Nationalparkes Wattenmeer beginnt das Brutgeschehen erst dieses Jahr jedoch erst deutlich später.

Die bereits im März aus den afrikanischen und atlantischen Winterquartieren eingereisten Zugvögel, sind zum grossen Teil mit der erneuten Kälteperiode wieder ein gutes Stück zurück, an die wärmeren Küsten Frankreichs geflogen. Sobald hier der Frühling durchbricht werden sie in Scharen erneut einfallen. Nur ein geringer Teil davon wird jedoch  jedoch bei uns am Wattenmeer brüten. Alpenstrandläufer, Knutts, Pfuhlschnepfen und andere Watvogelarten nutzen die nahrungsreichen Schlickflächen lediglich als „Tankstelle“ auf dem Langstreckenflug. Die grösseren, dunkelbäuchigen Ringelgänse kehren von der französischen Atlantikküste und aus Südengland zurück. Für sie wird die Zeit dann schon knapp: Gut acht Wochen bräuchten sie ungestörte Rastplätze, um sich für die Weiterreise in die sibirischen Brutgebiete ausreichend „Treibstoff“ im Watt und auf den Salzwiesen anzufuttern. Nur mit genug Fett auf den Rippen ist die rund 5000 km Etappe bis zur sibirischen Taimyrhalbinsel und das anschließende Brutgeschäft in der Tundra zu schaffen.

Die bei uns brütenden Extrem-Langstreckenflieger, wie zum Beispiel verschiedene Seeschwalbenarten werden ab Mitte April am Weststrand erwartet. Die zierlichen Vögel haben den Winter an den warmen Küsten Südafrikas verbracht und legen über 10.000 km Strecke zurück, um dann hier in gut geschützten Revieren ihre Jungvögel großzuziehen. Dies gelingt leider nur, wenn die wenigen geeigneten Brutplätze ausreichend vor Störungen abgeschirmt werden.Für die Mitarbeiter der Schutzstationen bedeutet das jetzt „Knochenarbeit“ im Gelände.  Alle Seevögel sind Bodenbrüter und   ohne den Schutz durch Brutzäune und Hinweisschilder leicht Opfer der ab Ostern einsetzenden Urlauberwelle.

Das Erneuern fehlender Pfähle und Schilder ist harte Arbeit. Stundenlang sind die MitarbeiterInnen der Naturschutzverbände mit Handwagen, Spaten und Vorschlaghammer draußen  unterwegs. Hier setzen sie nach Absprache mit Behörden und Gemeinden an notwendigen Punkten „Besucherlenkungsmaßnahmen“ in Form von Pfählen, Draht und Informationsschildern, z.B. mit der Aufschrift „Achtung- Brut- und Rastgebiet“.

Bitte nehmen Sie ihre Hunde nun wieder an die Leine! Wir Sylter freuen uns über Ihr Verständnis für diese Vorsorgemassnahmen und sagen vielen Dank!

 

Lothar Koch

Zugvögel zurück im Sylter Watt

Pünktlich zum Frühlingsbeginn kehren immer mehr Zugvögel aus den Überwinterungsgebieten in den Nationalpark zurück. Auch auf Sylt kann man  jetzt täglich grössere Trupps von Gänsen und Watvögel einfliegen sehen. Die dunklen Nonnengänse und ihre etwas kleineren Verwandten, die Ringelgänse erkennt man meist an der energiesparenden V-Flug-Formation am Himmel. Sie haben die kalte Jahreszeit an den milderen britischen und französichen Küsten verbracht und sind nun auf dem Rückweg ins sibirische Brutgebiet. Im Wattenmeer angekommen,  haben sie nur noch sechs Wochen, bis Mitte Mai Zeit, um sich auf den Salzwiesen im Nationalpark und mancherorts auch auf Grünlandflächen binnendeichs Fettreserven anzufressen. „Je wohlgenährter die Gänse vom Wattenmeer abziehen können, desto größer sind später ihre Chancen in den arktischen Brutgebieten, hauptsächlich auf der sibirischen Taimyr-Halbinsel erfolgreich Nachwuchs aufzuziehen“, sagt Biologe Klaus Günther von der Schutzstation Wattenmeer, der das Rastvogelmonitoring im Nationalpark koordiniert. Knutts, Pfuhlschnepfen und andere Watvögel findet man inzwischen auch wieder in grossen Zahlen auf den Wattflächen östlich von  Sylt. „Pfuhlschnepfen sind die Rekordhalter im Non-Stopp-Flug“, berichtet Günther. 11.600 Kilometer ohne Zwischenlandung, Schlafen oder Fressen war eine Schnepfe neun Tage über dem Pazifik von Alaska bis Neuseeland unterwegs. „Ein kürzere Strecke, nämlich bis zu 5.000 Kilometer müssen die Schnepfen vom Wattenmeer in die arktischen Brutgebiete bis hin zur Taimyr Halbinsel fliegen. Aber auch das ist eine sehr beeindruckende Leistung“, meint Günther begeistert.  Mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit fressen sich die Schnepfen den notwendigen Flugtreibstoff an. Drei bis vier Wochen benötigen sie, um ihr Gewicht annähernd zu verdoppeln. Die Vögel müssen dafür mit ihrem zehn Zentimeter langen Schnabel genügend Krebse und Würmer im Wattboden erstochern. Hierbei hilft ihnen die druckempfindliche Schnabelspitze dabei, blind die Beute im tiefen Schlick aufzuspüren. Wer um diese Jahreszeit Vögel im Watt beobachtet, hat gute Chancen, den Alpenstrandläufer als häufigsten Zugvogel des Wattenmeeres zu entdecken. Den etwas irreführenden Namen bekam der starengroße Vogel von deutschsprachigen Vogelkundlern als Brutvogel der lappländischen Alpen, einer nordischen Gebirgsregion. Gut zur erkennen sind die Vögel im Sommer an ihrem schwarzen Brustfleck, den auch jetzt schon viele Tiere haben. „Sind die Wattflächen bei Hochwasser vom Meer überspült, können Vogelfreunde die Strandläufer zusammen mit anderen Watvögeln an besonderen Rastplätzen antreffen“, erklärt Vogelkenner Günther. Solche bevorzugten Sammelpunkte gibt es auf Sylt beispielsweise im Watt beim Lister Koog, bei den Keitumer Sandinseln, oder an der Hörnumer Nehrung. Für alle Besucher des Weltnaturerbes Wattenmeer hat Günther noch ein besonderes Anliegen: „Bitte halten Sie bei Ihren Beobachtungen ausreichend Abstand von Rastvogelschwärmen und respektieren Sie auch die abgesperrten Brut- und Rastgebiete. Jedes Auffliegen bedeutet für die Tiere einen unnötigen Energieaufwand.“ Gute Möglichkeiten, die Zugvögel im Nationalpark zu erleben, bieten auch die Führungen der Naturschutzverbände wie der Schutzstation Wattenmeer sowie der Nationalparkranger.   Quelle: Schutzstation Wattenmeer, Fotos SW-Archiv, Alpi von Ulrich Holst, SW