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„Ich mache keinen Krummen Dinger“

von der BürgerIni Merret reicht´s – aus Liebe zu Sylt

Die Hecken abgeholzt, die Kinderspielwiese umgegraben, die Fenster vernagelt, die Wohnhäuser mit Bauzäunen umschlossen, die Mieter mit falschen und viel zu hohen Nebenkostenabrechnungen schikaniert und mit ständigen Besuchen zum Auszug gedrängt. Es gab keine Reinigung mehr, der Strom fiel aus. Vor fünfzehn Jahren vertrieb die SL Immobilien GmbH aus Bremen 22 Sylter Familien erfolgreich aus ihren Mietwohnungen in den gelben Mehrfamilienhäusern am unteren Ende der Bomhoffstraße in Westerland. 

Unmenschlicher Umgang“ mit Sylter Familien

„Das war der härteste Umgang, den ich je mit Mietern in ganz Schleswig-Holstein erlebt habe“, erklärte Stephan Sombrutzki vom Kieler Mieterverein, an den sich die Familien schutzsuchend gewandt hatten. Als „unmenschlich“ brandmarkte der damalige Vorsitzende des Bauausschusses Holger Flessau (CDU) das Vorgehen des Bremer Investors, der dort eine neue Wohnanlage errichten wollte. „Das ist einfach unmöglich“, beklagte Bürgermeisterin Petra Reiber und wollte die Häuser sogar beschlagnahmen lassen. 

In den Gemeinderatssitzungen ging es über Monate hoch her. Der Berg kreißte – gebar aber am Ende nur eine Maus. Man einigte sich auf ein paar Zeilen Resolution: „Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen und verurteilen den Menschen verachtenden Umgang der Bremer SL Immobilien GmbH.“ Mehr war offenbar nicht drin. 22 Sylter Familien verloren ihr Zuhause. Angeblich machtlos die Politik. „Baurechtlich war das nicht zu verhindern“, ließ sich Holger Flessau zitieren. Rein rechtlich sahen sich die Gemeindevertreter außerstande, die Mieter zu schützen. 

Dauerwohnungen gingen in die Ferienvermietung

In der entscheidenden Sitzung waren sie alle anwesend, die heute immer noch die Geschicke der Gemeinde lenken: Günther Frank, Kay Abeling, Eberhard Eberle, Gerd Nielsen, Carsten Kerkamm und auch Manfred Uekermann, mittlerweile Landtagsabgeordneter. Anfang 2010 waren die Wohnungen dann schließlich erfolgreich entmietet. Die zwischen den Häusern gelegene Grünfläche, wo bisher Kinder spielten, wurde einer „sinnvollen“ Nutzung zugeführt. Hier entstanden Parkplätze für Feriengäste.

Nach der Fertigstellung gingen nahezu alle 22 Einheiten in die Ferienvermietung. Von Anfang an ein unsauberer Deal. Denn die gesamte Anlage durfte laut Baugenehmigung ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Der Bebauungsplan ließ daran überhaupt keinen Zweifel. Doch niemand rührte eine Hand, niemand kontrollierte, niemand griff ins Getriebe, und so geriet diese unschöne Episode insularer Wohnraumvernichtung wie so viele andere in Vergessenheit. 

Käuferin zahlte 1 Mio für eine illegale Fewo

Auch Frau Brinkmann (Name geändert) wusste davon nichts, als ihr im Spätsommer 2022 eine Zeitungsannonce der Sylter Firma RT Immobilien auffiel, in der eine Zwei-Zimmer-Erdgeschosswohnung in der Bomhoffstraße 17 für 950.000 Euro mit „eingeführter Ferienvermietung“ angeboten wurde. Die Geschäftsfrau aus Niedersachsen war auf der Suche nach einer Kapitalanlage mit guter Rendite. Sie zögerte. Denn für eine 65m²-Wohnung mit allen Nebenkosten rund 1,1 Millionen Euro zu bezahlen, erschien ihr selbst für Sylter Verhältnisse überteuert, immerhin sollte der Quadratmeter umgerechnet 17.000 Euro kosten. Der Verkäufer, ein Sylter Unternehmer, der im Immobiliengeschäft einen guten Ruf genießt, zeigte sich gesprächsbereit und ließ sich auf Verhandlungen ein. Frau Brinkmann unterschrieb schließlich den Kaufvertrag und zahlte knapp eine Million für zwei Zimmer und eine kleine Terrasse. Darin enthalten war auch ein saftiges Honorar für den testierenden Notar. Auch kein Unbekannter, ganz im Gegenteil. Dieser Sylter Notar setzte seine Unterschrift unter einen Kaufvertrag, in dem sich Frau Brinkmann ausdrücklich zusichern ließ, dass es sich bei der Eigentumswohnung um eine „Ferienwohnung“ mit entsprechender Genehmigung handelte (Merret liegt der Kaufvertrag mit allen Unterschriften vor). Denn auch Frau Brinkmann hatte mittlerweile registriert, dass man sich bei diesem heiklen Thema besser absicherte. Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel. 

Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel

Dann das böse Erwachen, als Frau Brinkmann anschließend die Baugenehmigung einsah: Dauerwohnung! Und der Schock wurde noch größer, als ihr klar wurde, dass sie sich im Kaufvertrag sogar verpflichtet hatte, die Vermietagentur weiterzubeschäftigen. Das gab ihr den Rest. „Ich war vertraglich gezwungen, illegal an Feriengäste zu vermieten. Aber ich mache keine krummen Dinger. Das habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht.“ Sofort fordert sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrags ein. Sie fühlt sich betrogen und getäuscht „von diesen angeblich so renommierten Insulanern, die hier alles miteinander verquicken“, Ämter, Posten, Finanzierungen, Vermittlungen und Testate. „Sie haben mich alle zusammen aufs Kreuz gelegt.“ Doch von einer Rückabwicklung will bis heute niemand etwas wissen. Frau Brinkmann hat Fristen gesetzt. Die sind längst verstrichen, Monate sind vergangen, Frau Brinkmann verlor irgendwann die Geduld. Im Juli dieses Jahres (2024) reichte sie über eine Westerländer Kanzlei Klage ein. „Das könnte mich jetzt nochmal richtig Geld kosten, aber das ist es mir wert. Und mir ist klar, ich nehme es hier mit den Spitzen der Sylter Gesellschaft auf.“ 

Geld zurück? Die Gerichte müssen entscheiden

Zufall oder nicht, auf einmal gibt es für die Bomhoffstraße und das Gebiet drumherum einen neuen Bebauungsplan. Plötzlich ist Ferienwohnen dort erlaubt. Und wie Frau Brinkmann feststellen durfte, hat jemand für ihre neue Eigentumswohnung einen Umnutzungsantrag gestellt. Das war nicht sie selbst. Sie wusste gar nichts davon. Sie wusste auch nicht, dass das überhaupt möglich ist, dass Nicht-Eigentümer für eine Wohnung, die ihnen nicht gehört, eine Nutzungsänderung beantragen können. Und sie hat es auch gar nicht gewollt. 

Nun verlangt sie erst recht ihr Geld zurück. „Das geht doch hier nicht mit rechten Dingen zu.“ 

Ausgang offen. Das Verfahren läuft. Verstrickt sind in diesen Fall die ganz Großen dieser Insel. Keine Auswärtigen. Diese wohlbekannten Leute haben sich gleich mehrfach persönlich bereichert und davon profitiert, dass vor fünfzehn Jahren 22 Sylter Familien in der Bomhoffstraße ihr (bezahlbares) Zuhause verloren. Durch ungerechtfertigte Mieteinnahmen, überteuerte Preise und Provisionen, die sich auf falsche Fakten stützten. Kein Einzelfall. Auf Merret-Nachfrage bestätigen Sylter Anwälte, dass immer mehr Schadenersatzforderungen eingehen, weil Immobilien überall auf der Insel mit solchen „Mängeln behaftet“ und deshalb zu teuer verkauft worden seien. 

Merret fordert sauberen Umgang mit den Fakten

Aus Merrets Sicht ist es höchste Zeit, endlich aufzuräumen. Es ist Zeit, sich ehrlich zu machen. Politiker dürfen nicht gleichzeitig die Rahmensetzung der Sylter Baupolitik bestimmen und sich anschließend über geltendes Recht hinwegsetzen, um auch noch persönlich wirtschaftlich davon zu profitieren. Schwer erträglich wird es dann, wenn dieselben Politiker auch noch öffentlich fordern, die Behörden mögen über diese Rechtsverstöße hinwegsehen, weil sonst die Sylter Wirtschaft zusammenbrechen würde. 

Diese Praktiken beschädigen das Image der Insel viel nachhaltiger als eine Horde Punks auf einer Festwiese. Es ist allerhöchste Zeit, dass Sylt endlich supergute Bebauungspläne bekommt, die die Bevölkerung schützen und den Zuzug von Familien und Normalverdienern ermöglichen, weil sie genügend Dauerwohnungen vorschreiben. Hoffentlich erfüllt der „B-Plan 28“, der als Blaupause für den künftigen Umgang mit Immobiliennutzung dienen soll, diese hohen Erwartungen. 

Dies ist Artikel der Bürgerinitiative „Merret reicht´s- aus Liebe zu Sylt (nicht von Lothar Koch).
Alle Namen der beteiligten Personen sind Merret bekannt. 

( https://merret-sylt.de, Fotos: Moritz Unruh und Merret reicht’s)

Brandheisses Thema auf Sylt: Kreis droht mit Stilllegung von Ferienvermietungen


Der Bürgermeister der Gemeinde Sylt (z.Zt. interimsmässig Rechtsanwalt Carsten Kerkamm) und der Amtsvorsteher des Amtes Landschaft Sylt (Ronald Benck), beide CDU, intervenierten dieser Tage gegen das Kontrollvorhaben des Kreisbauamtes zu illegaler Ferien-Vermietung auf der Insel. Der Kreis droht mit Stilllegung von Vermietbetrieben im zweistelligen Prozentbereich, weil diese seit Jahren gegen das Gesetzt verstossen. 

Bereits am 21. März 2024 erschien als Reaktion auf Spiegel-Artikel zu diesem Thema in der Sylter Rundschau  ein gekürztes Interview mit Birte Wieda.
Hier  das komplette Interview, das Barbara Glosemeyer mit Birte Wieda geführt hat:

𝗟𝗮𝘂𝘁 𝗦𝗣𝗜𝗘𝗚𝗘𝗟 𝗵𝗮𝗯𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝗴𝗲𝘀𝗮𝗴𝘁, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗦𝗶𝗲 𝗵𝗮𝗱𝗲𝗿𝗻, 𝘄𝗲𝗶𝗹 𝗦𝗶𝗲 𝘃𝗶𝗲𝗹𝗲 𝗕𝗲𝘁𝗿𝗼𝗳𝗳𝗲𝗻𝗲 𝗮𝘂𝗰𝗵 𝗽𝗲𝗿𝘀ö𝗻𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗸𝗲𝗻𝗻𝗲𝗻. 𝗜𝘀𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝘀𝗼?

Ja. Und die Auswirkungen sind zum Teil sehr bitter. Aber viele haben durh die absurde Immobilienpreisentwicklung eben auch schon die Insel verlassen. Wir wussten alle, das das mal ein Ende haben muss. Die jetzige Problemlage ist ja nicht neu. Sie ist dadurch zugespitzt, dass nötige Planungsanpassungen in der lokalen Politik nie die nötige Mehrheit gefunden haben. Das hat alles immer komplizierter und nachteiliger für alle jetzt Betroffenen gemacht.

Die Bau- und Städteplanung wurde in der Politik nie mit dem ausreichenden Ernst behandelt und damit auch nicht in die Bevölkerung kommuniziert, das habe ich in meiner Legislaturperioden Bauausschuss Sylt Ost schon Ende der 90 er Jahre merken müssen. Ort- und Kreisverwaltung haben immer wieder informiert und gemahnt. Anders ist das jetzt für jeden sichtbare Ausmaß auch nicht zu erklären!

𝗦𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗙𝗼𝗿𝗱𝗲𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗱𝗲s Verein Sylter Unternehmer 𝗻𝗮𝗰𝗵 𝗺𝗲𝗵𝗿 𝗭𝗲𝗶𝘁 𝘂𝗻𝗱 𝗔𝘂𝗴𝗲𝗻𝗺𝗮ß 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗺 𝗘𝗶𝗻𝗹𝗲𝗻𝗸𝗲𝗻 𝗱𝗲𝘀 𝗞𝗿𝗲𝗶𝘀𝗲𝘀 𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗿𝗶𝗰𝗵𝘁𝗶𝗴𝗲𝗻 𝗦𝗰𝗵𝗿𝗶𝘁𝘁, 𝗱𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝘂𝗻𝘁𝗲𝗿𝘀𝘁ü𝘁𝘇𝗲𝗻 𝗸ö𝗻𝗻𝗲𝗻?

Zeit für was? Es sind Aufgaben aus 20-40 Jahre versäumter Planungsarbeit nachzuholen! Da ist kein einziger Tag Zeit zu verlieren. Wir müssen jetzt aber als Mannschaft den Kurs des Schiffes neu bestimmen, weil den Kapitänen, die es in den Sturm gefahren haben, gerade nicht mehr viel zuzutrauen ist.

Das Augenmaß ist auf Sylt verloren gegangen. Der Kreis hat immer wieder Entgegenkommen signalisiert und abgewartet.

Wenn das jetzige Chaos nicht auch durch die Geduld der Behörde so groß geworden wäre, könnte man einfach „Danke“ sagen, denn es wurde in der Zeit sehr viel Geld verdient.

Für das bisherige Nichthandeln, ist auf jeden Fall keine Zeit mehr!

𝗗𝗶𝗲 𝗦𝘆𝗹𝘁𝗲𝗿 𝗨𝗻𝘁𝗲𝗿𝗻𝗲𝗵𝗺𝗲𝗿 𝘀𝗮𝗴𝗲𝗻, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗲𝘀 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗳𝘂𝗻𝗸𝘁𝗶𝗼𝗻𝗶𝗲𝗿𝗲𝗻 𝘄𝗶𝗿𝗱, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗮𝘂𝘀 𝘀𝘁𝗶𝗹𝗹𝗴𝗲𝗹𝗲𝗴𝘁𝗲𝗻 𝗙𝗲𝗿𝗶𝗲𝗻𝘄𝗼𝗵𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗗𝗮𝘂𝗲𝗿𝘄𝗼𝗵𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗳ü𝗿 𝗦𝘆𝗹𝘁𝗲𝗿 𝘄𝗲𝗿𝗱𝗲𝗻. 𝗪𝗶𝗲 𝘀𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝗱𝗮𝘀?

Wir verstehen im Bürgernetzwerk den Pessimismus nicht und finde ihn der Situation auch nicht zuträglich. Erstens kann die Kommunalpolitik planungsrechtlich mit Satzungen in Bebauungsplänen gegensteuern, damit die Wohnungen nicht im Zweitwohnungmarkt verloren gehen….. aber bitte schnell.

Zweitens sollte die Landesregierung die Insel unterstützen, indem das in Schleswig-Holstein fehlende Zweckentfremdungsgesetz/Wohnraumschutzgesetz schleunigst auf den Weg gebracht wird. Das würde ebenfalls den befürchteten Verlust in den Zweitwohnungsmarkt verhindern.

Auch da sollte man keine Zeit verlieren und im Schulterschluss nach Kiel gehen und es gemeinsam mit Nachdruck fordern. Schließlich steht es für 2024 sogar im Koalitionsvertrag.

Mehr Wohnraum, bezahlbarer Wohnraum, attraktiver Wohnraum werden die Chance der Sylter Wirtschaft beim Werben um Arbeitskräfte auf einem ohnehin umkämpften Markt erhöhen.

Das muss doch jedem einleuchten…. Wer wohnt und arbeitet nicht gern auf einer so schönen Insel?

Sylt 𝗵𝗮𝘁 𝗶𝗺 𝗷ü𝗻𝗴𝘀𝘁𝗲𝗻 𝗣𝗼𝘀𝘁 𝗮𝘂𝗳 𝗙𝗮𝗰𝗲𝗯𝗼𝗼𝗸 𝗱𝗶𝗲 𝗣𝗼𝗹𝗶𝘁𝗶𝗸 𝘃𝗲𝗿𝗮𝗻𝘁𝘄𝗼𝗿𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗴𝗲𝗺𝗮𝗰𝗵𝘁 𝗳ü𝗿 𝗱𝗲𝗻 𝗪𝗶𝗹𝗱𝘄𝘂𝗰𝗵𝘀 𝗺𝗶𝘁 𝗙𝗲𝗿𝗶𝗲𝗻𝘄𝗼𝗵𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻.

Die Bauministerin des Landes, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, hat es ganz deutlich gesagt: Das Recht der Planungshoheit liegt ausschließlich bei der Kommune, diese wird vertreten durch das legitimierte Gemeindeparlament, die Politiker vor Ort. Dort werden die Regeln abgewogen und festgelegt oder eben auch nicht.

Nach diesen Regeln genehmigt dann die Behörde des Kreises.

Eine Behörde kann demnach nur so gut und richtig genehmigen, wie die Regeln deutlich und klar sind. Da hat es in der Vergangenheit aus oben genannten Versäumnissen viel Durcheinander gegeben. Der Kreis und auch die Verwaltung vor Ort haben das immer wieder angemerkt und angemahnt.

𝗚𝗲𝗻𝗲𝗵𝗺𝗶𝗴𝘂𝗻𝗴𝘀𝗯𝗲𝗵ö𝗿𝗱𝗲 𝗶𝘀𝘁 𝗮𝗯𝗲𝗿 𝗱𝗶𝗲 𝗕𝗮𝘂𝗮𝘂𝗳𝘀𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗱𝗲𝘀 𝗞𝗿𝗲𝗶𝘀𝗲𝘀, 𝗱𝗶𝗲 𝗝𝗮𝗵𝗿𝘇𝗲𝗵𝗻𝘁𝗲 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁𝘀 𝗴𝗲𝘁𝗮𝗻 𝗵𝗮𝘁, 𝘄𝗶𝗲 𝗕𝘂𝗿𝗸𝗵𝗮𝗿𝗱 𝗝𝗮𝗻𝘀𝗲𝗻 𝗶𝗺 𝗜𝗻𝘁𝗲𝗿𝘃𝗶𝗲𝘄 𝗺𝗶𝘁 𝗺𝗶𝗿 𝗲𝗶𝗻𝗴𝗲𝗿ä𝘂𝗺𝘁 𝗵𝗮𝘁.

Eine Genehmigungsbehörde kann nur genehmigen und kontrollieren, was hieb- und stichfest geregelt ist. Sonst folgen Gerichtsverfahren. Ferienwohnraum und Dauerwohnraum ist auf Sylt schlechter geregelt als jeder von uns es sich bisher vorstellen konnte. Das war der Politik schon lange bekannt, spätestens durch ein Wohnraumentwicklungskonzept und andere Gutachten.

Wer in der Kommune die Zukunft gestalten will, der erkennt das „Planungsrecht“ als eine „Planungspflicht“ an, um die man sich intensiv und immer wieder kümmern muss. Gerade und besonders, wenn der Druck auf die Gemeinde tourismuswirtschaftlich so groß ist wie auf Sylt. Das Beherbergungskonzept sagt deutlich, dass dies auf Sylt in der Vergangenheit nicht geschehen ist. Und rät zum sofortigen und systematischen Einsatz aller nur möglichen Planungswerkzeuge.

𝗪𝗲𝗿 𝗶𝘀𝘁 𝗱𝗲𝗻𝗻 𝗻𝘂𝗻 𝘀𝗰𝗵𝘂𝗹𝗱 𝗮𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗠𝗶𝘀𝗲𝗿𝗲, 𝘄𝗲𝗿 𝗵ä𝘁𝘁𝗲 𝘀𝗶𝗲 𝘃𝗲𝗿𝗵𝗶𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻 𝗸ö𝗻𝗻𝗲𝗻?

Das System ist, wie es derzeit ist. Damit müssen wir jetzt alle dealen.

Es ist definitiv verbesserungsfähig. Es müssen andere Strukturen her, die solches Fehlverhalten und Versäumnisse wie wir sie jetzt beobachten – mit Folgen von derartigem Ausmaß über einen solch langen Zeitraum – gar nicht erst ermöglichen.

Nun zählt nur noch die Zukunft, in der die Politik ihre Planungshoheit konsequent nutzt und das Gleichgewicht zwischen Lebensraum und Urlaubsort sichert. Jeder Gemeindepolitiker hat sich hier auf das „Streben nach Gemeinwohl“ vereidigen lassen.

Landrat Lorenzen (CDU) hat sich in der Sylter Rundschau vor mehr als zwei Jahren deutlich ausgedrückt: „Tourismus ist kein Selbstzweck, auch die Einwohnerinnen und Einwohner müssen sich wohlfühlen.“

Jeder einzelne Eigentümer oder Käufer von Grund und Boden muss seine Angelegenheiten prüfen oder in Ordnung bringen, dazu nützt eine Anfrage ans örtliche Bauamt.

Jede Bürgerin, jeder Bürger, muss von nun an im Blick behalten, was politisch passiert, damit ein „besseres Sylt“ für alle am Ende des Aufräumprozesses dabei herauskommt. Für uns und unsere Gäste.

Ende des Interviews

Nun wird sich zeigen, ob es den Insel-Funktionären wieder einmal gelingen wird, beim Kreis die dringend notwendige Bereinigung illegaler Ferienvermietungen doch noch abzubiegen und es beim Staus quo zu belassen.

Quelle: Sylter Rundschau/DerSpiegel/BI Merret reichts

Requiem für ein Friesenhaus- Demo in List

Fast zwei Jahre dauern nun die intensiven insularen Diskussionen über die „Kipp-Punkte“ an, die Sylt endgültig zu entfremden drohen. Angestossen wurden die für Insulaner so entscheidenden Überlegungen von dem Bürgernetzwerk „Merret reicht´s“, das sich unter dem Eindruck der Corona-Lockdowns bildete, weil in jener Zeit die Folgeschäden des Massentourismus und des Investoren-Ausverkaufs gegenüber der „Lockdown-Stille und -Leere“ besonders kontrastreich deutlich wurden.

Diese Diskussionen wurden öffentlichkeitswirksam von den Massenmedien, wie zum Beispiel, Stern, Spiegel Zeit und TV weit über die Insel hinaus ins Land getragen, sodass selbst Bayern inzwischen wissen, was mit Syltrifizierung gemeint ist.
Umso schockierender, dass es dennoch immer noch sylter Unternehmer gibt, die die Dreistigkeit besitzen, so zu tun, als gäbe es die Sorgen nicht, die einen Verfall sylter Qualitäts-Werte befürchten. Dazu gehört die Unversehrtheit der Naturlandschaft, die Lebensqualität der Inulaner, aber auch der Erhalt historischer Bauwerke.

Am 31.12.2022 hat es den 200 Jahre alten Gasthof in List erwischt. Ohne Vorankündigung stand am letzten Tag des Jahres ein Bagger vor dessen Tür und begann mit dem Abbruch, der dann ungehindert vollzogen wurde. Erst danach stellte sich heraus, dass dieser Sylter Unternehmer vorsätzlich gesetzeswidrig Tatsachen schaffen wollte, denn im Neuen Jahr war eine Einschätzung seitens des archäologischen Landesamtes geplant gewesen, um zu beurteilen, ob das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden müsse.
Diesem Ansinnen kam der Besitzer, ein sylter Abfall- und Gartenbaubetrieb, nun mit Brachialgewalt zuvor. Zwar erwartet ihn eine Ordnungsstrafe (von 50 000 Euro ist die Rede), aber solche Summen schrecken Investoren auf Sylt heutzutage nicht mehr ab, denn ein Neubau an gleicher Stelle wird mehrere Millionen wert sein.
Die entrüsteten Lister und viele Insulaner mit Ihnen rufen nun mit einem parteiübergreifenden Bündnis für den 8.1. um 15 Uhr zu einer Demo gegen diese Tat auf.

Liegt im Ruhe die Kraft um Sylt aus der Misere zu holen?

Der Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein Claus Ruhe Madsen kam nach eigenem Bekunden als „Grillgut“ auf die Insel.  Eingeladen wurde er vom Bürgernetzwerk Merret reicht, dass sich gegen den „Ausverkauf“ der Insel stark macht (www.merret-sylt.de).
Doch die Insulaner hatten offenbar nicht den Willen, den Minister zu grillen. Vielmehr setzten sich einige Spasseinlagen, wie diese, sowohl von ministerieller Seite, als auch von Seiten der Moderatorin eine Zeitlang fort, sodass sich eher eine launige Atmosphäre à la 3Nach9-Talkshow , statt einer scharfen Podiumsdiskussion entwickelte. Natürlich ging Moderatorin Susanne Matthiesen auch gleich zum „Du“ gegenüber dem Minister über:“Dänen lassen sich gern duzen“, meinte sie und der Minister C.Ruhe nickte.
Bemerkenswert seine mit einem Augenzwinkern versehene Aussage: „Wenn ihr eine Königin hättet, wie wir Dänen, hättet ihr wohl nicht diese Probleme“. Ob diese subtile Anspielung mit dem Anspruch der Bürgerbeteiligung von Merret dauerhaft zu vereinbaren ist, bleibt abzuwarten, die noch durch die ministerielle Aussage unterfüttert wurde (sinngemäss): Wenn 10 Personen zu einer Besprechung zusammenkommen, hat man am Ende meist 11 Probleme.

Dennoch wurde es zu einem gewinnenden Abend für alle Seiten.

Es wurde gelacht, sogar gesungen, gestritten, diskutiert und viel zugehört. Auf der Bühne des Friesensaals zeigte sich eine tiefenentspannt-fröhliche Moderatorin, ein ähnlich entspannter Minister, eine erstklassig argumentierende Merret Vertreterin (Birte Wieda), einen beschlagenen Herrn Mantik (Gutachter Beherbergungskonzept) und ein erfahrenes Mitglied des politisch-wirtschaftlichen Establishments der Insel (Dehoga Vorsitzer Dirk Erdmann).

Der grösste Erfolg des Abends war wohl, dass es gelang, überhaupt so viele Sylter (der Friesensaal war mit knapp 250 Gäste proppenvoll) unterschiedlichster Couleur zusammenzuholen, um über die Zukunft Sylts zu reden.

Und wenn auch vieles offenblieb, eines ist nach diesem Abend klar: Das sogenannte Beherbergungskonzept, das Nein zu weiteren Ferienwohnungen, muss kommen. Wenn die Politik der Gemeinde Sylt (die nur den Anfang machen kann) hier ihren Worten keine konsequente Handlung folgen lässt, wird unser „System Sylt“ an die Wand gefahren.
Man darf gespannt sein!

Leider hatte der lustige Minister keine ernsthaften Gaben aus Kiel für die Sylter im Gepäck. Nun hofft das Bürgernetzwerk Merret, dass sich in Kürze weitere Gespräche zwischen Merret und Minister aus dieser Diskussion ergeben werden, die zu konkreten Lösungen führen.

Ausschnitt Foto: Sylter Rundschau
Text: L.Koch/S.v.Bremen