„Katastrophe“ um die Katastrophenhalle 28 – Bürgerwille verfehlt.
Am 12.6.2018 verstrich die amtliche Zwei-Jahres-Frist seit dem Bürgerentscheid um die Hallen auf dem Sylter Fliegerhorst. Die neuen Gemeindevertreter Sylts hätten nun die rechtliche Möglichkeit den „Willen der BürgerInnen“ ohne erneuten Bürgerentscheid wieder aufzuheben, da dessen Ziel, die Bereitstellung einer funktionstüchtigen Katastrophenhalle, bis jetzt nicht vollständig umgesetzt werden konnte. Vielmehr droht das ganze Projekt zu einem finanziellen schwarzen Loch zu werden.
Zur Erinnerung (s. auch andere Artikel in diesem Blog unter dem Stichwort „Hallen“):
Auf dem Fliegerhorstgelände stehen zwei Flugzeug-Hallen (Nr. 25 und 28), die noch aus der „Nazi-Zeit“ stammen. Die Gemeinde hatte vor Jahren beschlossen, diese Hallen und andere Gebäude abzureissen und die Flächen zu renaturieren, auch um sie der Spekulation auf der Insel, also Deutschlands teuerstem Immobilienstandort, zu entziehen. Bei Nichterfüllung des Renaurierungs-Vertrages mit dem Bund, der das Gelände der Gemeinde überließ, fallen rund 200.000 Euro Rückzahlungen pro Halle an die zuständige Bundesanstalt BIMA, die von ihr bereits, zumindest für die Halle 28, gerade eingeklagt werden.
Die Insel-Partei „Zukunft Sylt“ zettelte 2016 einen Bürgerentscheid gegen den Abriss an, der vor allem vom DRK und Sylter Unternehmern massiv beworben wurde. Das Argument war: Sylt braucht eine Katastrophenschutzhalle und das könne nur die sein, die seitens des DRK seit Jahren vertragslos, also illegal, als Garage und Abstellager genutzt wurde. Das Ergebnis: 3201 Stimmen gegen den Abriss, 934 dafür. 12824 Bürger beteiligten sich erst gar nicht an der Wahl.
Die Sanierungskosten für beide Hallen wurden seitens der Gemeindeverwaltung auf 6,58 Millionen Euro geschätzt. Nach dem Bürgerentscheid wurden die Kosten, die die Gemeinde zu dem Sanierungsprojekt der Halle 28 beizusteuern habe, auf 500 000 Euro gedeckelt. So hatten es die Befürworter der Halle selbst beziffert und wollten durch ehrenamtliche Arbeit, Eigenmittel und Spenden den Rest erledigen, den sie als weit geringer einschätzten, als die amtlichen Bau-Gutachter.
Der Ist-Stand: Beide Hallen stehen jetzt auf dem Gelände der Flughafen Sylt GmbH und die Umsetzung wurde an diese Gesellschaft übertragen, der Peter Douven vorsteht. Halle 25 wird als deren Verwaltungsgebäude auf eigene Kosten hergerichtet. In Halle 28 stehen nach wie vor unter anderem DRK-Fahrzeuge und Deckenlager.
Inzwischen sind rund 500 000 Euro an Gemeindemittel in das Projekt Halle 28 geflossen. Überwiegend in notwendige Gutachten, Grunderwerb, Nebenkosten und Baueinzäunung sowie Gebäudesanierung. Deutliche Fortschritte in der Sache gibt es bis heute nicht. Im Gegenteil: die Gutachter stellten im Sommer 2016 einen heftigen Pilzbefall und einen Mangel an Brand- und Elektroschutz in der Halle 28 fest, der per bauordnungsbehördlichem Kreisentscheid zu einer sofortigen Räumung des Gebäudes führte. Auch Bausubstanz und Statik seien zu gefährlich, um die Halle schon zu nutzen. Eine Baugenehmigung wird dem Projekt bislang versagt, da im Trinkwasserschutzgebiet zunächst eine moderne Schmutzwasserentsorgung eingebaut werden müsste. Die Hallen sind diesbezüglich gar nicht erschlossen und stehen zu dem noch unter Denkmalschutz. Allein die Kosten des Schmutzwasseranschlusses werden – wie bereits 2016 kalkuliert – mit 850 000 Euro beziffert.
Der Bürgerwillen kann so gar nicht realisiert werden
Was den wenigsten BürgerInnenn klar gewesen sein dürfte, als sie abstimmten, ist die Definition einer Katastrophenschutzhalle. Selbst wenn diese fertig gestellt werden sollte, wird sie am Bürgerwillen vorbeigehen. Es gibt nämlich rechtlich den Unterschied zwischen Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr. Für den Katastrophenschutz ist einzig der Landrat des Kreises zuständig und der ruft diesen aus, wenn die örtlichen Wehren überfordert sein sollten. Der Landrat hatte schon früh gemeinsam mit dem Sylter Bürgermeister verkündet: „Der Kreis Nordfriesland braucht keine Katstrophenschutzhalle auf Sylt.“ Die Problemlagen, die die BürgerInnen im Kopf habe, wie brennende Hotels und ähnliches, seien keine Katastrophen im rechtlichen Sinne. Ausserdem gäbe es für die Evakuierung bei solchen Fällen, die die Inselwehren selbst bewerkstelligen könnten, genug geeignete und bestehende öffentliche Gebäude und Hallen auf der Insel, in die dezentral evakuiert werden könne.
Fazit: Die Katastrophenhalle dürfte also nur verwendet werden, wenn der Kreis-Landrat den Katastrophenfall ausriefe. Das ist in der Insel-Vergangenheit letztmalig in den 1970er Jahren geschehen. Es darf bezweifelt werden, dass die BürgerInnen für ein Gebäude, das voraussichtlich nie gebraucht werden wird, permanent Steuergelder der Gemeinde opfern will. Dass es nicht bei den gedeckelten 500 000 Euro bleiben wird, ist jetzt schon absehbar. Schon ruft das DRK nach weiteren 200 000 Euro, um überhaupt erstmal Eigenmittel loszutreten. Ausserdem will der auf der Insel mit rund 50 Mitgliedern vertretene DRK-Verein auch noch die zukünftigen Betriebskosten der Halle (ca. 40 000 Euro) auf die Gemeinde abwälzen.
BürgerInnen selbst sind gefragt!
Die BürgerInnen sollte sich also überlegen, ob sie nicht selbst die Gemeinderäte auffordert in Sachen Halle 28 ein „Ende mit Schrecken“ zu veranlassen, als der Finanz-Katastrophe weiteren Lauf zu lassen, die zudem permanent teure Man-Power in der Verwaltung bindet. Dies könnte durch Leserbriefe, offizielle Anfragen an die Gemeinde und über die Ansprache vertrauter Gemeindevertreter und Parteivertreter versucht werden. Die Parteien werden sich kaum trauen, den Bürgerentscheid von sich aus aufzuheben, da sie wohl einen Shitstorm befürchten, in dem sie als undemokratisch diffamiert werden könnten.
Ob nach den bereits erfolgten, erheblichen Investitionen in die marode Halle ein Abriss noch angeraten ist, wäre zu überlegen. Eine leerstehende, weitgehend ungenutzte Halle jedoch sicherlich indiskutabel. Möglicherweise wäre am Ende ein BürgerInnen-Veranstaltungszentrum der sinnvollste Nutzen. Zumal in dieser Saison das Gebäude-Vorfeld erstmalig für Großkonzerte genutzt werden wird.
Lothar Koch
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