Ritter Robert und die Niederschlagung der Schweinepest anno 2018

Schleswig-Holstein rüstet auf gegen die afrikanische Schweinepest. Die Massentierhalter des Landes haben ins Horn gestossen und zum Hallali auf Wildschweine geblasen. Die Gefahr kommt wie immer aus dem Osten und bringt nichts Gutes: böse kleine Keime, die unsere lieben deutschen Hausschweine töten können.

Umweltminister Robert Habeck sattelt den Krisenhengst, klappt das Visier runter, um nicht von Tierschutz, Naturschutz oder gar philosophisch-ökologischen Thesen abgelenkt zu werden. Er konzentriert sich jetzt ganz auf seine Aufgabe als „Retter der Schweine“.

Die Schonzeit ist ganzjährig vorbei. Zäune sollen gezogen werden, die Grünröcke werden aus der Reserve gerufen und mit Waffen versorgt, die Wälder werden bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet, hohe Prämien ausgesetzt: Der Feind ist das wilde Schwein, dass aus dem Osten kommt und Grässliches aus den afrikanischen Dreckslöchern (Zitat: Trump) einschleppt. Diese Aktion ist doch die Gelegenheit, die einstige Grünen-Schlappe mit dem Veggie-Day wieder wett zu machen und einmal mehr das Image bei Bauern, Jägern und Schweinenackenverzehrern wieder aufzupolieren.

„Wir müssen jetzt unsere Aussengrenzen schützen! Null-Obergrenze für einwanderndende Wilschweine!“, heisst es, sonst sind die heimischen Schweine in Gefahr.

Aber welche Schweine sind gemeint? Etwa die 1,5 Millionen gequälte Kreaturen die ein unwürdiges Schweineleben in Landes-Massentierhaltung fristen. Glaubt ihr wirklich, dass die eine Schweinepest mehr fürchten, als den Bolzenschuss? Nein, es sind die Schweinehalter selbst gemeint. Deren Vermögen soll gerettet werden. Der Zeitpunkt ist gekommen, wo den Massentierhaltern in Deutschland die Schweinescheisse um die Ohren fliegt. Ich sag nur: Gülle, Gülle! Sie handeln mir ihrer eigenen Scheisse jetzt schon an der Börse, um auch daran noch zu profitieren. Jetzt soll der Steuerzahler auch  noch die Sicherheitsmassnahmen für die Schweine-KZs  berappen: Die richtige Antwort wäre es, Massentierhaltung zu verbieten, die als „Monokultur“ nur mit massiven Medikamenteneinsatz gegen Parasiten, Viren etc aufrechterhalten werden kann.

Achtung Satire-Teil:
Ich plädiere dafür, dass Sylt aus humanitären Gründen ein Kontingent flüchtender Wildschweine aufnimmt, sagen wir so 800 -1000. Schliesslich halten wir das Problem der Massentierhaltung mit unserer Inselgastronomie mit aufrecht. Es gibt doch einen Fachkräftemangel auf der Insel und Schweine werden überall gebraucht: in der Gastronomie zum trockenen Rotwein oder in den Kurbetrieben zur Strandreinigung. Ansonsten ein Abkommen zur Massen-Aufnahme mit Erdogan schliessen: Gülle, Gülle!

Hier noch eine schnelle Lösung zur Gewissensberuhigung:

AVAAZ-Kampagne gegen Massentierhaltung zum Mitmachen

 

Lothar Koch, Biologe Rantum

Nationalparkthemenjahr 2018: „Muscheln und Schnecken“ , Folge 1

100.000 Muschelarten gibt es auf der ganzen Welt, nur 15 davon im Nationalpark Wattenmeer. Trotzdem spielen die Weichtiere mit der harten Schale eine zentrale Rolle in diesem Ökosystem. Ihre wöchentliche Filterleistung entspricht dem gesamten Wasservolumen des Wattenmeeres, sie sind also eine große biologische Kläranlage. Anlässlich des Themenjahres „Muscheln und Schnecken“ wird Biologe Rainer Borcherding monatlich über die Welt der Weichtiere im Nationalpark Wattenmeer berichten.

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Auf dem Wattboden eingefrorene Strandschnecken Foto: SW; Borcherding

Der ewige Wechsel von Ebbe und Flut macht das Wattenmeer zu einem Lebensraum der Extreme. Besonders ungünstig sind die Bedingungen im Winter, wenn eisige Luft bei Ebbe den Wattboden gefrieren lässt. Frost ist ein Phänomen, mit dem Meerestiere eigentlich kaum zu tun haben, denn selbst das Polarmeer gefriert nur an der Oberfläche.

Im Wattenmeer ist dies anders: Hier reichen schon ein paar klare Winternächte, und die Uferzone gefriert bei Ebbe. Festsitzende Muscheln und auf Uferfelsen lebende Schnecken können nicht fliehen. Sie müssen den Frost „aussitzen“ – und dabei möglichst überleben. Bei der Strandschnecke, die in der obersten Gezeitenzone lebt und im Winter oft im Eis festfriert, kann der ganze Körper gefrieren. Das lebende Zellinnere wird durch Glyzerin, Zucker und Aminosäuren vor dem Gefrieren geschützt. Die Zwischenräume zwischen den lebenden Zellen kristallisieren zu Eis. Dieses „kontrollierte Einfrieren“ erlaubt es der Strandschnecke, Temperaturen von unter minus 15 Grad zu überleben! Da Strandschnecken auch im Winter leicht zu finden sind, verspeisen hungrige Silbermöwen dann oft auch die vereisten Schalentiere. Im Kaumagen werden die Schalen zermahlen; doch ganz selten gelangt eine einzelne Schnecke lebend im ausgewürgten Speiballen zurück ans Tageslicht.

Im Wattenmeer werden die Strandschnecken meist nur ein bis zwei Jahre alt, im Helgoländer Felswatt über fünf Jahre. Vermutlich fehlt ihnen auf dem Watt der Halt und sie werden zu Tode gerollt. Eine noch skurrilere Todesursache sind „Huckepack-Austern“: Klebt sich eine Larve der Pazifikauster auf einer Strandschnecke fest, fällt diese spätestens im zweiten Jahr durch das Gewicht der wachsenden Auster wie eine Schildkröte auf den Rücken und verhungert – ein tragischer Tod im Wechselspiel zweier Mollusken.

Rainer Borcherding, Schutzstation Wattenmeer

 

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Eine Pazifische Auster, die noch weitaus grösser wachsen wird, hat sich auf einer Strandschneckenschale festgesetzt. Foto:SW

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Blauhai am Sylter Strand! Forscher beissen sich an Gebiss fest.

Gestern Abend gegen 20 Uhr meldeten Spaziergänger einen äussert seltenen Fund am Rantumer Strand. Sie waren über einen grossen Fisch gestolpert, der sich tatsächlich als Blauhai herausstellte.

Blauhai gestrandet am 20.12.2017 in Rantum/Tadjem Deel
Foto:SW / Franziska Veit

Eine Vermessung durch MitarbeiterInnen der Schutzstation Wattenmeer ergab eine Länge von 2,25 m. Blauhaie können bis zu 3,5 Meter lang werden. Der rasch informierte Seehundjäger Dietrichsen holte das Tier ab und leitete es weiter zur Untersuchung.

Schutzstation vermisst den Hai. Foto SW/Franziska Veit

Schutzstation vermisst den Hai.
Foto SW/Franziska Veit

Mitarbeiter des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum (Kreis Dithmarschen) holten den Hai bei ihm ab. Inzwischen wurde der Fisch seziert. Mit einer endgültigen Auswertung der Probennahme ist jedoch erst nach Weihnachten zu rechnen. Die Sektion ergab verschiedene innere Entzündungen und Blutungen. Der Hai war offenbar in einer schlechten körperlichen Verfassung gewesen und war vermutlich sterbend in die Brandung geraten, wo er im Todeskampf noch viel Sand schluckte.

Blauhaie bevorzugen Wassertemperaturen von 12 – 21°C, unterhalb von 8°C kommen sie nicht vor. Zum Fundzeitpunkt hatte die Nordsee vor Sylt nur 7° C. Die Strandung passt in das Bild herbstlicher Strandfunde. Im November und Dezember, wenn die Nordsee ungemütlich kalt wird, werden des öfteren exotische Fische aus wärmeren Meeren tot am Strand angespült, weil sie den Temperatursprung nach unten nicht überleben: Schwertfische, Mondfische, 2016 ein Tunfisch, und nun der Blauhai auf Sylt. Blauhaistrandungen sind allerdings im Wattenmeer ausgesprochen selten. Aus den letzten 20 Jahren ist kein Fall in Schleswig-Holstein dokumentiert.

Die Tierärztliche Hochschule in Hannover, die für die Analyse von grösseren Tierstrandungen zuständig ist,  will sich das Gebiss für die Forschung sichern.

Wenn alles erforscht ist, wäre es angemessen, das sylter Hai-Maul in der Arche der Schutzstation Wattenmeer den Tausenden von Schülergruppen, die dort pro Jahr durchkommen, zu präsentieren und zu erläutern. Hoffen wir, dass sich die Forschung nicht zu lange an dem Blauzaigebiss von Sylt festbeisst. Schliesslich werden 20 Millionen der Tiere pro Jahr weltweit kommerziell gefangen, da sollte sicher auch ein No-Name-Gebiss für die Forschung abfallen und die sylter Original-Beisserchen schön auf die Insel zurückkehren.

Blauhaie leben im Nordatlantik – von der Südküste Großbritanniens bis zum Senegal, um die Azoren bis zu den Kanarischen Inseln und den Kapverden wird diese Art gesichtet . In die Nordsee verirren sich nur selten Einzelexemplare und dann eher im Sommer.

Lothar Koch/ Rainer Borcherding/ Schutzstation Wattenmeer

 

 

Kegelrobbenjungtiere jetzt im Nationalpark unterwegs

jg_kegelrobbe_vollmerDas nasskalte Wetter mit Regen, Eis und Schnee macht den Kegelrobben im Nationalpark Wattenmeer wenig aus: In dieser Jahreszeit bringen die größten Meeressäuger des Wattenmeeres ihren Nachwuchs zur Welt. Auf den Sänden vor Amrum wurden in der Vergangenheit die meisten weiß bepelzten Robbenbabys im Nationalpark geboren.

Wind und Wellen haben in den letzten Jahren diese niedrigen Sandbänke durch Erosion noch flacher werden lassen, so dass sie als Geburtsort für Kegelrobben zunehmend unattraktiv geworden sind. Hiervon profitiert vor allem der Bestand auf Helgoland. Immer wieder weichen auch einzelne Tiere von den Sänden auf die Insel Amrum aus, um dort ihre Jungen zur Welt zu bringen.

„Der Amrumer Strand war im letzten Winter mit zwei Geburten einer der wenigen Wurfplätze von Kegelrobben im schleswig-holsteinischen Wattenmeer“, berichtet Henning Volmer, Stationsleiter des Öömrang Ferian auf der Insel. Anfang Dezember dieses Jahres sei ein Kegelrobbenbaby am Amrumer Strand leider tot geboren worden.

Jeden Morgen bei Sonnenaufgang sind die Freiwilligen der Naturschutzverbände Schutzstation Wattenmeer, Öömrang Ferian und Verein Jordsand unterwegs, um an den Stränden von Amrum, Föhr und Sylt nach Kegelrobben Ausschau zu halten.

„Werden junge Tiere gefunden, errichten wir flexible Ruhezonen, um Spaziergänger zu informieren und an den Robbenbabys vorbeizulotsen“, sagt Katharina Weinberg, Säugetierexpertin der Schutzstation Wattenmeer.

Die allein am Strand liegenden Jungtiere erwecken den Eindruck, als seien sie verlassen worden. „Die Mütter kehren aber regelmäßig zurück, um ihre Babys zu säugen“, sagt sie. Das erste lebende Kegelrobbenbaby dieser Saison, ein Frühchen, das bereits im November entdeckt wurde, sei aber so schwach gewesen, dass es in die Seehundstation Friedrichskoog gebracht werden musste.

Die Naturschutzverbände appellieren an Spaziergänger, an den Inselstränden liegende Robben in Ruhe zu lassen und Hunde anzuleinen.

Sichtungen von Kegelrobbenbabys können an folgende Stellen gemeldet werden:

Amrum: 04682 1635 (Naturzentrum Amrum, Norddorf), 04682 2718 (Schutzstation Wattenmeer, Wittdün), 0171 1258238 (Verein Jordsand, Amrum Odde)

Sylt: 04651/881093 (Schutzstation Wattenmeer)

Föhr: 04681/1313 (Schutzstation Wattenmeer)

oder an die örtlich zuständigen Seehundsjäger.

 

Christof Goetze, Schutzstation Wattenmeer

Tausende tote Schweinswale & Delfine – EU Gesetze werden nicht umgesetzt

 

 

Kampen 2.6.2015 Gabi Vogt

Foto: Gabi Vogt

München, 16.11.2017: Die Wal- und Delfinschutzorganisation WDC hat die Umsetzung der EU-Regulation gegen Beifang untersucht und kritisiert scharf, dass sie von den meisten Ländern ignoriert wird. In der kommenden Woche soll bei einer Abstimmung im EU-Parlament die bestehende Regulation sogar noch weiter abgeschwächt werden. Beifang ist die größte Gefahr für Wale und Delfine – jedes Jahr sterben weltweit Hunderttausende Meeressäuger qualvoll in Fischernetzen.

 Besonders heikel ist, dass die EU-Abstimmung von Spanien geleitet wird – dem Land mit der größten Fischereiflotte Europas. Spanien hat bisher keinerlei Maßnahmen in die Wege geleitet, um Beifang zu melden, zu überwachen oder zu vermeiden. Nun schlägt die EU-Fischereikommission im aktuellen Textentwurf sogar vor, die Schutzmechanismen für Wale, Delfine und Schweinswale in den Gewässern rund um Spanien gänzlich aufzuheben, obwohl die Beifangzahlen in diesem Gebiet dramatisch hoch sind.

 WDC veröffentlicht heute einen Bericht, in dem die Umsetzung der EC Regulation 812/2004 nach Ländern aufgeschlüsselt wird (siehe Anhang). WDC-Forscher haben dazu die Daten von 15 EU-Mitgliedsstaaten aus den Jahren 2006–2014 analysiert, die im Nordostatlantik, der Nordsee und der Ostsee Fischfang betreiben. Bei der Auswertung schneidet Spanien zusammen mit Finnland und Schweden besonders schlecht ab. Der einzige EU-Mitgliedsstaat, der die Regulation gut umgesetzt hat, ist das Vereinigte Königreich.

 Noch immer sterben jährlich Tausende von Walen, Delfinen und Schweinswalen als Beifang in den Gewässern rund um die britischen Inseln. Auch in der deutschen Nord- und Ostsee verenden jedes Jahr Hunderte Schweinswale. Die Meeressäuger verfangen sich in Netzen oder Leinen und können nicht mehr an die Oberfläche schwimmen, um zu atmen. Im Kampf ums Überleben ziehen sie sich tiefe Wunden und gebrochene Knochen zu, viele ersticken schließlich qualvoll unter Wasser.

 „Es gibt kaum eine Tierart in Deutschland, die auf dem Papier besser geschützt ist als der Schweinswal. Allein die mangelhafte Umsetzung der rechtlich verbindlichen EU Regulationen macht alle theoretischen Schutzbemühungen zunichte“, so Fabian Ritter, Meeresschutzexperte bei WDC.

 Der WDC-Bericht zeigt, dass die meisten EU-Mitgliedsstaaten Beifang als Bedrohung für Wale und Delfine nicht ernst nehmen und die bestehende Gesetzgebung zu schwach ist, um Meeressäuger effektiv zu schützen. Mehr als ein Jahrzehnt nach der Einführung der Regulation gibt es noch viele Unklarheiten in Bezug auf Populationsgrößen sowie inadäquate Maßnahmen zur Überwachung und Vermeidung von Beifang (wie beispielsweise den Einsatz akustischen Scheuchvorrichtungen oder räumlichen Maßnahmen wie Fischereiausschluss aus Schutzgebieten). Die tatsächliche Zahl der Beifang-Opfer ist vermutlich weitaus höher als bisher bekannt. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Populationen und Individuen in europäischen Gewässern.

WDC fordert, bei der Abstimmung im EU-Parlament die Maßnahmen zur Einschränkung von Beifang zu stärken, anstatt sie sogar noch aufzuweichen. Die schockierenden Daten von unabhängigen Experten sowie der EU-Kommission selbst zeigen das Ausmaß des Beifangs deutlich: die derzeitigen Empfehlungen zur Überwachung und Eindämmung von Beifang erfüllen nicht ihren Zweck. Eigentlich sollten EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet werden, die Regulation entsprechend umzusetzen und strengere Maßnahmen zur Reduzierung von Beifang zu ergreifen. Sonst ist zu befürchten, dass die Zahl der Beifang-Opfer in den nächsten Jahren noch weiter ansteigt. „Dies wäre eine Katastrophe für den Meeresschutz in Europa und ein echtes Armutszeugnis für die EU Umweltgesetzgebung. Vor allem aber würde es das unsägliche Leid der Delfine und Wale in europäischen Gewässern verlängern. Dies dürfen wir auf keinen Fall zulassen!“, so Ritter weiter.

Michaela Harfst, WDC