NSG-Odde-Verlust: Küstenschutz versus Naturschutz?

IMG_2566Ein Kommentar von Lothar Koch

Hat sich der Naturschutz beim Management des Naturschutzgebietes Hörnum Odde vom Küstenschutz vorführen lassen? Mir scheint es so: Hinter dem Plan, nur die Ortslage Hörnum vor dem „Blanken Hans“ zu schützen, nicht aber das NSG, scheint der alte Streit von Küstenschutz versus Naturschutz im Wattenmeer zu stehen. Die Naturschützer plädierten immer dafür, möglichst die natürlichen Abläufe gewähren zu lassen. So floss diese Forderung dann auch in § 2 des Nationalparkgesetzes ein. Der Küstenschutz war meist dagegen und setzte in der Regel auf ein Eingreifen gegen das „Gesetz der Wildnis“ durch.

Nach der Zusammenlegung von Küstenschutz und Nationalpark unter das Dach eines Landesamtes (LKN) rückten beide Positionen verwaltungstechnisch zusammen. Ich vermute, der Küstenschutzbereich hat dem Nationalparkbereich vermittelt: OK- ihr bekommt bei der Odde, was ihr euch immer gewünscht habt-Natur Natur sein lassen (das ist ja auch kostengünstiger). Aber nur, wenn wir unsere Tetrapoden-Quer-und Längswerke weiter oben setzen dürfen. Dass genau dieser Eingriff aber den natürlichen Ablauf soweit stört, daß in wenigen Jahren das ganze Naturschutzgebiet weggespült wird, sagten sie  der Bevölkerung offenbar nicht.

Nun wird man vermutlich bald hören und lesen, der Naturschutz sei für den Verlust der Odde verantwortlich, weil die Wattenschützer  ja Natur Natur sein lassen wollten. Das wäre wieder Wasser auf die Mühlen des Küstenschutzes, nach dem Motto: da habt ihrs, was passiert, wenn wir die Natur gewähren lassen!

Schliesslich wird das Amt dann einen schönen Asphaltdeich oder eine Kunstdüne kreiern um die Ortslage nach Süden abzuschliessen-natürlich mit Fahrradweg oben drauf.

Auffällig ist bei der ganzen Sachlage, das nichts vom Naturschutzamt des Kreises NF und auch vom Sylter Landschaftszweckverband zu hören ist. Die sind eigentlich für das NSG Hörnum Odde zuständig und kämpfen sonst um jeden Quadratmeter Heidefläche. Hätten diese Institutionen nicht das Management vom LKN rechtzeitig in Frage stellen müssen?

Auch von der Schutzstation Wattenmeer und der Gemeinde Hörnum hätte ich mehr Widerstand gegen die erosionsfördernden Tetrapoden erwartet.

Ich bin pro Natur in Wildnisbereichen, aber nur, wenn auch tatsächlich natürliche Abläufe geschützt werden und nicht wenn künstliche Elemente falsche Rahmenbedingungen setzen. Im Fall der Odde, hätte man Ortslage und NSG gleichermassen schützen müssen. Nicht nur wegen des Wertes der Naturflächen, sondern auch, weil die Südspitze als Wanderweg eine wichtiges, Naturerlebnisziel für Urlauber und Einheimische war.

Lothar Koch

Sylter Südspitze: Das Ende ist nah!

IMG_2583

Blick auf die südlichste Restdüne der Inselspitze

Hörnum, 14.11.2015

Das südliche Ende von Sylt rückt leider immer näher an den Ort Hörnum heran. Nicht nur

 

Ostseite des NSG Odde

Ostseite des NSG Odde

für Naturliebhaber  ist es ein trauriger Anblick mit anzuschauen, wie täglich Wellen gegen den ungeschützten, westlichen Dünenfuß spülen und von Oben der Sand und Heidepflanzen nachrutschen.

An dem heutigen Starkwindtag (von Sturm konnte noch keine Rede sein) hat der äusserste Inselzipfel wieder stark gelitten. Die knapp 200 m Strecke zwischen der äussersten Spitze mit der südlichsten Düne und der noch zusammenhängenden Braun-und Graudünenfläche des Naturschutzgebietes wurde zeitweise vom Wasser komplett

IMG_2579

Odde, Westseite

überspült. Der Restinselzipfel wurde abgeschnitten und weiter zermahlen. „Mehr als zwei, drei Stürme gebe ich der äußersten Odde-Düne nicht mehr“, so Biologe Lothar Koch, der das Gebiet seit 1987 beobachtet. Damals verlief der Strand geschätzt Hundert Meter weiter westlich und die Odde war sicher einen guten Kilometer länger. Wir brauchten zwei Stunden, um sie vom Ort Hörnum aus zu umrunden. Heute ist das ein Spaziergang von maximal einer knappen Stunde geworden“.

IMG_2572

Wassereinbruch von Westen her

Von Westen her spülen die Brecher Holz, Pflanzenmaterial und jede Menge Plastikmüll ins Naturschutzgebiet. Der Salzwassereinbruch lässt die Heide absterben und die nächsten Hochwassermassen haben noch leichteres Spiel.

Das zuständige Küstenschutzamt scheint das Naturschutzgebiet aufgegeben zu haben. Auch von einer Besucherlenkung durch den ansässigen Naturschutzverband ist ausser ein paar hilflos aufgestellter Schilder nichts zu sehen. Gegen die Naturgewalten sind alle machtlos. Es gibt wohl keine angemessen bezahlbare Methode mehr, um das Naturschutzgebiet in der Fläche zu erhalten. Mit den voriges Jahr ausgebrachten Beton-Tetrapoden soll lediglich die Siedlung Hörnum geschützt werden. Leider, so sind sich viele Sylter einig, scheint die Tetrapodenkette den Abtrag des Naturschutzgebietes durch Wirbelbildung noch zu beschleunigen.

Für Sylt wird in den kommenden Jahren ein Gang um die Südspitze, eines der beliebtesten Wanderziele von Einheimischen und Touristen, leider immer unattraktiver werden. Es bleibt spannend, wie die Gemeinde und der Landes-Küstenschutz am Ende die südlichste Inselspitze Sylts befestigen wird. Hoffentlich bleibt uns der Einsatz von Beton und Asphalt erspart, wie es bei einigen anderen Nordseeinseln zu sehen ist (zum Beispiel auf der Nordseeinsel Norderney schon vor Jahrzehnten geschehen.).

Lothar Koch

Videos zur Odde-Entwicklung von Kai Klint

An der Südspitze wird´s eng. Bitte an Hochwassertagen nicht umrunden!

Odde Okt.2015

NSG Hörnum Odde am 25.Oktober 2015

Die Südspitze der Insel Sylt wird auchIMG_1680 das „wildeste Stückchen Deutschland“ genannt. Hier toben die Fluten seit Jahren ungebremst um die Dünen, wenn Sturm aus westlichen Richtungen über`s Meer zieht. Für Einwohner und Besucher der Nordseeinsel gehört der Gang um die „Odde“, wie die naturgeschützte Landzunge auch genannt wird, zum Urlaubsprogramm, bzw. zum Wochenende unbedingt dazu.

Spricht man mit älteren Syltern, berichten sie davon, daß ein Neujahrsspaziergang um die Südspitze für Kinder gefühlt eine Tageswanderung war. Heute ist man mit einer guten halben Stunde strammen Fussmarsches einmal rum. Verantwortlich für die drastische Verkürzung des Weges sind drei Faktoren:

– ständige, naturbedingte Erosion durch die Kräfte von Wind und Wellen

– Verstärkung der Erosion durch Tetrapoden, die aus Küstenschutzgründen nördlich der Insel gesetzt wurden, um den besiedelten Bereich des Dorfes zu schützen. Leider geht das jedoch auf Kosten der Substanz im Naturschutzgebiet Hörnum Odde.

– Verstärkung der Erosion durch Fußgänger, die über bewachsene Dünen laufen und so die Dünen noch anfälliger für Wind und Wellen machen.

Während man als Bürger und Besucher der Insel an den ersten beiden Faktoren wenig ausrichten kann, hat man bei Punkt drei selbst die Verantwortung für das eigene Handeln zu tragen.

Deshalb meine Bitte:IMG_1686

Meiden Sie eine Umrundung der Südspitze an Tagen, wo die Wellen direkt bis an den Dünenfuß heranrollen.Dies passiert nur relativ selten im Monat, meist zur Springtide um Voll- und Neumond oder an Starkwindtagen. Leider setzen viele ihren Gang dann auf der Dünenkuppe fort, weil sie keine nassen Füsse bekommen wollen. Es wäre auch nicht ungefährlich, an solchen Tagen unten am Strand entlang zu gehen. Es gibt aber wegen des starken Abbruchs der Odde  keinen offiziellen Weg mehr durch die Dünen. Deshalb geht jeder weitere Schritt über Dünenheide und Strandhafer, eben jenen Gewächsen, die den Abtrag zumindest etwas bremsen. Leider sind die sehr trittempfindlich und ein schnelles Absterben ist die Folge wilder Trampelpfade.

Jeder Wanderer sollte sich also klarmachen, daß ein Weitergehen dann eine Verletzung der Naturschutzgebietsverordnung für das NSG Hörnum Odde ist.

Vielleicht dann doch ein paar Tage später wiederkommen, wenn sich die Fluten zurückgezogen haben.

Mehr Informationen dazu gibt es in der Arche Wattenmeer am Hörnumer Ortseingang.

Lothar Koch

 

 

 

 

Erschreckend: Nichts Neues von Mojib Latif zum Klimawandel!

Sturmschäden an Promenade

Drastische Wetterlagen werden in Zukunft häufiger befürchtet. Hier:Sturmschäden an Promenade

List auf Sylt
Heute sprach Professor Mojib Latif, seines Zeichens einer der bekanntesten Klimaforscher Europas, zu einer kleinen Gruppe interessierte Sylter im „Club 100“ des Zentrums für Naturgewalten Sylt. Wie man es von Herrn Latif aus Funk, Fernsehen und Printmedien gewohnt ist, referierte er die neusten Erkenntnisse aus der weltweiten Klimaforschung höchst kompetent, engagiert und anschaulich. Aber das Erschreckende war: es gab nicht wirklich etwas Neues. „Alles kalter Kaffee“, wie Prof. Latif selbst erwähnte. Dabei waren doch etliche Sponsoren und Zuhörer in das Sylter Umweltzentrum geeilt, weil sie sich neuste und aktuellste Erkenntnisse zur Klimakatastrophe erhofften: Es könnte doch sein, daß der Professor wieder neue Erkenntnisse von der Forschungsfront mitbringt– ob Neues zum Worst Case- oder Rettungsszenario– das wäre ja schon fast nicht so wichtig-Hauptsache etwas Neues. Denn: Würde der Klima-Professor etwas Neues bringen, könnte man sich ja innerlich wieder etwas zurücklehnen und denken: die Forschung forscht noch, man weiss nichts Genaues, es kann doch alles noch anders sein, als wir befürchten. Wir könnten so weitermachen und auf den nächsten Vortrag im kommenden Jahr warten- vielleicht wüssten wir dann Genaueres und können dann handeln. Vorher macht es doch keinen Sinn!

Tja leider…leider tat uns (und unserem „inneren Schweinehund“) Professor Latif nicht diesen Gefallen. Das Fazit steht: Die Klimaforschung hat längst ihren Auftrag erfüllt, alle Zahlen liegen auf dem Tisch. Jetzt muss gehandelt werden. Wir alle ganz privat und die Politik bei der 21. Klimakonferenz im November in Paris*

Lothar Koch

* Seit 1990 gibt es Klimakonferenzen. Seit dem hat sich der CO2 Ausstoß weltweit um 61% erhöht. Drastische CO2-Reduzierungen, die  bis 2020 durchgesetzt würden, könnten einen Meeresspiegelanstieg mit weltweit katastrophalen Folgen jedoch noch verhindern.

Starker Rückgang der Kreuzkröten auf Sylt

Die Schutzstation Wattenmeer e.V. sorgt sich um Amphibienbestände auf Sylt und

Kröten und Frösche: direkte Naturerfahrung für sylter Kinder

Kröten und Frösche: direkte Naturerfahrung für sylter Kinder

Amrum

In den Dünentümpel von Sylt und Amrum lebte bislang eine der größten Populationen der in Deutschland stark gefährdeten Kreuzkröte. Nun zeigen Untersuchungen der Sylter Naturschutzverbände und eines biologischen Gutachters, dass die Kreuzkröten kaum noch Nachwuchs und im Bestand stark abgenommen haben. Hierzu der Biologe Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer: „Wir haben in der Balzzeit Anfang Mai nur noch einige Hundert rufende Krötenmännchen in den Dünentälern festgestellt. Nach dem feuchten Frühjahr müssten dort Tausende von Babykröten sein – aber es sind fast keine da.“ Auch auf Amrum sind kaum noch Kreuzkröten zu finden, auf Föhr ist die Art bereits ausgestorben.
Ursache für den Rückgang der Kreuzkröte ist nach Ansicht des Gutachters Florian Biebelriether von Amphi Consult eine Überalterung der Dünen und möglicherweise bereits die einsetzende Klimaerwärmung. „Die meisten untersuchten Dünentäler sind sehr trocken und wachsen mit Heidekraut zu. Gerade junge Kröten brauchen aber offene feuchte Sandböden, wo sie genug kleine Insekten finden“, erläutert Biebelriether.
Der langsame Anstieg der Jahrestemperatur führt zu höherer Verdunstung und mittelfristig wahrscheinlich auch zu einer Abnahme der Niederschläge. Margit Ludwig von der Naturschutzgemeinschaft Sylt erklärt die Veränderung der Dünenvegetation: „Wenn die Dünentümpel austrocknen, breitet sich die Glockenheide aus. Sie blüht zwar hübsch, unterdrückt aber seltene Pflanzen wie den Sonnentau. Und sie behindert die Babykröten bei der Nahrungssuche, so dass kaum welche heranwachsen.“
Der extrem nasse Winter und das kühle Frühjahr 2015 hatten zudem in vielen Dünentümpeln einen ungünstigen Effekt: Über Monate wuchsen schwimmende Torfmoos- und Algenteppiche heran, die sich nun beim Austrocknen der Dünentümpel wie eine Filzmatte auf dem Sand absetzen. Hierzu Rainer Borcherding: „Diese Pflanzendecke hat auf den Flächen, wo es für die Glockenheide noch zu nass ist, denselben ungünstigen Effekt für Jungkröten und seltene Pflanzen. Es gibt keine offenen Sandflecken mehr. Besonders in den Lister Dünen, wo bisher das „Gelobte Land“ für viele biologische Raritäten war, sieht es mittlerweile traurig aus.“
Da keine natürliche Verbesserung der Situation zu erwarten ist, halten die Naturschutzverbände Ausschau nach Fördermitteln für ein Biotopprojekt zur Klimaanpassung der Dünentäler. „Wir haben in Nordfriesland und besonders auf Sylt eine herausragende Verantwortung für die biologische Vielfalt der Dünen“, betont Sven Lappoen von der Sölring Foriining. „Bislang sah alles prima aus. Aber nun müssen sich Landeigentümer und Naturschutz zusammensetzen und Ideen entwickeln. Wir brauchen Kröten für die Kröten!“
Rückfragen: 
Dipl.-Biol. Rainer Borcherding, Schutzstation Wattenmeer 0173 242 01 04
Schutzstation Wattenmeer