Offizieller Endbericht: Ursache für Pottwalstrandungen in 2016 bleibt ungeklärt
Der Grund für die Strandung von 30 Pottwalen in der Nordsee im Jahre 2016 ist laut einer Mitteilung der Tierärztlichen Hochschule Hannover wahrscheinlich ein komplexes Zusammenspiel von Umweltfaktoren. Welche Umweltfaktoren das gewesen sein könnten, wird jedoch nicht erwähnt.
In anderen Mitteilungen erwähnten Meeresbiologen, dass starke Temperaturschwankungen am Nordpol (es war dort zeitweise nur um die 0 Grad kalt) in jenem Winter eine Rolle im komplexen Strömungsgefüge des Nordmeeres gespielt haben könnten, die die Wale auf eine falsche Route brachten.Die Untersuchung hält Temperatureinflüsse jedoch für unwahrscheinlich. Inwieweit Störungen durch Meeresverlärmung oder Sonnenstürme, die auf das Erdmagnetfeld wirken, eine Rolle spielen könnten bleibt weiterhin offen. Auch ob eine ungewöhnliche Verteilung von Nahrungstieren Schuld war, konnte nicht abschliessend geklärt werden.
Hier die Pressemitteilung der Hochschule Hannover im Wortlaut:
Zu Beginn des Jahres 2016 strandeten 30 Pottwale in der südlichen Nordsee. Es ist das größte bekannte Strandungsereignis dieser Art, das in der Region bisher registriert wurde. Internationale Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen schlossen sich zusammen, um die möglichen Ursachen zu untersuchen. Es folgte die bisher umfangreichste Untersuchung einer solchen Pottwalstrandung. Im Fachmagazin PLoS ONE (http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0201221) veröffentlichten die Forscher die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit. Die Strandungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurden von mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover unter der Leitung von Professorin Prof. h. c. Dr. Ursula Siebert, Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung, untersucht.
Kein Hinweis auf ein Trauma
Das internationale Team untersuchte 27 der 30 gestrandeten Pottwale. Eine der wichtigsten Fragen war, ob die Tiere erkrankt oder geschwächt waren. Darauf fand das Team aber keine Hinweise. Siebert sagt: „Wir haben uns den Gesundheits- und Ernährungszustand der 27 Tiere genau angeschaut und mehrere Infektionen gefunden – einschließlich Parasiten und einen neuen Herpesvirus. Diese Infektionen waren im Zusammenhang mit den Strandungen aber bedeutungslos. Das machte andere Ursachen wahrscheinlicher. Also mussten wir weitersuchen.“ Auch ein durch Menschen verursachtes Trauma wie Verwicklungen in Seilen und Netzen oder Schiffskollisionen konnten die Forscher ausschließen. Anzeichen für eine signifikante Menge chemischer Verschmutzung gab es ebenfalls nicht. Bei neun untersuchten Walen fanden die Wissenschaftler Meeresmüll (Plastik) in den Mägen der Pottwale. Der Müll führte aber bei keinem der Tiere zu einer Verstopfung des Magen-Darm-Trakts oder einem anschließenden Verhungern. Marine Erdbeben, schädliche Algenblüten und Veränderungen der Meeresoberflächentemperatur wurden ebenfalls berücksichtigt und als mögliche treibende Faktoren der Strandungsserie als sehr unwahrscheinlich ausgeschlossen.
Verlorene Junggesellen
Wie die meisten Tiere, die bisher in dieser Region strandeten, handelte es sich bei den untersuchten Tieren aus dem Jahr 2016 um junge subadulte Männchen im Alter zwischen 10 und 16 Jahren. Untersuchungen der Mageninhalte ergaben, dass die Tiere wahrscheinlich in den norwegischen Gewässern, mindestens 1.300 Kilometer entfernt und bevor sie in die Nordsee gelangten, zum letzten Mal gefressen hatten. Pottwale kommen normalerweise in viel tieferen Gewässern vor. Die südliche Nordsee ist ein sehr unnatürlicher Lebensraum für Pottwale: Das seichte Wasser und die allmählich abfallende Küste machen es ihnen schwer, hier effektiv zu navigieren. Zusätzlich kommt ihre bevorzugte Beute, der Tintenfisch, nicht in der Nordsee vor. Die Pottwale fanden folglich nicht ausreichend Nahrung. Die südliche Nordsee kann als eine Art Falle für tief tauchende Wale wie den Pottwal angesehen werden: Sobald sie in diesen Bereich vordringen, sind sie einem erheblichen Risiko zu sterben ausgesetzt. (Das erklärt aber nicht, weshalb sie überhaupt erst in die flache Nordsee hineinzogen., Anm.der Red.)
Multidisziplinärer Ansatz
Die Autoren fassen in ihrer Studie zusammen, dass kein alleiniger Faktor gefunden wurde, der für die Strandungsreihe im Jahr 2016 verantwortlich ist, sondern sehr wahrscheinlich eine Kombination verschiedener und zusammenfallender Faktoren dazu geführt hat. „In dieser Zeit strandeten auch andere, nicht heimische Arten in der Nordsee. Zudem zeigen andere Untersuchungen, dass die Pottwale zu zwei verschiedenen Gruppen aus verschiedenen Gebieten gehören. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Kombination großräumiger Umweltfaktoren dafür verantwortlich war, dass die Pottwale in die Nordsee gelangt sind“, führt Abbo van Neer, einer der beteiligten Forscher des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, aus.
Informationsdienst Wissenschaft – idw – Pressemitteilung Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Sonja von Brethorst, 08.08.2018 09:44 |
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