Der Tag danach- in Rantum alles klar!

rantum2Heute morgen führt uns unser Morgenspaziergang über den Strandaufgang nahe des Sölring Hofes in Rantum. Der Übergang ist mit dem Schild „gesperrt- do not enter“ versehen. Dahinter reisst der Steg ab und man blickt gut 3 m in die Tiefe zum Strand. Xaver hat die Dünenkette sauber, wie mit einem Kuchenmesser abrasiert. Direkt vor dem nunmehr deutlich gefährdeten Luxushotel ist die Kante geschätzt 5 m hoch.

Kurzerhand springen wir runter auf den Strand. Also nachdem soviel Katastrophales über Orkan Xaver berichtet wurde, jetzt auch mal etwas Positives: Der Sylter Strand zählt heute morgen wahrscheinlich zu den Schönsten der Welt. Ein breiter, feiner Sandstrand, endlos bis zum Horizont, barrierefrei und blitzsauber! Kein bißchen Müll ist zu sehen., nur etwas zusammengerolltes Dünengras und Holz. Lediglich an wenigen, ausgebuchteten Stellen, wie den Muscheltälern der Hörnum Odde, hat Sturm Xaver seine „Ernte“ zusammengeschoben und aufgetürmt: ein Gemisch aus Holzbalken, Treppenstücken, Meersalat und und Plastikmüll.

Wenn ich die aktuelle Situation jedoch mit den “After-Storm-Stränden” der 70iger Jahre vergleiche (ich bin auf der ostfriesischen Insel Juist aufgewachsen) überkommt mich das befriedigende Gefühl, dass sich in den vier Jahrzehnten Nordseeschutz etwas Positives verändert hat. Als Kind bin ich nach solchen Tagen kilometerweit über Müllberge geklettert. Das war zwar spannend, weil immer etwas Brauchbares dabei zu finden war, aber aus Umweltsicht natürlich dramatisch- überwiegend Plastik, Öl-und Schmierstoffe, gefährliche Substanzen, Holz und Flaschen. Es waren genau diese Müllstrände, die mich zum Nordseeschutz motivierten,. In zahllosen Verhandlungen und Konferenzen, an denen ich zum Teil als Umweltschutz-Sprecher beteiligt war, wurden internationale und nationale Verbesserungen durchgesetzt, wie zum Beispiel das Abkommen zum Schutz der Nordsee vor Dünnsäure- und Ölverklappung (MarPol) und das Verbot Müll von Schiffen in die Nordsee zu entsorgen etc. Schliesslich wurden auch auf allen Inseln und der Küste biologische Kläranlagen gebaut.

 

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Das was an unserem Hausmeer an umweltpolitischen Maßnahmen durchgesetzt wurde, haben viele ausländische Urlaubsdestinationen noch vor sich. In Asien, beispielsweise, klagen Urlauber immer mehr darüber, dass sie in einer Flut von Plastik schwimmen müssen.
Fazit: Dennoch sollten wir nicht nachlassen für optimalen Meeresschutz einzutreten, denn schwarze Schafe gibt es auch hier leider immer noch genug.

Das starke Hochwasser hat noch etws Positives aus Naturschutzsicht bewirkt: Alle Salzwiesen wurden bis zum Anschlag komplett mit Meerwasser geflutet. Damit wurden die hochgelegenen Bereiche der Wiesen seit Jahren erstmalig mal wieder von eingewanderten Süss-Plfanzen bereinigt- ein Segen für das schützenswerte Biotop der Nationalparke Wattenmeer.

Lothar Koch

Xaver toppt Christian auf Sylt- Hörnum Odde-Plattform geschrottet

oddesturmRantum, Nikolausmorgen 2013: Das Orkantief Xaver hat die ganze Nacht mit Sturmstärken von bis zu 140 km/h vor Sylt getobt. Das Nachthochwasser soll über 3 m über NN aufgelaufen sein. Gleich nach Sonnenaufgang machen wir uns auf für einen Kontrollgang. Zunächst geht es natürlich nach Süden, um zu sehen, was an Deutschlands wildestem Naturschutzgebiet, der Hörnum Odde so abgegangen ist. Auf dem Weg dorthin kommen wir an der erst vor wenigen Jahren erbauten Feuerwehrwache Rantum vorbei. Hier mussten die Retter bereits in eigener Sache aktiv werden: fast das komplette Dach rantumhat es abgedeckt. Das liegt nun auf der Strasse und ist notdürftig mit Sandsäcken gesichert. Die Glaswolle des Daches hat sich in sämtliche Gebüsche der Umgebung verteilt und wird die Rosenhecken sicher noch bis ins späte Frühjahr zieren.

Bis auf die bei solchen Sturmtagen umgekippten Bushaltestellenhäuschen ist sonst alles Ok längs der Landesstrasse bis Hörnum. Bei den Tetrapoden beginnen wir unsere Wanderung um die Sylter Südspitze. Wir steigen hier zunächst über Berge von Latten, Balken und ganzen Holztreppenteilen, die der Stum diese nacht irgendwo zwischen Westerland und Hörnum weggespült hat. Wenige hundert Meter weiter entdecken wir bestürzt, dass die Aussichtsplattform, wo vor 5 Wochen noch das Unterfeuer stand nun komplett auf den Strand gefallen ist- zusammen mit dem mächtigen Betonfundament, das einst den Minileuchtturm trug. Der schnelle Abbau des Feuers nach dem Orkan Christian war also eine weise Entscheidung des Wasser-und Schiffahrtsamtes gewesen (wir berichteten). Die Odde-Dünen haben auf ganzer Länge erneut erheblich an Substanz verloren. An mehreren Stellen dringt das Wasser tief in die Dünenlandschaft ein.

oddeplattformWir kämpfen uns gegen das Regen/Sandstrahlgebläse um die Inselspitze und der Ostseite hoch zum Hörnumer Hafen. Hier ist alles ruhig. Zahlreiche Fisch-und Muschelkutter haben hier Zuflucht gesucht.

Von Hörnum fahren wir direkt zur Promenade nach Westerland. Dort reinigen Arbeiter des Inseltourismusservice bereits mit schwerem Gerät die Promenade von tonnenweise Sand, den die Brecher hier hochspülten. Die Pflasterung der  Promenade ist an einigen Stellen aufgerissen. Holger Weirup, zuständiger Vorarbeiter des ISTS meint: „Seit über 25 Jahren arbeite ich hier, aber so heftig wie heute hat es uns hier am Westerländer Strand noch nicht getroffen.“ Wir hangeln uns über den Aufgang Strandstrasse mit dem Wind an der „Sylter Welle“ vorbei und geraten urplötzlich in eine lebensbedrohliche Situation. der Orkanwind drückt von hinten so stark, dass wir ohne Kontrolle ins Laufen kommen und auch vor der Verkehrsstrasse nicht mehr stoppen können. Erst ein parkendes Auto gibt den lebensrettenden Halt. Gut dass gerade kein Auto vorbeikam.

promenadeZurück in Rantum blicken wir nochmal auf den Strand vor unserer Haustür. Seit dem gestrigen Nachmittagshochwasser hat sich die Lage deutlich verschlechtert: vom Übergang blicken wir nun rund 3 m eine frisch abgeschnittene Dünenkliffkante hinab. So dürfte es wohl bei den meisten Übergängen hier aussehen.

Das Ausmass der Strandschäden wird dann wohl erst morgen richtig zu begutachten sein.

Lothar Koch

Neue Foto-Reihe: NSA ist überall- Folge 1


Achtung!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der internationale Abhörskandal weitet sich aus: Hier entdeckten wir einen Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes bei seiner täglichen Arbeit. Tatort: K4 Strand Sylt/Hörnum.

🙂

Foto: L.Koch

Hörnumer Unterfeuer abgebaut

Der heutige Abbau des Quermarkenfeuers Hörnum an Sylts Südspitze (Foto) kam dann doch überraschend schnell. Bereits Anfang der Woche hatte das Wasser-und Schiffahrtsamt (WSA) eine Bergung des vom Absturz gefährdeten „Mini-Leuchtturms“ angekündigt, obwohl es aus den Ämtern unmittelbar nach dem Orkantief „Christian“ verlautete, daß das Naturschutzgebiet Hörnum Odde nicht sonderlich in Gefahr sei.

Dem WSA war hier jedoch bereits 1979 ein Unterfeuer in die See gestürzt, sodass man diesmal auf Nummer sicher gehen wollte.

Für das Naturschutzgebiet wird der heutigen Tag wohl den endgültigen Anfang vom Ende markieren. Es ist offensichtlich, wie die Wassermassen sich bei jedem Sturm weiter von Westen in die Dünenheide fressen und immer neue Muscheltäler bilden. Das zuständige Küstenschutz-Amt will zwar weiter für die Sicherheit der hörnumer Siedlungen garantieren, aber keine weiteren Euros in den Schutz des Naturschutzgebietes stecken.

Für den Ort Hörnum ist das eine kleine Katastrophe. Schliesslich ist der Spaziergang um die Dünenlandschaft der Inselspitze für viele Sylter und Gäste der entscheidende Grund, hin und wieder Hörnum zu besuchen. Wenn diese Naturattraktion komplett wegfallen sollte, fehlt ein wesentlicher Anreiz für die Fahrt in den Inselsüden. Aber auch für ganz Sylt wird der Wegfall dieser Naturlandschaft ein schmerzlicher Verlust werden.

Andererseits muss man akzeptieren, dass das Werden und Vergehen von Dünen und Sänden zum natürlichen Geschehen des Nationalpartkes Wattenmeer gehört.

Wer das wildeste Stückchen Sylt noch einmal sehen möchte, sollte das in den nächsten ein -zwei Jahren tun. In wenigen Jahren wird dann wahrscheinlich die Südspitze in einem befestigten „Korsett“ unmittelbar südlich des Hörnumer Leuchtturms enden- es sei denn die Strömung kreiert einen neuen Sandhaken an anderer Stelle.

 

Lothar Koch

 

Kommentar zur Ausstellung „Urbane Landschaften“ von Hans Jessel

In der Stadtgalerie Westerland ist noch bis zum 26.10. 2013 die neue Ausstellung von Hans Jessel (in Zusammenarbeit mit Prof. Hille von Seggern) zu sehen: 

Plädoyer für ein klares Nein zur Urbanisierung der Sylter Landschaft

Wer auf Sylt  mit offenen Augen spazieren geht, weiss, dass die hiesige Naturlandschaft eine so intensive Strahlkraft birgt, dass sie keinerlei Artefakte bedarf, um einen tiefen Eindruck in Auge und Seele des Betrachters zu hinterlassen. Gerade Hans Jessel hat uns das in der Vergangenheit mit seinen makellosen Landschaftsfotografien immer wieder gezeigt. Viele seiner Bilder kommen ohne einen Menschen oder eine zivilisatorische Spur aus, auf manchen setzen Naturmaterialien wie Holz und Reet Akzente. Deshalb faszinieren seine Aufnahmen. Sie sind begehrte Botschafter von Sylt und unser für kommende Generationen zu bewahrendes Weltnaturerbe.

Die Kunst, auf Sylt um Sendemasten, Baukräne,Toilettenhäuschen, Werbetafeln, Fahnenmasten, Verbotsschilder, Stromkästen,Reifenspuren etc., drumherum zu fotografieren scheint nun auch beim Profifotografen immer mehr an ihre Grenzen zu stossen. Das schockt jeden Syltliebhaber und sollte besonders Sylter Marketingexperten und vor allem Kommunalpolitiker und Behörden, die Eingriffe in Natur und Landschaft genehmigen, bzw. verhindern sollen, schwer zu denken geben!

Viele Sylter, die tagtäglich über die Insel fahren, haben sich an diese „Kleinigkeiten“ offenbar längst gewöhnt, die dem Fotografen das Natur-pur-Bild vermasseln. Genau dieses Landschaftsbild ist es aber, welches wir Syltliebhaber- egal ob hier zu Hause, zugereist oder auf Urlaub, gerne weiterhin „einatmen“ möchten. Gerade das, macht unbewusst einen Großteil unserer Lebensqualität aus und lässt viele, trotz steigender Preise und ausblutender Dörfer, an diesem privilegierten Lebensort festhalten.

Leider gilt das nicht für alle:  Immer wieder werden urbane Installationen ohne nennenswerten Protest der Sylter in die Landschaft gestellt  (z.B. Sendemasten), oder Planung realisiert, die hässliche „Wunden“ in die natürliche Landschaftsästhetik schlagen.

Hans Jessel dokumentiert das in seiner neusten Ausstellung künstlerisch gewohnt perfekt und fast schon wieder zu schön. Als ästhetischer Fotograf  kann er wohl nicht anders, als selbst aus der grössten Hässlichkeit noch ein Kunstwerk zu machen . Als Künstler, der wie kein anderer mit der Sylter Landschaft verbunden ist,  scheint ihm nur die „Flucht nach vorn“ zu bleiben, um seinen Zorn ob der meist schleichenden und manchmal auch schreienden Landschaftsverschandelung zu verarbeiten.

Wollen er und die Professorin für  Landschaftsplanung, Hille von Seggern, mit der Ausstellung  gegen Eingriffe in die Inselnatur protestieren, oder andeuten, daß urbane Einflüsse in Sylts Naturlandschaft  interessant, reizvoll, eventuell sogar faszinierend und damit als „erlaubt“ gelten könnten? Da würde ich mir eine klarere Aussage wünschen. Ich bin für ein  eindeutiges „Nein“ hinsichtlich der Frage, ob man in Sylter Landschaft Elemente der Urbanisierung tolerieren soll; – Auch nicht im Namen von Kunst und  Wissenschaft. Wer Industrieromantik wohlwollend bewundern oder künstlerisch verarbeiten will, oder mit akademischer Forschungsabsicht urbane Landschaft studieren möchte,  findet im Ruhrgebiet oder im flurbereinigten Restdeutschland ausreichend Anregung. Unsere ursprüngliche Natur braucht keine Land-Art , um Aufmerksamkeit zu erregen. Ich finde, pure Sylt-Natur ist Kunstwerk genug – deshalb bitte keinen „Zuckerguss“ auf Hässlichkeiten giessen und weiterhin für Null Akzeptanz gegenüber Landschaftsverschandelung eintreten!

Schon seit 1920 setzten sich Künstler und Wissenschaftler  aktiv gegen eine schleichende Urbanisierung der ursprünglichen Naturlandschaft ein -so entstanden hier die ersten Naturschutzgebiete Deutschlands, von denen wir heute noch profitieren.  Deutschland hat nur noch wenig Prozent natürliche Fläche, geschweige denn Wildnis, zu bieten. Die paar Quadratkilometer, die auf und um diese Insel existieren und für die wir verantwortlich sein dürfen, sollen mit größter Aufmerksamkeit vor Urbanisierung geschützt werden! Hans Jessel hat sich mit seinen Bildern immer dafür  stark gemacht- ich wünsche ihm die Kraft, das auch weiter ganz konsequent zu tun.

Trutz, Blanker Hans!

Hintergründe zur Ausstellung

Lothar Koch