Sylter Luft ver- und ge- pestet.

Kommentar zum Artike in der Sylter Rundschaul: Chaos ohne Chance auf Lösung“
 Hintergrund: Am Abreisewochenende nach dem Jahreswechsel kam es zu 8 km langen Verkehrsstaus auf der Insel. Der Leiter der Sylter Marketing Gesellschaft Moritz Luft äussert sich im SR-Artikel bestürzt.
Sylter Luft  ver- und ge- pestet.
Zu recht ist der Marketingchef der SMG, Moritz Luft über die Autolawine
verärgert, die einmal wieder unsere Insel heimsuchte. Schliesslich kann ein einziges Stauwochenende auf Sylt die mühsame und für den Steuerzahler nicht billige Arbeit der insularen Imagewerbung unter dem Motto „Natur, Gesundheit, Genuss“ um Monate, wenn nicht Jahre zurückwerfen.
Leider reagieren Verwaltung, Tourismus und Politik, bevor sie wieder zum „business as usual“ übergehen immer mit dem gleichen Reflex auf solche Schocksituationen: Wir müssen Lösungen finden, die den Autoverkehr erleichtern!
Das ist Symptomkuriererei! Die Gegenfrage muss gestellt werden: wie schaffen wir es, dass Urlauber ihre Fahrzeuge zu Hause lassen? In diese Richtung sollten massiv Anreize geschaffen und Imagekampagnen gefahren werden. Es sollten angenehme Anreisemöglichkeiten für Familien mit Kind, Kegel und Sportgerödel per Bahn und Schiff ebenso geben, wie intelligente  Dienstleitungen, die es Gästen ermöglichen, unbeschwert von Freizeitballast, auf der Insel bis an den Strandkorb und in die Pension  zu kommen.
Ein Radwegekonzept zu erstellen ist löblich, greift aber viel zu kurz. Ein innovatives, gesamtinsulares  Landes-Leuchtturmprojekt muss her, das alles Bisherige an Mobilität auf der Insel in Frage stellt und sich ganz neuen Möglichkeiten öffnet, ohne immer wieder krampfhaft am KFZ-Verkehr und behäbigen Großbussen festhalten zu wollen.
Die Notwendigkeit dieser Angelegenheit Top Priorität zu geben wird dringlicher denn je, denn KFZ-Urlauber werden möglicherweise von vornherein andere Ziele wählen, weil sie  zukünftige Dauer- Baustellen auf der A7 fürchten.
Es lohnt sich also, jetzt  effektive Weichen zu stellen, die dem Urlaubsgast ohne eigenes Auto bestmögliche Bedingungen  schaffen und  notorische Motortouristen bereits im Heimatort ausbremsen.
Keiner muss fürchten, dass der Sylter Fremdenverkehr dann dem Untergang geweiht ist, In den Metropolen unserer Republik ist das Auto schon längst nicht mehr des „Deutschen liebstes Kind“ und eine Verschiebung der Urlauberklientel in Richtung  Geniesser, die „Entschleunigung, Natur und Gesundheit “ wertschätzen, sollte im eigenen Interesse insularer Lebensqualität zur heiss erwünschten,  logischen Folge der SMG-Imagewerbung werden.
Lothar Koch

RSH-Beitrag zum „Rätsel der Sandbank“

Gestern sendete Radio Schleswig Holstein einen Beitrag zum aktuellen Seehundsterben. Hendrik Brunckhorst vom Landesamt für Küstenschutz und Nationalpark (LKN) berichtet den aktuellen Stand der Dinge (Teil 1) und Lothar Koch äussert sich zum „Rätsel der Sandbank“ (Teil 2).

Teil 1:

 

Teil 2:

Wozu eine Soko-Seehundsterben? Was soll das sein?

Da ich in dem Artikel der Sylter Rundschau vom 23.10.2014 etwas vereinfacht zitiert

BILD 24.10.2014

BILD 24.10.2014

werde hier meine Klarstellung dazu:

In dem Artikel heisst es:
der Sylter Biologe Lothar Koch fordert eine bessere Aufklärungsarbeit vom Land: „Eine wissenschaftliche Sonderkommission Seehundsterben sollte klären, wie es zu den Todesfällen kam und die Ergebnisse der Öffentlichkeit transparent zugänglich machen“, sagte Koch gegenüber unserer Zeitung.

Gemeint habe ich, dass in der Berichterstattung der Medien beim aktuellen und auch bei den vergangenen Seehundsterben überwiegend die Statistik der Totfunde thematisiert wird. Dies wird durch die Verlautbarungen der amtlichen Stellen, die im Wesentlichen darüber handeln, wo, wann, wieviele tote Seehunde geborgen werden, verstärkt. Diese Zahlen sind sicherlich notwendig und wichtig. Zuwenig wird jedoch darüber gesprochen, weshalb es überhaupt zu den mehrfachen Seuchenzügen unter Seehunden kam und weshalb der Beginn jedesmal bei der Insel Anholt im Kattegat gemeldet wurde und wie das Sterben im ökologischen Kontext der Hausmeere Nord- und Ostsee gesehen werden muss.

Es gibt m.E. also folgende offene Fragen:

Seehundbank vor Kohlestaubkraftwerk in Esbjerg, Foto: L.Koch

Seehundbank vor Kohlestaubkraftwerk in Esbjerg, Foto: L.Koch

– Warum beginnen die Seuchenzüge unter Seehunden so oft im Kattegat?
– Wie kommen die Viren in die Population und wie verbreiten sie sich?
– Was sind die wesentlichen Faktoren, die zu einer Anfälligkeit des Seehundsbestandes gegenüber Viren führen? Welche Gründe kommen potentiell in Frage:
Überpopulation (=Nahrungsmangel,Platzmangel), Immunsystemschwäche, Schadstoffbelastung, Stress durch Störungen im Habitat, Naivität gegenüber neu eingeführten Virenarten?
– Welche Rolle spielen andere Arten bei der Verbreitung der Viren?-Sattelrobben, Kegelrobben, Nerze, (Zug-)Vögel.
– Wie gefährlich sind die Viren für andere Arten, besonders für Haustiere und Menschen?
– Gibt es Möglichkeiten den Seehundsbestand in Zukunft vor Seuchenzügen zu bewahren? Soll das geschehen?
Aktiv, durch gezielte Maßnahmen?
Passiv durch Vermeidung von Schadstoffeinleitungen und Stress für die Populationen?

Um diese Fragen zu klären hatten Ämter und Wissenschaftler bereits 26 Jahre Zeit (seit dem ersten Seehundsterben 1988). Bislang ist an Antworten jedoch wenig in die Öffentlichkeit gedrungen. Man muss schon Spezialist sein, um gekonnt wissenschaftliche Veröffentlichungen auszuwerten, die einige dieser Fragen klären können, oder es zumindest versuchen.

Hier sehe ich also das Informationsdefizit. Eine SOKO Seehundsterben, also eine eigens zusammengestellte und finanzierte Gruppe von Fachleuten aus betroffenen Staaten und unterschiedlichen Disziplinen (z.B.: Veterinäre, Wildbiologen, Meeresbiologen, Virologen, Ornithologen, Meeressäugerspezialisten) könnte sicher offene Fragen optimal klären und dann auch für eine interessierte Öffentlichkeit aufarbeiten.
Vieles ist in zahlreichen Studien, Diplom-und Doktorarbeiten in den vergangenen

Möwen picken Kadaver auf. Tragen sie die Viren dann weiter? Können Mensch und Hund bei Spaziergängen an solchen Kadavern anstecken?

Möwen picken Kadaver auf. Tragen sie die Viren dann weiter? Können Mensch und Hund bei Spaziergängen an solchen Kadavern anstecken?
Foto: L.Koch

Jahrzehnten diesbezüglich schon anhand der mühsam eingesammelten toten Seehunde an Auswertung entstanden. Das sollte schnellstens einmal zusammengetragen und öffentlich kommuniziert werden.

Das würde nicht nur den Seehunden, sondern den ganzen Ökosystemen Nord-und Ostsee dienen, da Seehunde als Endglieder der marinen Nahrungsketten Bioindikatoren sind, also stellvertretend für das ganze Meer Aussagen zu dessen Stabilität liefern können.

Auch müsste eine vorsorglich orientierte Forschung im Sinne des Steuerzahlers und der Tourismuswirtschaft sein, da jeder Seuchenzug immense Kosten verursacht.

Werbung des Nordseebäderverbandes SH

Werbung des Nordseebäderverbandes SH

Lothar Koch

Stern-Zeichen

Die Ausgabe 31/2014 des Stern-Magazins widmete ihr Titelthema der Insel Sylt. sterntitelsyltHeute erschien in Stern Nummer 32 mein Leserbrief in gekürzter Fassung.
Hier die Original-Version:

Sylt: Nackt, schön, reich, partyverrückt und jetzt borderline.
Mit diesen Sylt-Klischees bemühen sich Medien seit 1980, eine tote Fassade lebendig zu halten.
Ihre gut geschriebene Sylt-Titelgeschichte kommt ja auch nicht ohne Sachs-, Playboy-, Gosch- und Sansibar- Mythos aus.
Dabei gäbe es Wichtigeres herauszukitzeln:
Bürgermeister/in gesucht! Wer holt Sylt aus seiner Ideen-Stagnation? Ob beim Thema Energiewende, Verkehr, Klimaschutz, oder Tourismus:
Sylt könnte in jeder Hinsicht Trendsetter und Modellinsel sein, denn schliesslich verbringen hier 1 Million Deutsche aus allen Regionen jedes Jahr Urlaubszeit.
Doch statt mit beispielhaften, „großen Würfen“, wie z.B. einem komplett alternativem Verkehrskonzept, einer Klima-Vorzeigeinsel, einer Wiederbelebung von authentischen Dorfstrukturen, und, und, und…
puzzeln die Gemeinden schon seit Jahren lieber klein, klein an der Breite von Fahrradwegen herum, kreieren Bauruinen und andere Flops mit großspurigen Investoren, schrauben allenfalls Energiesparlampen in Strassenlaternen und feiern eher Ballermann-Ideen wie Partyschiffe und Muschel-Wettessen, statt einer Klimawoche im Erlebniszentrum Naturgewalten Sylt.
Dabei ist doch das eigentliche Sylt, wie auch der Stern schreibt, die überwältigend schöne Naturlandschaft, umschlungen von Meer.

Lothar Koch