WDC schlägt Alarm für Schweinswale in Nord- und Ostsee

NaturReporter Sylt sprach mit dem Campaigner Fabian Ritter von Whale and Dolphin Conservation (WDC) über die Situation der Schweinswale. In einer Botschaft von „Ostsee zu Nordsee“ schlägt er Alarm und bittet um Unterstützung für die WDC Schweinswalkampagne:


„Ich selber bin großer Schweinswal-Fan und komme immer wieder gerne nach Sylt, um die Tiere vom Weststrand aus zu beobachten“, sagt der Biologe. „Unsere neue Kampagne fokussiert sich allerdings auf die zentrale Ostsee, denn dort ist der kleine Wal mittlerweile vom Aussterben bedroht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Lage auch in der Nordsee prekär ist, wo jedes Jahr geschätzt Tausende Schweinswale in Netzen umkommen. Auch im Schweinswalschutzgebiet vor Sylt dürfen Stellnetze noch eingesetzt werden, im Sylter Außenriff ebenso. Die Kampagne fordert, dass dies eine Ende haben muss – in der Ost- sowohl als auch in der Nordsee.“

In einem offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert Whale and Dolphin Conservation (WDC) dringende Maßnahmen zum Schutz der bedrohten Schweinswalpopulation in der zentralen Ostsee. Stellnetze gehören zu den Haupttodesursachen der Tiere. Dennoch sind sie selbst in Meeresschutzgebieten noch immer erlaubt. Inzwischen ist die Population in der zentralen Ostsee auf nur noch ca. 500 Individuen geschrumpft und damit akut vom Aussterben bedroht.

„Würde an Land eine streng geschützte Art hundertfach durch den Menschen umkommen, gäbe es einen großen öffentlichen Aufschrei“, sagt Fabian Ritter. „Das langsame Aussterben des Schweinswals in der zentralen Ostsee vollzieht sich aber fast unmerklich. Daher gelang es dem Bundeslandwirtschaftsministerium, das auch für die Fischerei zuständig ist, bisher, sich stets gegen die Regulierung umweltschädlicher Fischerei zu stemmen – übrigens auch entgegen der Empfehlungen des Bundesumweltministeriums. Diese von Bundesministerin Klöckner zu verantwortende Politik darf nicht weiter hingenommen werden. Immerhin handelt es sich beim Schweinswal um einen der größten Naturschätze der Ostsee. Mittlerweile fordert sogar die EU-Kommission von Deutschland ein Einlenken“, so Ritter weiter.

Offener Brief an Julia Klöckner: WDC warnt vor drohendem Aussterben des Ostseeschweinswals

hier im original Wortlaut:

Stellnetze raus aus Schutzgebieten!
Schützen Sie den Schweinswal in Nord- und Ostsee vor dem Aussterben

Sehr geehrte Frau Bundesministerin – liebe Frau Klöckner,

wir wenden uns heute mit einem dringenden Appell an Sie: Bitte setzen Sie sich für die Rettung eines der größten Naturschätze in den deutschen Meeren ein – den Schweinswal.

Jedes Jahr sterben Hunderte dieser Tiere in der deutschen Nord- und Ostsee. Todesursache Nummer 1: Fischernetze. Vor allem Stellnetze werden den kleinen Walen zum Verhängnis. Gleichzeitig dürfen Stellnetze selbst in Schutzgebieten weiterhin uneingeschränkt eingesetzt werden – also gerade dort, wo diese Tiere besonders geschützt sein sollen. (Zusätzlich kommen in den Stellnetzen jedes Jahr Tausende Seevögel ums Leben).

Wir sind davon überzeugt, dass keine Fischerin Schweinswale in ihren Netzen sehen will. Es handelt sich um eine Tragödie, die niemandem nützt, der Meeresumwelt aber massiven Schaden zufügt. Menschliche Unachtsamkeit macht dies möglich – und leider auch die von Ihrem Bundesministerium betriebene Fischereipolitik.

Während sich Ihr Ministerium regelmäßig bei der Internationalen Walfang Kommission (IWC) für den internationalen Walschutz stark macht, stehen die Dinge vor der eigenen Haustür ganz anders. Seit Jahren sträubt sich das Bundesministerium für Landwirtschaft (BMEL) gegen die Regulierung der Stellnetzfischerei – mit fatalen Folgen: Der Schweinswal ist in der zentralen Ostsee mittlerweile akut vom Aussterben bedroht. Dort leben nur noch wenige Hundert Tiere. Bereits ein einziges durch Fischerei getötetes Tier pro Jahr ist mehr, als diese Population verkraften kann. Tatsächlich aber sind es viele mehr. Warum wird hier das Aussterben in Kauf genommen?

Mittlerweile hat sich aufgrund der hohen Dringlichkeit sogar die EU-Kommission eingeschaltet. Bestärkt durch die Wissenschaftler*innen des Internationalen Rates zur Meeresforschung (ICES) stellt sie klare Forderungen an Deutschland, Schweden und Polen, um den Schweinswal besser und langfristig zu schützen. Eine der Forderungen: In Schutzgebieten dürfen keine Stellnetze mehr ausgebracht werden. Schweden hat dies bereits zugesagt. Ihr Ministerium scheint jedoch derzeit alle Hebel in Bewegung zu setzen, um diese Maßnahme zu vermeiden. Ist das Verbot einer umweltschädlichen Fischerei innerhalb von marinen Naturschutzgebieten ein größeres Opfer, als das Aussterben des streng geschützten Schweinswals?

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, die Meere werden inzwischen international als unsere größten Verbündeten bei der Abwehr gegen die Klimakrise angesehen. Gesunde und artenreiche Meere sind unerlässlich für deren Fähigkeit, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Insofern ist ökologisch nachhaltige Fischereipolitik „ganz nebenbei“ auch gute Klimapolitik.

Die Zeichen der Zeit fordern einen Wandel auf allen Ebenen: Genauso wie die Landwirtschaft benötigt auch die Fischerei einen ökologischen Umbau. Es geht darum, sie langfristig nachhaltig zu gestalten – ökologisch sowie ökonomisch. Umweltzerstörende Fischerei-Praktiken müssen ein Ende haben, alternative Fangmethoden entwickelt werden und Meeresschutzgebiete müssen echte und effektive Ruhezonen für die Natur sein. Es geht längst nicht mehr nur um die befischten Fischpopulationen (deren Quoten in den vergangenen Jahren auf Betreiben des BMEL ebenfalls immer wieder gegen den wissenschaftlichen Rat zu hoch festgelegt wurden) oder die zu Tausenden beigefangengen Meeressäuger und Seevögel. Es geht um den Lebensraum als Ganzes, inklusive seiner Artenvielfalt und seiner Funktion als Klimapuffer. Wenn wir die Meere schützen, schützen wir uns selbst. Und damit auch die Fischer*innen.

Ihre aktuelle Politik stellt sich nicht nur gegen die EU-Kommission und den Willen eines großen Teils der deutschen Bevölkerung, sie unterminiert gleichzeitig auch das europäische sowie das deutsche Naturschutzrecht.

Wir möchten Sie deswegen hiermit mit allem Nachdruck bitten, sich persönlich und stark für den Schweinswal in der zentralen Ostsee einzusetzen und durch stringente, effektive und langfristige Maßnahmen zu seiner Rettung beizutragen.

Gerne tauschen wir uns fachlich mit Ihnen aus und diskutieren mit Ihnen die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Schweinswale. Über ein virtuelles oder Präsenz-Treffen mit Ihnen bzw. Ihren Mitarbeiter*innen würden wir uns sehr freuen.

Mit hochachtungsvollen Grüßen

Gezeichnet Franziska Walter
Geschäftsführerin WDC Deutschland

WDC freut sich über jede Unterstützung im Kampf für die Wale. Spenden kann man hier: https://de.whales.org/spenden-und-helfen/walschutz-foerdern/?herkunft=13150

Die Insel der Delfine- das sehens- und lesenswerte Bildband-Buch von Fabian Ritter über Wale und Delfine bei den Kanaren, gibt es hier: https://clarityverlag.de/de/shop/edition-claritycollection/die-insel-der-delfine-gebundeneausgabe-detail.html

Nonnengansschwärme über Sylt sind ein Geschenk für einen nachhaltigen Natur-Tourismus

Die in Nordeuropa seit Jahren anwachsenden Bestände der Nonnengans sind das Resultat einer der wenigen Erfolgsgeschichten des Naturschutzes.

Foto: Thomas Luther

In den 1950iger Jahren war diese Vogelart, die zwischen dem Brutgebiet in Nordsibirien, dem Wattenmeer und den atlantischen Küsten Westeuropas pendelt, fast zu Tode bejagd worden. Deshalb wurde sie in Europa unter Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie gestellt und ihre Bejagung verboten. 

Zusammen mit ihrer „Schwester“ der dunkelbäuchigen Ringelgans war der Schutz dieser Wildgänse einer der „Motoren“ bei der Einrichtung der Wattenmeer-Nationalparke.

„Das Naturerbe Wattenmeer ist der wichtigste „Trittstein“ für diese Arten auf einem mehrere tausend Kilometer langen ostatlantischen Zugweg. „Unsere Schutzbemühungen hier wirken sich auf die Vögel entlang des gesamten Zugwegs von Sibirien bis Frankreich, England und die Niederlande aus“, sagt der Ornithologe und Rastvogelforscher Klaus Günther von der Schutzstation Wattenmeer. Ein Grund, weshalb der Verein Jordsand die Nonnengans als „Vogel des Jahres 2021“ ausgerufen hat.

Die inzwischen stabil angewachsenen Bestände sind jedoch nicht nur das Ergebnis eines internationalen Schutzprogrammes, sondern auch einer intensivierten Landwirtschaft. Diese bietet mit dem Anbau hochenergetischer Futterpflanzen entlang der Zugroute den Vögeln seit wenigen Jahrzehnten einen reich gedeckten Tisch. Wildtierbestände entwickeln sich von Natur aus in Beziehung zum Nahrungsangebot. Allerdings hat sich die zeitweise steil angestiegene Wachstumskurve der Nonnengans in den letzten Jahren deutlich abflacht.

Aktuelle EU-Gesetze verbieten nach wie vor die Jagd auf die Gänse. Das Land Schleswig-Holstein erlaubt dennoch Vergämungsaktionen, auch mit der Flinte, auf Antrag und auf bestimmten Flächen zu bestimmten Jahreszeiten. Dem wird stattgegeben, wenn Sachkundige die Umstände begutachtet  und besondere Härten für den jeweiligen Landwirt festgestellt haben. Zusätzlich werden Landwirte unter bestimmten Voraussetzungen finanziell entschädigt, wenn sie starke Verluste durch Gänsefrass nachweisen können.

Foto: Thomas Luther

Die Annahme, dass Wiesenvögel besonders unter der steigenden Zahl von rastenden Gänsen leiden würden, kann in Nordfriesland nicht bestätigt werden. Demgegenüber ist offensichtlich, dass ein Schuss oder andere Vergrämungsarten immer alle Vögel vertreiben- auch die seltenen Bodenbrüter, wie Kiebitze und Uferschnepfen. Dass Rinder  wegen des Gänsekotes Durchfall bekommen ist eine unbewiesene Behauptung. Tatsache ist jedoch, dass die Geflügelzucht und Massentierhaltung von Haustieren „Brandbeschleuniger“ von Virusepidemien sein können.

Um das Problem zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zu lösen, wird derzeit nach gemeinsam getragenen Lösungen und Kompromissen gesucht, die den Landwirten als auch den Gänsen die Existenz sichert. So wird eine Zonierung an der Westküste Schleswig-Holsteins diskutiert, wo in ausgesprochen landwirtschaftlich genutzten Regionen die Tiere vergrämt werden dürfen. In anderen Gebieten, zum Beispiel überwiegend touristischen Regionen, die oft auch einen hohen Anteil an Grünland aufweisen, sollen sie geduldet werden und die Landwirte dort für Fraßschäden entschädigt werden. 

Sylt würde sicherlich zu den Auffanglagern dieser gefiederten Migranten gehören. Denn Gänseschwärme sind eine Attraktion für jeden, der die nordfriesische Wattenlandschaft liebt- besonders für Urlauber, die wegen der Natur zu uns kommen.

Zu einem nachhaltigen Sylt Tourismus mit Zukunft gehören auch Zug- und Brutvögel, von denen wir seit dem Bau des Eisenbahndammes und der resultierenden Fuchseinwanderung und des Massentourismus immer weniger auf Sylt haben. Sie sollten als lebendiges Geschenk für sanften Naturtourismus begrüsst werden. Vor dem Hintergrund eines weltweiten, massiven Artensterbens müssen wir besonders im Umfeld von Großschutzgebieten wie dem Nationalpark Wattenmeer der Landnutzung durch  Wildtiere absoluten Vorrang vor anderen Interessen geben.

Eine extensive Grün-Landwirtschaft auf Sylt könne bei einem intelligenten Management ohne Flinte durchaus zur Artenvielfalt beitragen. Mit der Schaffung von mehr insularen Grünlandflächen  könnte  also eine Lösungsmöglichkeit für die Belange der Sylter Viehzüchter möglich werden. Leider geht der Trend auf Sylt jedoch eher dahin, jedes Stückchen Inselfläche noch zu bebauen.

Lothar Koch

Was ist eigentlich der Sylt-Check?

Am 19.11. will Nikolas Häckel, der Bürgermeister der Gemeinde Sylt über den „Kriterienkatalog zur Bewertung von touristischen Vorhaben auf Sylt“ (s. unten) des Arbeitskreises Natur- und Umweltschutz Sylt, Kurz „Sylt-Check“ abstimmen lassen. In der Vorlage heißt es, das Papier, welches in Zusammenarbeit mit dem anerkannten Tourismusforschungsinstitut NIT entstand, solle bei Vorhaben im Gebiet der Gemeinde Sylt im Rahmen von Beschlussvorlagen standardmässig beigefügt werden.

Das ist ein winziger, aber doch lobenswerter Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Syltverträglichkeit. Winzig, weil er nur informellen und keinen bindenden Charakter hätte, lobenswert, weil das Papier nun endlich, rund zehn Monate nach Erscheinen, von einer der Insel-Gemeinden eine Wahrnehmung und Würdigung erfährt. Letztendlich stehen im Hintergrund der Diskussion die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG), die vom Kreis Nordfriesland bereits beschlossen sind und sukzessive in den Gemeinden greifen sollen. Der Sylt Check wäre eine vereinfachte Form mit ganz ähnlicher Zielsetzung.


Der Sylt-Check ist ein Fragenkatalog, der Projektplanern, Genehmigungsbehörden, Gemeinderäten, Verbänden und Bürgerinitiativen helfen soll einigermassen objektiv zu beurteilen, ob ein Vorhaben, das auf der Insel durchgeführt werden soll, „syltverträglich“ ist, oder nicht. Mit „Syltverträglichkeit“ ist ein Begriff der Nachhaltigkeit entstanden, der speziell auf unsere Insel mit ihrer Landschaft, ihren Biotopen, ihren Kulturschätzen und Einwohnern ausgelegt wird. Er wurde am Ende eines über zweijährigen Diskussionsprozesses kreiert, den die hiesigen Natur- und Umweltverbände, die Sölring Foriining und weitere Institutionen aus dem Naturerlebniszentrum Sylt unter der Moderation des NIT geführt hatten.

Der Clou des Kriterenkataloges ist ein Punktesystem. Soll ein Projekt geprüft werden, muss es sich gefallen lassen, durch dieses Raster gecheckt zu werden. Liegt am Ende die Punktzahl über einem bestimmten Wert, ist es nach bestem Wissen der aktuellen Lage „syltverträglich“ und kann damit rechnen, ohne nennenswerten Widerstand der örtlichen Naturschutz- und Umweltschutzgremien weiter umgesetzt werden. Sollte die Prüfung jedoch unter einen Schwellenwert rutschen, ist mit öffentlicher Kritik und Massnahmen zu rechnen, die das Projekt behindern oder ganz blockieren.

Ein gutes Beispiel aus der näheren Vergangenheit ist das Projekt „Autokino auf dem Parkplatz Oase zur Sonne“. Hätten die Projektplaner den Sylt-Check im Vorfeld durchgeführt, wären sie rechtzeitig darauf gekommen, dass sie mit erheblichem Widerstand rechnen müssten. Das hätte möglicherweise zu Gesprächen und Anpassungen im Vorfeld geführt. Die Planer hätten sich eine Menge Geld sparen können, das in diesem Fall durch eine Blockade und endgültige Ablehnung verloren ging.

Insofern macht es Sinn, wenn die Gemeindevertretung am Donnerstag beschliesst, den Kriterienkatalog seinen Dienststellen als notwendigen Baustein bei der Projektgenehmigung vorrangig zu nutzen und dafürzuhalten sorgen, dass Antragsteller diesen vorgelegt bekommen. Dabei ersetzt der „Sylt Check“ selbstverständlich nicht die bereits bestehenden gängigen Kriterien, die bei einem Genehmigungsverfahren durchgeführt werden. Vielmehr ist Kriterienkatalog ein erster grober und unbürokratischer Hinweis, ob ein Projekt auf Sylt unter ganzheitlichen Nachhaltigkeits-Aspekten losgehen könnte, oder eher nicht.

Lothar Koch

Sylt Check Broschüre (s. ab Seite 25.)

Erste Müllbox steht am Rantumer Strand

Es geht voran: Rund zehn Jahre nach dem Aufstellen von Strandmüllboxen auf den Ostfriesischen Inseln hat sich nun auch Sylt dazu entschlossen Gästen und Insulanern die Möglichkeit zu geben, auf jedem Spaziergang beim Strandreinigen zu helfen. Dazu war ein Bewusstseinswandel bei den Gemeinden erforderlich. Hiess es doch früher oft, man müsse Strandverunreinigungen vor dem Gast verbergen- heute ist Strandreinigung ja fast schon zum Breitensport geworden- Gott sei Dank. So soll Bewusstsein geschaffen werden, den Müll von vornherein zu vermeiden. Hier eine „Profi-Strandmüllbox“ am Übergang Campingplatz/Rantum.

Auf Sylt fallen pro Jahr über 600 Tonnen Müllgemisch (Zahl aus 2018) am Strand an. Das kostet die Gemeinden immense Reinigung- und Entsorgungssummen. So rechen allein die Gemeinden Sylt und Kampen grob geschätzt mit fast 230 000 Euro pro Jahr inklusive der Personalkosten. Dabei ist ein Großteil des Mülls ( mindestens 20%) gar nicht hausgemacht, sondern treibt aus nationalen und internationalen Gewässern an. Der Müll stammt meist aus Flüssen und der Großschifffahrt.  Experten schätzen, dass 20 Prozent von der Strömung herangetragen werden. „Da stellt sich uns Insulanern die Frage, weshalb eigentlich die Gemeinden Kosten für Müll tragen müssen, den sie gar nicht verursacht haben“, sagte der Vorsitzende der Sölring Foriining 2019 anlässlich eines Besuches von Robert Habeck auf Sylt. Ingwersen. Dem Grünen Bundesvorsitzenden wurde vergangenes Jahr von den Naturschutzverbänden dazu eine Liste mit Forderungen übergeben:

Forderungen “Stopp Plastik im Meer und anderswo”

zur Übergabe an Dr. Robert Habeck, den Bundesvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen, am 8.08.19 in Wenningstedt/Sylt

Wir appellieren an Bündnis90/Die Grünen, sich in Parlamenten und Gremien auf allen politischen Ebenen konkret für folgende Punkte in Sachen „Plastik-Flut“ einzusetzen:

Wir fordern: 

  1. Offensive staatliche Förderung von „Cradle to Cradle“ Produkten (Stichwort Positiver Fußabdruck) und Geschäftsmodellen (nicht mehr das Produkt sondern den Service kaufen/verkaufen) 
  2. Gesetzliche Vorgabe von „Cradle to Cradle“ Konzept für Plastikverbindungen 
  3. Verbot von Mikroplastik und Flüssigkunststoffen, sowie gel- oder wachsartigen Polymeren in Kosmetika, Hygieneartikeln und Putzmitteln
  4. Rasche Entwicklung und Umsetzung geeigneter Microplastikfilter in Kläranlagen.
  5. Staatliche Begrenzung der Gesamtproduktion/Verbrauch von Einweg-Plastikprodukten und solchen, die durch unschädlichere Materialien ersetzt werden können.
  6. Verbot von Einweg-Geschirr in der Gastronomie, auch im Outdoor-Bereich.
  7. Staatliche, kommunale Förderung von Spülmobilen und ähnlichen Massnahmen, die zur Plastikvermeidung beitragen.
  8. Verbot für den Einsatz von Dolly Ropes und anderen ersetzbaren Plastikgarnen in der Fischerei

Darüber hinaus wünschen wir uns: 

  1. Staatlich anerkanntes No-Plastik Label mit entsprechender staatlicher Kontrolle
  2. Mindestanteil an Recyclingplastik in Kunststoffprodukten  
  3. Müllentsorgungspflicht in Deutschen Häfen für alle Schiffe
  4. Förderung flächendeckender Einsatz von innovativen Wassermülleimern in Häfen und Hafengebieten. Entwicklung von Plastikbarrieren in Flußmündungen
  5. Durchsetzung des Verursacherprinzips auch hinsichtlich der Kosten für die Entsorgung von Strandmüll (finanzielle Entlastung von Küstengemeinden).
  6. Verbot/Besteuerung von dünnen Gemüse- und Obsttüten aus Plastik 
  7. Mehr plastikfreie Ferienunterkünfte, Hotelgastronomie und Einkaufsmöglichkeiten – Steuervergünstigungen für Plastikfreie/plastikbewusste Unternehmen
  8. Gesetzlich festgelegte Geldstrafe (z.B. 250 €) für das Wegwerfen von Zigarettenstummeln in die Landschaft 

Lothar Koch

Naturschützer erteilen Begehrlichkeiten von großen Kreuzfahrt-Reedereien im Wattenmeer eine Absage

Wegen der Einschränkungen durch die Corona Pandemie suchen große Reedereien nach neuen Zielen für ihre Kreuzfahrten in der näheren europäischen Umgebung. „Offenbar rückt jetzt auch der Nationalpark Wattenmeer mit seinen Inseln und Halligen zunehmend in den Fokus“, berichtet Katharina Weinberg, Naturschutzreferentin der Schutzstation Wattenmeer.

Erste Touren fanden bereits statt oder werden beworben. HAPAG Lloyd steuerte im Oktober 2020 die ostfriesische Insel Borkum an und auch Sylt steht auf ihrem Tourenplan. Andere Reedereien sollen ebenfalls in den Startlöchern stehen. So kündigt Hurtigruten die Gründung einer separaten Einheit für Expeditionskreuzfahrten an.

Naturschützer sehen diese Entwicklung mit Sorge. „Kreuzfahrttourismus ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell“, sagt Dennis Schaper, Stationsleiter der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt. Die Schiffe fahren überwiegend noch mit Schweröl und haben selbst bei Einsatz von Katalysatoren oder Alternativtreibstoffen eine schlechte CO2-Bilanz. „Dazu kommen die Auswirkungen auf Inseln und Halligen, die jetzt schon von touristischen Aktivitäten überlastet sind. Da bedarf es keiner zusätzlichen Tagesgäste“, sagt Schaper.  

Die großen Schiffe können die Kais der Nordseeinseln wegen ihres Tiefgangs nicht direkt anlaufen. Passagiere müssen mit Schlauchbooten durch den Nationalpark Wattenmeer an Land gebracht, was zusätzlich Unruhe in schützenswerte Bereiche bringen kann. „In den Gemeindekassen bleibt durch die Kreuzfahrer nichts hängen und an der kurzfristigen, aber heftigen Besucherwelle aus einem solchen Schiff verdienen nur wenige Geschäfte und Gastronomen“, beklagt der Stationsleiter.

„Wir sollten auf den Inseln im Nationalpark Wattenmeer ein Zeichen setzen und den großen Kreuzfahrtunternehmen signalisieren, dass sie hier unerwünscht sind“, fordert Schaper. Eckernförde habe es an der Ostsee vorgemacht: Der Umweltausschuss hat beschlossen, ab 2022 keine Kreuzfahrtschiffe mehr in die Bucht zu lassen.

Schutzstation Wattenmeer

C. Goetze, L. Koch & D. Schaper