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Schutzstation Wattenmeer begrüßt die Installation von interaktiven Infotafeln am Sylter Walschutzgebiet

IMG_1998 List/Sylt

Nach 15 jährigem Bestehen des Walschutzgebietes, wurde heute auf Sylt im Beisein von Vertretern des LKN, der Gemeinde List, dem Landschaftszweckverband Sylt und den Naturschutzverbänden des Naturerlebniszentrums Naturgewalten Sylt, ein erster Prototyp von neuartigen, interaktiven, Informationstafeln zum Walschutzgebiet aufgestellt.

Insgesamt zwölf Informationselemente zu den Themen Nationalpark-Fauna der offenen Nordsee (speziell Trauerenten und Schweinswale) und Küstenschutz (Speziell Sandvorspülung) werden in dieses Jahr an zahlreichen Strandübergängen entlang der gesamten Sylter Westküste folgen.

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„Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt. Wir werden in den nächsten Wochen im ersten Schritt zwei Prototypen aufstellen, die bis April getestet werden.“erklärte Matthias Kundy vom LKN/Nationalparkverwaltung.

„Wir wollen jetzt bis zum Saisonbeginn sehen, inwieweit gerade die interaktiven Bedienelemente der extremen Sylter Witterung standhalten“, so Matthias Strasser vom Erlebniszentrum Naturgewalten, der das Projekt vor Ort betreut und zusammen mit Lothar Koch von der Schutzstation Wattenmeer initiiert hat.

„Wir haben bei der Konzeption der Info-Stelen vor allem auf eine außergewöhnlich spielerische und urlauberfreundliche Darstellung hingearbeitet, die dennoch sturmtauglich und finanzierbar ist“, so Lothar Koch.
Neben einem reinen Erklärstück, inklusive Karte mit eingezeichneten Schutzgebieten, ergänzt ein Drehrad die Stele mit detaillierten Informationen zum Nationalpark,  Küstenschutz, den Schweinswalen und den Trauerenten.

Die Gesamtkonzeption und technische Umsetzung wurde Firma „NaturErleben“ aus Kiel durchgeführt. „Nun hoffen wir, daß es nach der besonderen Kenntlichmachung des Walschutzgebietes, auch politisch mit Verbesserungen für die Kleinwale weitergeht. Es gibt noch Verbesserungen hinsichtlich Fischerei, Befahrensregelungen und Lärmemissionen im Bereich des Wal-Kalbungsgebietes zu verbessern“, so Koch

Bereits im Dezember 1999 wurde das Walschutzgebiet vor der Westküste Sylts und Amrum ausgewiesen und ist Teil des Nationalparks Wattenmeer. „Die Beharrlichkeit der Sylter Verbände in dieser Sache hat sich gelohnt, wenn im Sommer alle Infoelemente stehen.“, so  der Biologe Lothar Koch.  Matthias Kundy ergänzt: „Schlussendlich haben wir jetzt eine gute Lösung gefunden, hinter der auch die Tourismusdirektoren der Insel stehen und somit kann unser Projekt Schweinswal-Infostelen in diesem Jahr endlich  umgesetzt werden.“

Finanziert wurde das Kooperationsprojekt durch fällige Ausgleichsgelder aus den Eingriffen ins Schutzgebiet wegen der jährlichen Sandvorspülungen. Eine schicke, aufrechte Stele mit Fundament soll Anfang März zusätzlich auf der Plattform Ellenbogenberg errichtet werden. Heute wird jedoch zunächst die Pultvariante auf die Brüstung des Geländers am Übergang Weststrandhalle in List angebracht.

 

 

RSH-Beitrag zum „Rätsel der Sandbank“

Gestern sendete Radio Schleswig Holstein einen Beitrag zum aktuellen Seehundsterben. Hendrik Brunckhorst vom Landesamt für Küstenschutz und Nationalpark (LKN) berichtet den aktuellen Stand der Dinge (Teil 1) und Lothar Koch äussert sich zum „Rätsel der Sandbank“ (Teil 2).

Teil 1:

 

Teil 2:

Wer löst das Rätsel des Seehundssterbens?

toter seehundWieder sterben an der Küste hunderte von Seehunden und keiner weiss genau warum. Mindestens 350 Tiere wurden in Schleswig-Holstein bislang geborgen, davon die meisten an der Wattenmeerküste, hauptsächlich auf Sylt und Amrum.

Krankheitsauslösend waren 1988 und 2002 die Viren des Seehundstaupe-Erregers, die letztendlich jeweils rund 20 000 Tieren das Leben kosteten. Jetzt, im Herbst 2014, kann der Krankheitsverlauf von den zuständigen deutschen Veterinären offenbar immer noch nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Dänischen Ämter teilen mit, dass es sich diesmal nicht um die Seehundstaupe, sondern wohl eher um Influenza, also Grippeviren handeln würde. In diesem Fall wahrscheinlich Vogelgrippe-Viren, die nicht ganz ungefährlich für Hunde und Menschen sind (deshalb kranke Tiere nicht anfassen!).

Allen drei Seuchenzügen ist jedoch eines gemeinsam: jedes Mal wurde der Beginn des auffälligen Robbensterbens bei der kleinen Insel Anholt, mitten im Kattegat der dänischen Ostsee registriert.
Das kann doch kein Zufall sein! Zu erwarten wäre doch vielmehr, dass sich eine Seuche von einem Gebiet mit hoher Tierdichte in die Hauptrichtung der Meeresströmung ausbreitet. Bei den Seehund-Seuchenzügen ist es aber offenbar genau umgekehrt: Das Sterben beginnt in der von Seehunden relativ dünn besiedelten Ostsee und kriecht dann gegen den Haupt-Nordseestrom die Küste von Nord-Fünen ins dicht besiedelte deutsche Wattenmeer herunter.

Wieso das Seehundsterben nun schon das dritte Mal in Folge wieder bei Anholt losging und weshalb es überhaupt zu den Ausbrüchen der Hundestaupe kam, ist nie genau geklärt worden. Die Veterinär- und Nationalparkämter scheinen sich mit der Dokumentation der Sterbezahlen und des Seuchenverlaufes zufrieden zu geben, anstatt wirkliche Ursachenforschung zu betreiben. Etliche Hypothesen dazu kursieren schon seit 1988: Immunsystemschwächung durch zu hohe Schadstoffbelastung der Seehunde, Viren-Einschleppung durch arktische Sattelrobben oder Nerzfarmen, u.a.m.
Die Schutzstation Wattenmeer hatte deshalb schon 2002 die Einrichtung einer internationalen, wissenschaftlichen „Sonderkommission Seehundsterben“ gefordert, um Virusseuchen unter den Robben von Nord-und Ostsee in Zukunft gar nicht erst aufkommen zu lassen. Diese Forderung ist nun aktueller denn je!
Eine „SOKO-Seehundsterben“ sollte den Anrainerstaaten – schon aus ethischen Gründen – ausreichende Forschungsmittel wert sein. Zudem bedeutet jede Seehundseuche den Tod vieler heimischer Publikumslieblinge, verursacht eine Menge Entsorgungskosten und dämpft möglicherweise die Urlaubsfreude an betroffenen Küstenorten.

 

Lothar Koch

Vertreibt Butendiek Mutter/Kalb-Gruppen aus Schutzgebiet?

Befliegungskarte Schweinswale

Quelle:Sylter Rundschau/BFN

Nachdem Sylter Naturschützer vergangene Woche öffentlichen Druck über die Medien machten, hat das Bundesamt für Naturschutz nun die bislang zurückgehaltenen Daten einer turnusmässigen Kleinwalzählung herausgegeben (s. Graphik). Die Flugzählungen werden seit 2002 immer zur Kalbungs-und Aufzuchtzeit von Schweinswalen von Wissenschaftlern im Auftrag des Bundesamtes durchgeführt. Da der Aufwand für diese Zählungen gleich bleibt und Änderungen, die sich aus Wetter- oder anderen Bedingungen ergeben, herausgerechnet werden, sind nur diese Zählungen vergleichbar und statistisch auswertbar. Man braucht jedoch kein Mathematiker sein, um auf den ersten Blick zu sehen, dass es im Frühsommer 2014 rund um die Baustelle von Butendiek deutliche „weisse Flecken“ auf der Zählkarte gibt. Noch deutlicher ist der Rückgang von gesichteten Mutter/Kalb-Gruppen der geschützten Tierart im EU-Schutzgebiet Sylter Aussenriff zu erkennen. Bislang wurden dort seit 2002 bei der Überfliegen fast immer über 20 Mutter-Kalb-Gruppen registriert. In diesem Juni waren es hier  nur vier Walweibchen mit Jungtieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass die seit April getätigten Rammungen der Windparkfundamente Wale vertrieben haben ist gross, jedoch der Zusammenhang wissenschaftlich schwer nachweisbar. Zumal sich Butendiek auf eigene Walzählungen beruft, die zu anderen Ergebnissen kommen. Diese sind jedoch bislang nicht veröffentlicht worden. Nach eigenen Angaben hält das WPD-Konsortium (Siemens und dänische Pensionsfonds) beim Bau die vorgeschriebenen Lärmgrenzen von 160 Dezibel ein. Diese sind jedoch auf die Schädigungsgrenze des Gehörs bei Kleinwalen ausgelegt. „Kein Wunder, dass die Mutter-Kalbgruppen das Weite suchen. Die Frage ist nur, wohin sie ausweichen können“, so der Sylter Biologe Lothar Koch. Schliesslich wurden im Verlauf der letzten 12 Monate mindestens 450 Fundamente von ca. 7 Windparkbaustellen ins deutsche Seegebiet gerammt. Der für die Schutzstation Wattenmeer aktive Biologe fordert daher eine bessere und übergeordnete Koordination von Bauarbeiten und ggf. einen Offshore-Rammstopp während der Aufzuchtzeit von Kleinwalen. „Keiner weiss, ob die vertriebenen Schweinswale nach dem diesjährigen Vergrämen im kommenden Jahr wieder in die Sylter Schutzgebiete zurückkehren werden oder gänzlich ausbleiben“, so Koch. Dabei sind die  Walschutzgebiete (1999 und 2008) vor Sylt ausgewiesen worden, um den Schweinswalen ruhige Rückzugsareale zu bieten. Dieser Schutzzweck wird durch die Bauarbeiten von Butendiek im Schutzgebiet Sylter Aussenriff derzeit ausgehebelt.

„Die Auflagen für Offshore-Baustellen hinken der Naturschutzforschung und den baulichen Fakten hinterher“, so Lothar Koch, „derzeit sind die wildlebenden Kleinwale und Meeresenten noch die „Versuchkaninchen“ von Wissenschaftlern, Bundesämtern und Baustellenbetreibern“

40 Jahre Schutzstation Wattenmeer auf Sylt

Das Norwegerhaus der Schutzstation Wattenmeer

Das Norwegerhaus der Schutzstation Wattenmeer

In kleiner, unauffälliger Runde verstrich heute ein Doppeljubiläum der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt: 40 Jahre am Standort Hörnum und Einjähriges für die neue Arche Wattenmeer, die vergangenes Jahr in die ehemalige katholische Kirche des südlichsten Inseldorfes gebaut wurde. Wegen des 50ig-jährigen Vereinsbestehens, das vergangenes Jahr größer zelebriert wurde, war der Vereinsvorstand wohl „feiermüde“. Man beliess es bei einem Tag der offenen Tür ohne Presse und Auflauf von Inselprominenz.

Eigentlich schade, hätte die alte „Bretterbude“ mit dem Schriftzug Schutzstation Wattenmeer und dem Indianerpfahl davor, wie das „Norwegerhaus“ neuerdings abschätzig genannt wird, doch mehr liebevolle Aufmerksamkeit verdient.
Immerhin leisteten dort seit 1974 hunderte von Zivildienstleistende und Praktikantinnen ihren engagierten Dienst für den Sylter Naturschutz und die pädagogische Arbeit mit Tausenden von Kindern aus den anliegenden Schulerholungsheimen.

Die Wirkung des Dienstes im Hörnumer Steintal war für die jungen Leute lebensprägend. In seinem  Diavortrag zur Historie berichtete Ex-Hörnum Zivi Rainer Borcherding (nun seit 18 Jahren hauptamtlicher Biologe bei der SW) heute auch, wie viele der Hörnumer Zivis inzwischen in hochrangigen Naturschutzpositionen als Biologen oder Verwaltungsfachleute gelandet sind.

Aber auch die Aussenwirkung der Hörnumer Station war überdurchschnittlich: Von der Aktion Braderup 8:01 1 Kopiealten „Bretterbude“ gingen zwischen 1988 und 2000 wesentliche Ideen und Impulse für die  naturschutzpolitische Arbeit der gesamten Naturschutzgesellschaft aus. Das lag zum Einem, daran, daß durch das erste Seehundsterben im Sommer 1988, Sylt zum Zentrum der Aufmerksamkeit des Nordseeschutzes wurde und zum Zweiten, daß ich dort, statt in der Geschäftsstelle in Rendsburg, im selben Jahr als erster hauptamtlicher Biologe meinen Dienst antrat. Da ich auch mit der Funktion des Verbandssprechers betraut wurde und die gesamte Medienarbeit von Hörnum aus aufbaute und durchführte, geriet die Schutzstation Sylt nicht selten bundesweit in die Schlagzeilen.

Dauerhafte Akzente wurden auch durch zwei Naturschutzprojekte gesetzt, die von hier aus koordiniert wurden: Das Kegelrobben-Schutzprojekt und das Projekt zum Schutz der Schweinswale. In beiden Fällen wurde von der Hörnumer Schutzstation aus wichtige Pionierarbeit geleistet, da beide Meeressäugerarten vor der Öffentlichkeitsarbeit dieser Projekte den Bundesbürgern und größtenteils sogar den Einheimischen weitgehend unbekannt waren. Die erste Pressemitteilung zur Sichtung lebendiger Schweinswale vor Sylt schrieb ich im November 1989 auf einer rostigen „Gabriele“ Schreibmaschine im Holzbüro des Norwegerhauses. Sie machte via Dpa bundesweit Schlagzeilen. Hunderte von Aktivitäten folgten, die schliesslich 1999 ganz wesentlich zur Einrichtung des ersten Walschutzgebietes Europas, ausgerechnet vor den Inseln Sylt und Amrum beitrugen.

Von Sylt aus startete ich mit motivierten Zivis zu vielen Aktionen, die teilweise bis nach Holland, Dänemark und England führten, um für internationalen Nordseeschutz zu agieren. Sämtliche Landesumweltminister statteten uns in Hörnum einen Besuch ab, von zahlreichen Promis aus Politik, Funk und Fernsehen, gar nicht zu reden. Das Wesentliche war der Charme des Hauses: eine Mischung aus Skihütte, Vogelwartromantik, Pfadfinderlager und Aktionscamp.

Norwegerhaus, wir haben dich geliebt! du bist wahrscheinlich die letzte Schutzstation alten Schlages und hast bald gänzlich ausgedient!?

Noch steht die alte Bretterbude und wird derzeit zu 80% als Unterbringung für Mitarbeiter genutzt (20% als Bernsteinwerkstatt). Die Nordsee-Ausstellung ist in die 100 m entfernte Arche umgezogen. Dort lohnt sich ein Besuch- sie setzt sich wohltuend von anderen Einrichtungen der Insel ab.

Was die SW Hörnum leider nicht mehr ausstrahlt, ist der Enthusiasmus und der Biss in aller Öffentlichkeit mit bunten Aktionen für Forderungen des Naturschutzes zu kämpfen-aber das liegt wohl zum einen an Bremsblöcken in der Verbandsverwaltung und zum anderen  auch am allgemeinen Zeitgeist. Derzeit ist wieder mehr naturkundliche Bestimmungsarbeit gefragt. Ein Grund, weshalb ich der Station die Replik eines umfassenden Schlüssels zur Identifikation von Algen der Nordsee zum 40.Geburtstag geschenkt habe (British Seaweeds-ein uraltes, aber sehr genaues Standardwerk).

Ich wünsche der Schutzstation weitere gute Jahrzehnte auf Sylt und stets eine fitte Naturschutztruppe, die etwas bewegen will.

Lothar Koch
(Stationsleiter von 1988-2003)