Wintersonnenwende: Thing im Denghoog

Wintersonnenwende im Denghoog 2015

Wintersonnenwende im Denghoog 2015

In Wenningstedt steht eines der größten Hünengräber Norddeutschlands, der 5000 Jahre alte Denghoog. Mit etwas Wetterglück kann man dort am 22.12. jeden Jahres in kleinem Kreis die Wintersonnenwende erleben. Es sind immer ein paar Sylter „Urgesteine“ dabei, die etwas zu erzählen haben. Auch heute machte ich mich wieder auf den Weg, um dieses Erlebnis am magischen Ort nicht zu verpassen. Für mich bedeutet die halbe Stunde immer ein „tieferes Verbinden mit den Wurzeln der Insel“. Diesmal war der Denghoog bereits so voll, daß ich mit der ersten Runde gar nicht hineinkam. Dafür war es dann mit den wenigen Syltern der zweiten Runde umso intimer. Wir nutzten die Zeit für einen kurzen THING. Ein Ratschlaggespräch unter Insulanern. Diesmal hatten wir natürlich das Thema „Rettet die Hörnum Odde“ zu packen. Und siehe da, plötzlich riß die Wolkendecke auf und die Sonne drang reflektiert von den Granitsteinen hell und leuchtend in die „Grabkammer“. Ein erhebender Moment und ein Hoffnungsschimmer für das Naturschutzgebiet!?

In meinem Buch „Syltopia“ die Doku-Fantasy aus dem Jahr 2050 habe ich etwas zu diesem Ort geschrieben. Hier eine kleine Leseprobe dazu: Die beiden Hauptpersonen des Romans, Hanna (Reporterin) und Urdig (Weiser „Medizinmann“ der Insel) treffen sich bei der kleinen Kirche von Wenningstedt und gehen ins Unterirdische….

…Dieser Zirkel öffnete sich neben der Dorfkirche in eine gläserne Unterführung. Urig und Hanna folgten diesem Weg, der leicht abschüssig ins Unterirdische führte. Nach wenigen Schritten betraten sie eine tiefergelegte runde Natursteinhalle. Sie erhielt ihr diffuses Tageslicht durch Linsen in der Decke, die nach einem symmetrischen Muster eingelassen waren. Die Halle hatte gut hundert Meter Durchmesser. Ihr Zentrum wurde von einem Megalithgrab gebildet, das hier bereits seit mehr als fünftausend Jahren stand: dem Denghoog. Die mächtigen Granitsteine bildeten aus dieser Perspektive den Ausstieg nach oben. Besucher konnten über Wendeltreppchen himmelwärts aus dem Kriechgang des Hünengrabes wieder nach draußen an die Oberfläche gelangen.

Zur Wintersonnenwende um 12 Uhr mittags fiel am oberen Spiegelstein die Sonne ein und wurde von dort zerstreut reflektiert. Das tauchte die ganze Halle in ein magisches Licht.
»Dies ist unser Insel-Thing«, sagte Urdig mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme.
»Wir haben mehrere Jahre an der Umsetzung gearbeitet. Hier kommen wir Insulaner zu wichtigen Entscheidungen und Festen zusammen. Die Halle fasst an die fünftausend Besucher.«P1060716
Hanna schaute mit weit geöffneten Augen umher. Der Boden des riesigen Doms war mit feinem, weißen Kaolinsand bedeckt und durfte nur barfuß oder in NeoFrott-Füßlingen betreten werden. Der helle, Millionen Jahre alte Sand vom Morsum Kliff verstärkte die Wirkung des Tageslichtes, das aus den Deckenlinsen strahlte, um ein Vielfaches. Die Lichtverhältnisse in der Höhle erinnerten Hanna an die magischen Momente lauer Mittsommernächte, wenn die Sylter Sonne erst gegen Mitternacht unterging und diesen fahlen, angenehm sanften, goldenen Schein warf.

Die Baumeister hatten funkelnde Granitsteine mit viel Glimmer in die Wände eingearbeitet. Sie waren durchzogen mit Bergkristallen, Amethysten und Rapakiwi. Es waren besondere Fundstücke aus dem eiszeitlichen Geschiebe, das die Substanz der Insel bildet. Künstlerische Symbole und Mandalas aus Mies- und Nussmuschelperlmutt dekorierten spezielle Nischen der Höhle. Den Eingang flankierten Werkzeuge frühsteinzeitlicher Nomaden. Deren Siedlungsspuren, die 14 000 Jahre zurückreichten, hatten Sylter auf dem Morsum Kliff gefunden. Jeder, der hier zum Thing eintrat, sollte damit an die tiefreichenden Wurzeln der Inselgeschichte erinnert werden.
Akustisch war die Halle beeindruckend konstruiert. Ganz gleich in welcher Lautstärke gesprochen wurde, konnten sich alle an jedem Punkt gleich gut hören. Außengeräusche drangen fast gar nicht hinein.
»Unser erstes, ganz entscheidendes Thing nach der Revolte fand noch in der Tinnum Burg statt«, sagte Urdig. »Da gab es diesen Ort noch nicht. Was dort besprochen wurde, erzähle ich dir später. “

Auszug aus: Syltopia  von Lothar Koch

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Wer sich an SYLTOPIA, den Kult-Seller des 9783000493089.MAINLesejahres auf der Insel noch nicht rangetraut hat, kann jetzt im neuen SYLT MAGAZIN etwas über das Buch und sogar ein ganzes Kapitel daraus lesen! Es ist eine utopische Syltgeschichte mit viel Bezug zur Gegenwart und mit Tiefgang.
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SELTENE KÜSTENPFLANZE AUF SYLT ENTDECKT

IMG_2491Der Meerkohl ist auf Sylt gelandet

Kürzlich fand ich diese auffällige Pflanze in den Weißdünen, nicht weit von der Strandzone entfernt im Sylter Süden. Es handelt sich um den salztoleranten Meerkohl (Crambe maritima), der auf Wattenmeerinseln sehr selten vorkommt, an der Ostseeküste und anderen Felsküsten jedoch relativ häufig wächst. In alten Zeiten wurde der Meerkohl als wichtiges Gemüse von Küstenbewohnern verspeist.IMG_2492

Ich hoffe die Salzpflanzenart bleibt ständiger sylter Einwohner!

Lothar Koch

Worst Keks Szenario

In Gedenken an Günter Grass
Vor einigen Jahren traf ich auf dem Weg nach Mallorca Günter Grass mit Gattin in einer Cafeteria am Hamburger Airport. Wir kamen ins Gespräch.
Während des Fluges entstand folgendes Gedicht, das ich ihm beim Umsteigen auf Mallorca überreichte:

Worst Keks Szenario
oder: wenn Günter Grass auf den Keks geht
und nicht rankommt.

Hamburg Airport,
so Viertel nach Zehn.
Ich wollt noch nen Kaffee trinken gehn.

Das Brötchen, der Kaffee,
bitte zahlen !
Ich denke, das war´s,
Da treff ich am Tresen
den Herrn Günter Grass!

Er fliegt jetzt ins Blaue,
nach Porugal,
weit weg von Ranicki, SPD und
TV-Programmverfall.

Wir plaudern ganz locker,
ist es so – oder so?
Und was ist eigentlich ein
Worst Case Szenario?

Beim Kaffee liegt ein Keks,
so gut verpackt,
daß selbst des Dichters Frau
ihn nicht knackt.

Der Keks ist verdichtet
und mit Plastik beschichtet.

Da kommt keiner ran,
kein Hacker, kein Säger,
kein hochdekorierter
Nobelpreisträger.

So zeigt sich die Ohnmacht
des Geistes über
die Dinge, hier ganz profan,
an einem Kaffee-Keks,
in Cellophan.

So am 2.11.2008 von Lothar Koch in der Cafeteria im Airport Hamburg erlebt. In 10.000 m Höhe über Deutschland verdichtet und am Flughafen Palma de Mallorca dem Grass überreicht und ihm damit auf den Keks gegangen.

Das Interview mit Lothar Koch

bi serkEin Interview mit Lothar Koch in „Bi Serk , der neuen Ausgabe des Norddörfer Kirchenmagazinskpt. Koch

von Imke Wein

Lothar Koch zählt sich gerne zu der menschlichen Gattung der „Spinner“. Zu denen, deren Aufgabe im Leben eher darin besteht, unkonventionelle, neue Ideen und Visionen zu entwickeln und sie dann auf kreativen Wegen Wirklichkeit werden zu lassen. Lothar Koch ist Inselmensch durch und durch – wuchs auf Juist auf, studierte Biologie, zog 1988 nach Sylt und leitete hier bis 2003 die Schutzstation Wattenmeer. Dann lockten ihn neue Themen. 
Inzwischen ist er europaweit als Coach und Seminarleiter in der Erwachsenenbildung erfolgreich. Menschen zu befähigen, brach liegende Fähigkeiten und Möglichkeiten zu nutzen, ist ein originäres Ziel seiner Seminare. Seine Methode ist ausgefallen: eine Kombination von psychologischem Wissen und spiritueller Weisheit, dabei jedoch ohne konfessionellen Hintergrund.

Sylt und das Meer bewegen ihn wie kaum etwas Anderes: Für seine Wahlheimat wünscht sich Koch, dass auch sie ihr Potenzial besser nutzt – allerdings nicht im Sinne einer extensiven Ausbeutung sondern eines bewussten, nachhaltigen Umgangs. Vor zwei Jahren veröffentlichte er mit „Natürlich Sylt“ den ersten Inselnaturführer. Für alle, die die Insel wirklich besser kennenlernen wollen. 2015 hat er ein Projekt in der Pipeline, das auf Sylt für einigen Wirbel sorgen dürfte, aber noch streng geheim ist. Davon mehr in der Sommerausgabe…

„Das Meer ist keine Landschaft. Es ist das Erlebnis der Ewigkeit!“  (Thomas Mann)

Aus Ihrer Zeit als Leiter der Schutzstation sind Sie vielen noch für Ihren Einsatz um die Einrichtung des Walschutzgebietes in Erinnerung geblieben? Ist ihnen die Westseite Sylts mit allen ihren Besonderheiten auch heute noch ein besonderes Anliegen?

Lothar Koch: Oh ja. Ich lebe nur 200 Meter Luftlinie vom Rantumer Weststrand entfernt und bin so oft dort, wie es irgendwie geht. Verrückterweise hat das Wattenmeer nicht zuletzt durch intensives Bemühen der Naturschutzorganisationen eine viel größere Lobby als die Westseite. In den Wellen wird gebadet, das offene Meer wird manchmal auch als Bedrohung empfunden, es wird als Fischfang-Revier assoziiert und seit der Errichtung des Windparks auch als Industriestandort. All die Schätze und ökologischen Zusammenhänge der Westseite gehören aber nicht so sehr zum allgemeinen Wissenskanon wie die Besonderheiten des Watts.

Ende 1999 wurde das Gebiet vor Amrum und Sylt unter Schutz gestellt. Wie geht es der Population des Schweinwals heute?

Lothar Koch: Der Nordseepopulation, geht es im Gegensatz zum Ostsee-Schweinswal, inzwischen weit besser. Vor Ort hapert es jedoch noch mit der Wahrnehmung.  Das Walschutzgebiet ist ein Superbeispiel dafür, dass die Insel ein wertvolles Alleinstellungsmerkmal recht brach liegen läßt.  Immerhin ist es das erste Walschutzgebiet, das in Europa vor 15 Jahren eingerichtet wurde. Es schützt Tierarten, die alle lieben: Seehund, Kegelrobbe, Schweinswal, viele Hochseevögel und anderes mehr. Gäste und Insulaner wollen eine intakte Nordsee. Dass wir vor Sylt für gute Bedingungen gesorgt haben, wird in der insularen Aussendarstellung zu wenig kommuniziert.

Die Einrichtung des Schutzgebietes hat z.B. dafür gesorgt, dass die Offshore-Windparks nicht in drei Seemeilen Entfernung, sondern viel weiter Draussen, rund 20 SM vor Sylt, geplant wurden. Wale kann man in Deutschland nirgendwo besser beobachten als vom Sylter Weststrand. Jeder, der die Tiere in ihrem Lebensraum gesehen oder im Wasser sogar nahen Kontakt mit ihnen hatte, beschreibt das als großen Glücksmoment. Dennoch liest man von dieser aussergewöhnlichen Möglichkeit fast nichts in insularen Prospekten oder auf Informationstafeln der Insel.

Es könnte also viel mehr informiert und sensibilisiert werden, nicht nur in den Naturschutz-Einrichtungen sondern direkt vor Ort, also am Strand?

Lothar Koch: Genau.Jedes Schutzgebiet braucht einen attraktiven Rahmen. Die Menschen wollen wissen, weshalb das Sylter Nordseegebiet so wertvoll ist, daß es von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Deshalb freue ich mich, daß wir nach jahrelangem Engagement, mit der Gemeinschaft von Verbänden des Erlebniszentrums Naturgewalten Sylt, nun eine Reihe von interaktiven Walschutzgebiet-Infomartions-Stelen durchsetzen konnten. Prototypen stehen derzeit zum Wind-und Wetter-Test in List und weitere folgen diesen Sommer an 12 Standorten der Westküste. Die Mühlen mahlen – aus mehr oder weniger verständlichen Gründen – oft sehr langsam. In diesem Fall konnten wir mit Hilfe des Grünen Landtagsabbgeordneten Andreas Tietze schließlich den Durchbruch für die Finanzierung erzielen.

 Ihr Weg ist immer ein freundlicher, humorvoller und direkter, Sie sind in der Herangehensweise nicht dogmatisch. Davon zeugt auch Ihr Buch „Natürlich Sylt!“ – der einzige, wirklich fundierte Naturführer für die Insel. Wie war da Ihre Konzeption?

Lothar Koch:  „Natürlich Sylt“ ist lange gereift. Das erste Manuskript entstand schon 1997. Wegen vermeintlich dringlicher Dinge, legte ich den Rohling aber immer wieder zur Seite. Das entpuppt sich nun als große Qualität für den Inhalt des Buches, weil ich meine aktuellen Schilderungen vor dem Hintergrund einer 20igjährigen Zeitspanne überprüfen konnte. Das leisten die meisten konventionellen Sylt-Führer sicher nicht. In meinem Buch habe ich auf Restaurant-Tipps verzichtet, zu Gunsten von ausführlicheren Beschreibungen von Radtouren, Spaziergängen und Insiderwissen. Eine prospekthafte, Heile-Welt-Sprache liegt mir fern. Ich erwähne auch die kritischen Seiten der Insel. Aber ohne moralischen Zeigefinger. Ich denke, mein Buch ist ein idealer Begleiter für alle Sylter und Urlauber, denen die Insel am Herzen liegt und die mehr wissen wollen.

Gibt es ein Anschlussprojekt?

Lothar Koch: Ja, ich habe wieder ein Buch in Arbeit. Aber worum es geht verrate ich noch nicht, ist streng geheim :-)…

Können Sie in Ihrem Sylt-Engagement befreiter und lockerer aufschlagen, seit Sie kein hauptberuflicher Naturaktivist mehr sind?

Lothar Koch: Ja und nein. Als Angestellter mußte ich natürlich den Gesamtauftritt meines Verbandes stärker im Blick haben, insofern kann ich heute eher „frei Schnauze“ reden und schreiben. Dafür habe ich als Einzelperson aber nicht mehr das Gewicht und die verwaltungstechnischen Möglichkeiten, die einem großen Naturschutzverband zur Verfügung stehen.

Hat Sylt eine glückliche Zukunft?

Lothar Koch: Ich denke ja! Aber die Insel wäre gut beraten, diese Zukunft hier und jetzt selber in die Hand zu nehmen, statt überwiegend Misstände zu reparieren und Trends hinterherzulaufen. Es fehlt an konkreten Vorstellungen vieler Insulaner für die nächsten Jahrzehnte. Welche Lebensqualität streben wir Sylter an und was für Menschen möchten wir auf unserer Insel als Gäste begrüßen? Das muß man nicht dem Zufall und äußeren Faktoren überlassen. So etwas kann gezielt angestrebt werde, wenn man eine starke Vision hat. Die fehlt leider bisher. Ich wünsche mir deshalb, daß Sylt von Land und Bund zu  einer Modellregion auserkoren wird, in der auch unkonventionelle Ideen finanziert und ausprobiert werden können. Also die Möglichkeit „Leuchtturmprojekte“ von beispielhaftem Charakter zu kreiern, die dann bundesweit übernommen werden können. Erstes Projekt sollte sicherlich eine ökologisch vorbildliche und gleichzeitig hoch akzeptierte Inselmobilität sein, die uns von den stinkenden Autostaus befreit.

 Was kann jeder tun, um die Insel zu einem „better place“ zu machen? 

Lothar Koch: Nicht in der Scheckstarre von „geht sowieso nicht, zu teuer, etc.“ verharren. Ideen entwickeln und mitteilen, egal wie absurd sie scheinen (gern auch an meinen blog senden: www.natuerlichsylt.net). Nicht immer nur an „die da oben“ delegieren, sondern Gleichgesinnte finden und selber etwas umsetzen.

Ich denke es wird mal Zeit, für die Einrichtung einer ständigen Sylter Zukunftswerkstatt.