Grüne aus Land und Bund informierten zur Marschbahnplanung bei Besuch auf Sylt
Die Bundestagsabgeordnete Dr. Ingrid Nestle aus Itzehoe und Landtagsabgeordneter Dr. Andreas Tietze (Ex-Sylter) sind beide ausgewiesene Verkehrs- und Bahnexperten von Bündnis 90/Die Grünen. Vergangenen Freitag bereisten sie die Insel, führten Gespräche mit Bürgermeister Häckel und Vertretern der Wirtschaft, sowie dem Ortsverband der Grünen auf Sylt.
Das Zentrale Thema war natürlich die Frage, ob eine Autozug-Terminal-Verlegung auf uns zu kommt und wie es mit der Modernisierung der Marschbahnstrecke voran geht.
Hintergrund ist die bevorstehende Herausgabe eines Gutachtens zur Terminal-Verlegung, das vom Land SH bei der NEG (Niebüll) in Auftrag gegeben wurde. Der Entwurf kursiert bereits. Dieses Gutachten wird jedoch von vielen unterschiedlichen Interessengruppen kritisch gesehen, da die NEG selbst Interessen auf der Insel in Sachen Güterverkehr hat und als befangen gilt.
Insofern will sich Andreas Tietze für ein weiteres Ergänzungs-Gutachten stark machen, das eine zweite Meinung zu der „umfangreichen Operation“ geben soll. Die NEG sei vom Land nach einer Ausschreibung gewählt worden, weil sie zertifiziert für solche Gutachten sei und die gute Kenntnis vor Ort habe.
Ingrid Nestle führte aus, dass die Grünen ein hohes Interesse daran haben, die Bahn bundesweit richtig, richtig gut zu machen, in der Hoffnung den innerdeutschen Flug- und Autoverkehr drastisch zu senken. Insofern wäre es aus Grüner Sicht gut, dass die Bundesregierung nun bis zu 600 Millionen Euro in die Modernisierung und Elektrifizierung der Marschbahnstrecke stecken wolle. Das würde letztendlich auch rund 5 Millionen Liter Diesel pro Jahr alleine auf unserem Abschnitt Niebüll – Westerland einsparen. Auf der Gesamtstrecke wären es über 16 Millionen Liter bzw. über 40.000 t Kohlendioxid. Jahr für Jahr. Was die Grüne weniger gut findet, ist die Tatsache, dass durch den CDU-Vorstoss aus dem vergangenen Jahr, der die Marschbahnrenovierung in ein beschleunigtes Verfahren gehievt hatte, der Bund nun mit freier Hand durchregieren und Landbesitzer an der Strecke enteignen könne- und das auch tun werde, um schnell für Besserung zu sorgen. Allerdings sei abzusehen, dass bei einer Investition solcher Größenordnung kein Verständnis bei Bund und Steuerzahlern bestünde, wenn trotz Modernisierung das Gleis in einem unzulänglichen Bahnhof (Westerland) enden würde und damit die Verspätungen auf der gesamten Strecke bis Hamburg bestehen blieben, die durch das Nadelöhr Westerland entstünden. Wenn gleich Sie auf den Einwand der Fraktionsvorsitzenden Maria Andresen, die Verspätungen gingen nicht allein auf das Konto Westerland, zustimmte.
Mit anderen Worten: Die Verlegung des Autozug-Terminals, die erforderlich sei, um den Bahnverkehr im Nadelöhr zu entzerren, ist durch die CDU-Taktik weitaus wahrscheinlicher geworden. Nun bliebe hauptsächlich die Frage, welche Variante angemessen und vertretbar sei. Eine Steigerung des Autoverkehrs durch einen neuen Terminal sehen die beiden Grünen nicht. „Die Zahlen der von Autozügen in den vergangenen Jahren transportierten KFZ haben trotz des Blauen Autozuges nicht zugenommen“, so Andreas Tietze. Wir erhoffen uns davon eher eine Reduzierung des Autoverkehrs, da die Personenzüge zwischen HH und Westerland dann richtig gut und schnell werden können“. 2025 enden die Verträge zwischen Land und Bahnanbietern. Wenn in den nächsten 1,5 Jahren die Entscheidung zur Verlegung getroffen werden könnte, wäre gegen Ende des Jahrzehnts mit einer kompletten Fertigstellung des Projektes zu rechnen.
Lothar Koch vom OV Sylt und Margot Böhm die Kreisvertreterin des OVs, merkten an, dass es nicht bei einem Gutachten bleiben könne, das „eingleisig“ die Bahn betrachten würde. Vielmehr würde eine Verlegung des Terminals zu unberechenbaren Folgen im insularen Verkehr führen. Deswegen solle an das zweite avisierte Gutachten gleich ein Mobilitätskonzept für die Insel angehängt werden, immer mit dem Ziel, individuellen motorisierten Nahverkehr zu vermindern.
„Das werden wir prüfen“, sagte Andreas Tietze, allerdings müssen dergleichen Fragen sinnvoll in das Ergänzungs-Gutachten eingebracht werden, da dafür ein gesonderter Finanztopf zur Verfügung stünde der nur auf das „Problem Autozug“ zugeschnitten sei. (Ein Extra-Gutachten für Mobilität auf Sylt könne man sonst ggf. beim Umweltministerium des Landes nachfragen.) Dabei wären die Sylter Gemeinden jetzt in der Bringeschuld, entsprechende Fragen als Antrag beim Land zu formulieren.
Ein Vorteil, den ein neuer Verladeterminal bringen könne, so Tietze, sei die Tatsache, dass darüber die Gemeinden die Hoheit hätten, statt wie derzeit die DB-Sylt Shuttle beim Bahnhof Westerland. Die Gemeinden könnten dann also Preise und Rahmenbedingungen festsetzen und damit auch an der Stellschraube Autozug mit drehen und zusätzliche Einnahmen machen. Auch über eine Reservierungspflicht der KFZ auf Autozügen könnten dann die Sylter Gemeinden bestimmen.
Lothar Koch
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