Sylt- Speed-Dating-Hotspot für Königinnen nimmt Arbeit in den Dünen auf

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Hans Joachim Totzek sorgt für diskrete Vermittlung von Hoheiten nach Sylt

Wenn Hans Joachim Totzek aus Hamburg über Sylt fährt erkennt ihn fast niemand. Dabei ist er begehrt bei  Königinnen aus ganz Europa. Er vermittelt wohlgeborenen Hoheiten Partner mit ausgezeichnetem Ruf und überprüfter Herkunft.

Totzek verfügt über viel Land auf Sylt. Es liegt gleich bei der berühmten Sansibar, wo sich von je her Adel und Prominenz die Klinke in die Hand gibt. Totzeks Territorium ist ca. 7,5 Quadratkilometer groß.Von hier aus betreibt er einen Dating-Hotspot für Königinnen aus ganz Europa.

Gemeint ist eine der größten Zuchtanlagen zur kontrollierten Anpaarung von Bienenköniginnen in Deutschland. Sie liegt versteckt in der Botanik karger Schwarzdünen, nahe des Schullandheims Puan Klent.

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Viele schwärmen für Königinnen. Hier sind es 20 000 Fans in einem Bienenkasten.

Hans Joachim Totzek ist seit über 27 Jahren der Vorsitzende der Norddeutschen Peschetz Zuchtgemeinschaft (www.npz-ev.de), einem gemeinnützigen Verein von Bienenzüchtern mit Sitz in Hamburg. Im späten Frühjahr zieht es ihn stets nach Sylt.

Dieses Jahr war der 26. Mai Stichtag. Ab heute erwartet Totzek zwölf Reinzuchtvölker.  Die besonderen Drohnenstämme stammen diesmal aus Hamburg und Kiel. Das wertvolle Erbgut der männlichen Bienen (Drohnen) ist bei  Imkern und  Züchterprofis sehr begehrt. Immerhin haben die „auserwählten Herren“ Leistungsprüfungen hinter sich und weisen auf der Internationalen Zuchtplattform „Beebreed“ Spitzenwerte auf. Solche Auszeichnungen lockt Bienenzüchter aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland nach Sylt. Die haben ihre jungfräulichen Königinnen für den Hochzeitsflug fit gemacht und bringen sie ab jetzt laufend über den Sommer zur Anpaarung nach Puan Klent.

In den Sylter Heidedünen ist schon alles vorbereitet. Rund 400 farbige Schutzhäuschen für

Belegstellenleiter Rudolf Schneider kümmert sich um Komfort und Bewirtung im "Bienenhotel"

Belegstellenleiter Rudolf Schneider kümmert sich um Komfort und Bewirtung im „Bienenhotel“

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Damit diese Made zur Königin wird, muss sie mit königlichem Elixier von Arbeiterbienen gefüttert werden, dem „Gele Royale“

800 Königinnen sind aufgestellt, durchnummeriert, mit Codes versehen und auf dem 12000 qm großen Areal platziert. Doch die Königinnen fliegen nicht einfach solo in den Schutzhäuschen herum. Sie befinden sich mit ca. 2 Suppenkellen Arbeiterinnen und einer Ration Futterteig in Einwabenkästchen, die in die Schutzhäuser hineingehängt werden. Der Dating-Hotspot kann gleichzeitig bis zu 500 Königinnen beherbergen. Die Kästen werden ausschliesslich mit Bienen beschickt, die allesamt gesundheits- und leistungsgeprüft sind. Nicht auszudenken, wenn Seuchenerreger, wie die Faulbrut auf die Insel eingeschleppt würden. Die könnten sonst später von Sylt aus über ganz Deutschland verschleppt werden.

Es geht um Zucht- und Zucht bedeutet in Bienenzüchterdeutsch „eine kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel genetischer Umformung“. Umformung wohin? Zu mehr Sanftmut, mehr Honigleistung und optimalen Wabensitz. Letztendlich soll eine gesunde, stabile Biene produziert werden, die optimal in Europas wildblumenarmen Agrarsteppen und Stadtsiedlungen überleben kann. Dazu gehört auch eine Mindesttoleranz gegen die gefährliche, asiatische Varoamilbe, die jährlich für die Vernichtung von Tausenden von Bienenvölkern verantwortlich gemacht wird.

Aber weshalb ausgerechnet auf Sylt? Gut, Sylt wird auch als die Königin unter den friesischen Inseln bezeichnet. Hier verkehren von jeher schönen Bienen und reiche Honigsauger, Prominente, Adlige mit und ohne Volk oder Hofstaat- aber beeindruckt das die Bienen oder ihre Züchter?

Nein! Es geht einzig und allein um die abgelegene Position der Belegstation. Hier, mitten im Wattenmeer, fernab anderer Bienenstöcke ist gezielte, reinrassige Zucht möglich- und das ganz ohne Paparazzi! Deshalb auch die 7,5 Kilometer Abstandsregel des Bienenreiches von Puan Klent. Totzek und seinem Verein ist eine „fremdbienenfreie Zone“ in dieser Größe vom Land Schleswig-Holstein gesetzlich zugesichert worden. Der Landes-Umweltminister hat sich vor einigen Jahren noch höchstpersönlich für die Belegstation bei Puan Klent eingesetzt, denn „Schleswig-Holstein ist ein wichtiges „Bienen- Land““. Dabei geht es weniger um die Honigproduktion, sondern vielmehr um die Bestäubungsleistung der kleinen Brummer. „Obstbauern könnten ihren Betrieb dicht machen, wenn Imker ihnen nicht ihre Bienenvölker zum richtigen Zeitpunkt in die Kulturflächen stellen würden.“ sagt Hans Joachim Totzek und ergänzt: „Ganz nebenbei werden auch unsere heimischen Bäume, Sträucher und Blumen bestäubt und tragen wertvolle Früchte für Mensch und Tier.“

„Das genetische Material muss absolut sauber bleiben“, sagt der Verbandsvorsitzer. Folglich ist jeder andere Imker, der auf dem südlichen Nehrungshaken der Insel Sylt  Bienen fliegen läßt, ein Schwarzimker und kann mit Strafverfolgung rechnen. Der nächste legale Zucht-Bienenstock ist erst wieder rund 30 km entfernt im Listland zur finden. Sylter Honigimker stellen ihre Kästen fernab von Puan Klent in Sylt-Ost oder Westerland auf. Eine Bienenhaltung in der kargen Dünenlandschaft des südlichen Sylthakens lohnt ohnehin nicht. Die Bienen würden im spärlichen Blütenangebot des Heidekrauts verhungern. Eine Bienenkönigin kann maximal fünf Kilometer weit fliegen, eine Drohne schafft gerade mal einen Kilometer. Ein Flug über´s Meer zur Insel ist also weitgehend ausgeschlossen.

EWK-Kontrolle

Belegstellenleiter Schneider kontrolliert Ihre Hoheit auf Eilage.

Über viele Jahrzehnte hat die Zuchtgemeinschaft auf Sylt Bienenvölker mit guten Leistungsmerkmalen herausgezüchtet. Dabei schwärmen die Drohnen bei richtigem Wetter geballt an Drohnensammelplätze, oft thermisch optimal geeignete Standorte in zwei bis fünf Metern Höhe. Die Königinnen fliegen dann gezielt zu den Drohen und lassen sich dann von bis zu 26 Männchen begatten. Während „Ihre Hoheit“ zurück in ihren Einwabenkasten fliegt, sterben die Freier unmittelbar nach dem Hochzeitsflug. Die Königin beginnt kurz darauf mit der Eierproduktion.Nach dem ein Belegstellenleiter alles auf einer Zuchtkarte registriert hat, kann der Besitzer seine Königin wieder abholen und mit einem Anlegervolk vereinen,  aus dem wieder Drohnen, Arbeiterinnen und Königinnen gewonnen werden. So geben sich  bis zum 12. August des Jahres Imker und Züchter beim „Dating Hotspot“ in Puan Klent die Ehre mit ihren Hoheiten. Seit 1949 waren es schon über 68.000 Königinnen, die hier gezielt gleich mehrere Partner fanden.

Das Zuchterbnis ist eine sanftmütige Honigbiene, die niemandem etwas zu Leide tut.

Das Zuchtergebnis ist eine sanftmütige Honigbiene, die niemandem etwas zu Leide tut.

Obwohl das ehrenamtliche Geschäft brummt, ist Totzek besorgt. „Jede unkontrollierte Schwarzdrohne könnte einen finanziellen Schaden anrichten, der im fünfstelligen Bereich liegt“.  In 2015 gab es erstmalig Probleme. Irgendwo in einem Dorfgarten, der innerhalb Totzek´s Reich liegt,  hatte wohl jemand einen illegalen Bienenstock eingerichtet. Deshalb hat er sich dieses Jahr mit dem Landschaftszweckverband und dem Team der Schutzstation Wattenmeer in Hörnum zusammengesetzt, um rechtzeitig zu Beginn der Queen-Dating-Saison Fremdbienenstöcke aufzuspüren. Für jeden Hinweis in dieser Richtung ist der Zuchtverein NPZ e.V. (Tel: 04104/2782) dankbar.

Text: Lothar Koch

Alle Fotos: Norddeutschen Peschetz Zuchtgemeinschaft (www.npz-ev.de)

Grüne Sylt für Renaturierung und wirtschaftlich verantwortbaren Katastrophenschutz

Folgendes Poster von Bündnis 90 Die Grünen/Sylt kann man hier gern downloaden und weiterverbreiten oder aufhängen: Flyer Hallen1

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Es ist windstill, fast spiegelglatt liegt die Nordsee vor der dänischen Küste. Langsam tuckern drei Motorboote aus dem Hafen von Esbjerg. Mit an Bord ist Sandra Schöttner. Zuständig für eine der aktuellen Meereskampagnen von Greenpeace.

„Wir werden jetzt ungefähr eine halbe Stunde Überfahrt haben. Unser Schiff, die Arctic Sunrise, liegt im Moment auf Reede. Und dort werden wir auf unsere Taucher treffen, die sich schon vorbereiten auf ihren Tauchgang zu einem der Steine, die wir 2008 dort versenkt haben.“

Tonnenschwere Findlinge vor dem Sylter Außenriff

Draußen auf dem Meer beschleunigen die Motorboote, fahren sanfte Kurven, nähern sich der Arctic Sunrise. 2008 versenkten die Aktivisten der Umweltschutzorganisation zum ersten Mal tonnenschwere Findlinge vor dem Sylter Außenriff. Ein Jahr zuvor hatte die Bundesregierung das Areal zum Schutzgebiet erklärt. Nur Maßnahmen, um diesen Schutz auch umzusetzen, wurden nicht beschlossen, erklärt Sandra Schöttner in ihrem kleinen Büro an Bord der Arctic Sunrise:

„Die Schutzgebiete existieren nur auf dem Papier. Es gibt keinen echten Schutz, keine Reglementierung, es gibt keine Einschränkung für die menschliche Nutzung und es ist alles wie gehabt. Das heißt: Fischereifahrzeuge pflügen durch diese Schutzgebiete. Es gibt weiterhin Sand- und Kiesabbau, es gibt Anträge auf Ölförderung und so weiter.“

Taucher bereiten sich auf der Arctic Sunrise für den Tauchgang vor. (Deutschlandradio/Axel Schröder)Taucher bereiten sich auf der Arctic Sunrise für den Tauchgang vor. (Deutschlandradio/Axel Schröder)

Um in einem kleinen Teil der Nordsee zumindest das Fischen mit sogenannten Grundschleppnetzen zu verhindern, wurden die Findlinge versenkt. Denn genau diese Fischereimethode sei verheerend für die Flora und Fauna der Nordsee, erklärt Robert Marc Lehmann. Er ist Meeresbiologe und einer der Taucher, die Greenpeace für die Untersuchung angeheuert hat.

„Gerade in der Nordsee wird jeder Quadratmeter drei Mal im Jahr umgepflügt. Da wächst nichts und da lebt nichts mehr. Da wird einfach alles permanent weggefangen ohne Rücksicht auf Verluste. Das sollte in einigen Gebieten ein Ende haben. Und das ist ja das Schöne: wenn man damit aufhört, hat man innerhalb von zwei, drei Jahren einen höheren Ertrag außenrum. Es wäre also alles so einfach!“

Fischer fühlen sich in ihrer Existenz bedroht

Den Vorwurf der Fischereiverbände, dass durch die Felsbrocken nun die einzelnen Fischer in ihrer Existenz bedroht seien, weist Greenpeace zurück. Dazu seien die vier Areale, in denen die Steine liegen, viel zu klein.

Die Bojen markieren den ungefähren Standort der Findlinge. (Deutschlandradio/Axel Schörder)Die Bojen markieren den ungefähren Standort der Findlinge. (Deutschlandradio/Axel Schörder)

Ende Mai ist die Algenblüte im vollen Gange

Eine halbe Stunde später springen die beiden ersten Taucher in die Nordsee, machen sich auf die Suche nach einem der Findlinge. Sein ungefährer Standort ist – wie der aller anderen 321 Felsbrocken bekannt, eine Boje markiert die Stelle. Das Problem: Ende Mai ist die Algenblüte in der Nordsee in vollem Gange, die Sicht ist schlecht und einige der Findlinge hat der Gezeitenstrom im Laufe der Jahre mit Sedimenten zugedeckt. Eine halbe Stunde lang sind die beiden Taucher auf der Suche, dann geben sie auf. Zurück auf dem Achterdeck der Arctic Sunrise erklären sie, was sie in 30 Meter Tiefe erkundet haben:

„Naja, Freude hat es gemacht. Aber gesehen hat man nichts. Wir hatten doch sehr starke Strömungen und Sichtweiten von zehn bis dreißig Zentimetern optimistisch. Man musste sich so vorgraben im Sand, im Grunde genommen. Wir haben die üblichen Kreise gezogen, geguckt, was so ging. Aber bei der Sicht hebt sich ein Stein ja nicht wirklich ab vom Untergrund.“

Damit doch noch klar wird, wie sich die Flora und Fauna rings um die Findlinge innerhalb der letzten Jahre verändert hat, zeigen Sandra Schöttner von Greenpeace und der Taucher Robert Marc Lehmann auf einem Laptop die Videoaufnahmen, die bei den vorangegangenen Tauchgängen entstanden sind: Hellrosa und weiß schimmern die Seeanemonen, kleine Fische und Krebse verstecken sich im feinen Sand.

„Das, was man hier sieht, sind diese wunderschönen Tentakeln, die diese Seenelken ausmachen. Die strecken ihre Nesselkapseln nach draußen und versuchen dann Tiere und Pflanzen eben einzufangen.“

„Und ist das eigentlich ein seltener Anblick in der Nordsee?“

„Das würde man jetzt so in der Nordsee – also mit der Artenvielfalt – nicht finden. Sondern wirklich nur da, wo es Hartsubstrat gibt. Also da, wo es Siedlungsfläche gibt. Die Tiere brauchen einfach was, wo sie sich dran festhalten können. Wie eben einen Stein, ein Schiffswrack, ein Ponton von einem Windkraftpark, einfach Struktur im Wasser, wo sie sich dran anlagern können und da findet das Leben dann einfach statt und seinen Weg. Und dann ist es eben so schön, wie wir es da gesehen haben. Dann sieht es wirklich so aus wie in einem tropischen Korallenriff!“

Schutzpläne der Bundesregierung

Im Frühjahr hat auch die Bundesregierung erste Pläne für den Schutz des Sylter Außenriffs vorgestellt. Die sehen viel weitgehendere Beschränkungen für die Fischerei in der Nordsee vor. Was davon tatsächlich umgesetzt wird, steht aber noch nicht fest. Denn auch die anderen Anrainerstaaten der Nordsee müssen den Plänen erst noch zustimmen.