Overtourismus dient fast Niemandem- Sylt am Scheideweg- Politik muss endlich handeln!

Wer derzeit am Morgen durch Westerland geht, trifft auf lange Schlangen von Wartenden vor allen Bäckereien. Über 40 Personen in einer Reihe sind keine Seltenheit beim Brötchenkauf. Wer an bedeckten oder gar regnerischen Tagen mit Bus oder Auto unterwegs ist, kann ewig im Stau stehen, nicht nur in der City, sondern auch auf den Ausfallstrassen nach Osten und Norden. An vielen Stränden herrscht fast schon mallorquinischer Dichtestress, am Abend einen Restauranttisch zu ergattern ist ohne Vorbestellung höchst unwahrscheinlich- Kann Urlaub so noch Spass machen?

Morgens in Westerland zur Hauptsaison vor allen verfügbaren Bäckereien: 30-60 Minuten für Brötchen Schlange stehen ist nicht selten

Das Phänomen wird neuerdings Overtourism genannt und ist ein gefragtes Medienthema im Sommerloch. Dabei sind die geschilderten Auswirkungen noch die harmloseren Effekte einer viel zu grossen Zahl von Menschen auf der Insel. Die Sylter Rundschau schätzte neulich 200 000 Personen auf Sylt. Eine genaue Statistik haben Verwaltungen und Politik bislang nicht erstellen können, insofern bleiben die Zahlen von Fremdenbetten und Tagestouristen heiss diskutierte Schätzungen.

Die Frage ist jedoch- wer profitiert wirklich von diesem „immer mehr“?

Das Sylt Image nimmt auf jedenfall Schaden. Viele Urlauber sind ob der Massen, deren Teil sie selbst sind arg genervt und beschliessen schon jetzt: Das war das letzte Mal Urlaub auf Sylt. Nicht zuletzt auch deswegen, weil sie auf misslaunige Sylter treffen, denen alles zuviel wird.

Die Gastronomie weiss nicht wo ihr der Kopf steht, wenn abends die hungrige Welle vom Strand in die Orte schwappt. Ebenso wie die Geschäftswelt leidet sie unter der Beschaffung von ausreichend qualifiziertem Personal. Am Ende der Saison werden wieder viele über ihre physischen und psychischen Grenzen gegangen sein. Viel Personal bedeutet hohe Kosten. Gesundschrumpfen könnte der bessere Weg sein, bei wahrscheinlich gleichem Nettogewinn.

Die Sylter Vermieter Die Bettenanzahl der Einheimischen ist wahrscheinlich relativ konstant. Deutlich mehr werden die Zahlen von Zweithäusern, Appartments und Hotelbetten, die durch Investoren geschaffen werden, die vom Festland kommen. Die Rendite landet also nicht in den Kassen der Sylter Vermieter. Die Sylter bekommen eigentlich immer mehr Konkurrenz im Vermietgewerbe durch Betriebe, die von Aussen die Insel übernehmen.

Die Sylter Natur- und Landschaft und die Sylter Kultur leidet unter dem Boom. Am wenigsten noch unter den Spaziergängern, den Zig-Tausend Hunden und ihren Kothaufen- und Tüten. Schlimmer ist der überbordende Autovekehr mit überwiegend SUV-grossen Fahrzeugen und der nicht mehr rückgängig zu machende Flächenverbrauch für Parkplätze, Strassen, Neubauten und ganze Neubaugebiete. Inzwischen sind die wichtigsten Sylter Kulturstätten dadurch unmittelbar bdroht: Der Denghoog in Wenningstedt, die Tinnumburg bei Westerland, der Kampener Leuchtturm mit den grossen Hünengräbern.

Die Sylter Orte verlieren an Authentizität und Dorfgemeinschaft. Sie bluten zunehmend aus. Zu astronomisch hoch sind die Immobilienpreise und damit auch die Mieten. Normalverdienern ist es unmöglich, eine eigene Wohnung oder ein Eigenheim zu erwerben. Erben müssen gleich verkaufen, oder hohe Darlehen aufnehmen, um die Erbschaftssteuer zahlen zu können, wenn sie nicht verkaufen. Feuerwehren klagen über Nachwuchssorgen, Kleine Läden und Bäckereien verschwinden ebenso wie Kindergärten und ganze Nachbarschaften aus den ehemals intakten Dörfern.

Die Sylter Baufirmen? Es gibt nur noch wenige- die meisten Handwekrsbetriebe kommen von „Drüben“ und tragen das Geld weg von der Insel.

Die 200 „sylter“ Makler, die Notare, die Banken, die Land-und Hausbesitzerbesitzer, die verkaufen- ja, sie werden profitieren.

Ein Ende ist nicht abzusehen. Krisen, Krankheit und wirtschaftliche Unsicherheit steigern die Zahl der Inlandsurlauber weiter. Wenn Sylt noch den letzten Rest seines guten Rufes bewahren will muss endlich seitens der Politik gehandelt werden. Es reicht!

Lothar Koch

Die Polizei sichert die Einwohnerversammlung zum Bauprojekt Windrose in Wenningstedt vor interessierten Bürgern aus anderen Sylter Orten.

Wenningstedt, 31.7.2020 In Wenningstedt fand heute nachmittag eine Einwohnerversammlung zum umstrittenen Bauprojekt Hotel Windrose statt. Zugelassen waren nur Wenningstedter. Bürger aus anderen Sylter Orten wollten durch ihre Präsenz zeigen, dass die Steigerung der Fremdenbettenzahl kein örtliches, sondern ein insulares Problem darstellt. Das hatte sich im Vorfeld herumgesprochen. Offenbar informierte die Gemeinde das Ordnungsamt, die ein Bußgeldverfahren im Falle einer unangemeldeten Demo androhte und einen bewaffneten Polizisten sowie mehrere Ordnungshüter vor den Saal stellte. Dabei waren nur rund 20 Sylter gekommen, da viele bereits gehört hatten, dass sie nicht erwünscht seien. Dier Nerven liegen wegen der neuen BI Merret reicht´s offenbar schon blank, bevor die einen Finger gerührt hat. Kann so Bürgerbeteiligung, kann so Demokratie funktionieren?

Sylts wichtigstes Kulturdenkmal verkommt zur Vorgarten-Deko – Heimatverein will klagen

 

An Friesen aus Plastik, die hinter Steinwällen stehen und Autofahrern zuwinken mussten wir uns bereits gewöhnen. Jetzt hat der Bauherr eines Apartmenthauses in Wenningstedt bald etwas Besseres zu bieten. Dekorativ steht vor seinem Vermietobjekt demnächst ein 5000 Jahre altes Megalithgrab- eines der größten Deutschlands. Das liegt daran, dass sämtliche Behörden bis hin zum Archäologischen Landesamt den Neubau in unmittelbarer Nähe zugelassen haben. Der Heimatverein will jetzt erneut gegen die Abweisung seiner ersten Klage klagen.

Presseinformation der Sölring Foriining

Der erweiterte Vorstand der SÖLRING FORIINING e.V. hat beschlossen, die Abweisung eines Eilrechtsschutzverfahrens über den Beginn eines Bauvorhabens in unmittelbarer Nähe des Steinzeitgrabes Denghoog in Wenningstedt durch die 8. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichtes nicht zu akzeptieren und weitere Rechtsmittel einzulegen. 

Entwürdigung eines 5000 Jahre alten Kultplatzes durch Appartement-Neubau

Auf dem Nachbargrundstück des im Besitz der Sölring Foriining befindlichen Großsteingrabes Denghoog soll seit Frühjahr 2019 eine Baustelle für die Entstehung eines Appartementhauses eingerichtet werden. Der Verein wehrt sich dagegen und hatte deutschlandweit bereits 6000 Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt. 

Aufgrund des drohenden Baubeginnes und der Tatsache, dass der im September 2019 durch die Sölring Foriining bei der Unteren Baubehörde des Kreises Nordfriesland gestellte Widerspruch zur Baugenehmigung bis heute noch nicht beschieden ist, hatte der Verein das o. g. Eilrechtsschutzverfahren beim Verwaltungsgericht mit dem Ziel, den Beginn der Bauarbeiten bis zu einer endgültigen Entscheidung ruhen zu lassen, gestellt. Dieser Antrag ist nun abgewiesen worden. 

Denghoog zur Wintersonnenwende, Foto: L.Koch

Aus Sicht des Vorstandes der Sölring Foriining ist es sehr bedauerlich, dass die Kammer nach rein baurechtlichen Gesichtspunkten entschieden hat und dem vom Verein beauftragten und beigefügten denkmalfachlichen Gutachten über die Minderung der Ausstrahlungswirkung des 5000 Jahre alten Megalithgrabes durch das geplante Appartementhaus mit acht Parkplätzen und einem überdimensionierten Keller von 150 % der Grundfläche des Gebäudes nicht berücksichtigte. Laut Beschluss sieht die Kammer die Baugenehmigung denkmalschutzrechtlich gewürdigt und beruft sich auf die Anordnung archäologischer Untersuchungen und auf die Anbringung von Sensoren zur Schwingungsmessung der umfangreichen Erdarbeiten für die fast 700 m² große Baugrube. 

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist die denkmalschutzrechtliche Genehmigung durch das Archäologische Landesamt nicht zu beanstanden, obwohl nachweislich während der Aufstellung des B-Planes Nr.7 weder von der unteren Denkmalschutzbehörde in Husum noch vom Archäologischen Landesamt in Schleswig denkmalschutzfachliche Festsetzungen zum Schutze des Denkmals erfolgten. Der Denghoog findet in den sogenannten Rückläufern aus diesen Behörden nicht einmal Erwähnung. 

Eine fehlerhafte Ermessensentscheidung will das Gericht nach summarischer Überprüfung in diesem Eilverfahren dennoch nicht erkannt haben und schreibt im Beschluss, denkmalrechtliche Belange seien abgewogen worden. Diese Ansicht wird vom Vorstand des Vereines nicht geteilt. 

Das Verwaltungsgericht beruft sich auf die aktuellen Aussagen des ALSH, nach dem das geplante Haus zwar etwas größer, aber von den Ausmaßen „noch vertretbar“ sei. Eine Landschaftswirkung sei für die Besucher ohnehin nicht gegeben. Der belaubte Grünstreifen Seite 2 von 3 

sichere den Erlebniswert. Die Abholzung von einigen Bäumen habe hier keine Wirkung. Das Denkmal sei dadurch nicht betroffen. 

Dem steht entgegen, dass seit der Abholzung des südlichen und westlichen Grüngürtels um das Baugrundstück bereits mehrere der hohen Bäume, die als Sichtschutz laut Auflage stehen bleiben sollen, durch die Entstehung einer neuen Windschneise abgängig sind. Dieser zu erhaltende Baumbestand wird unweigerlich durch Weststürme auch weiter dezimiert werden. Der Denghoog wird aus Sicht der Betroffenen als das für die Insel so wichtige Zeugnis früher Besiedelung damit unweigerlich zum Vorgarten eines Appartementhauses. 

Auch der von der Grundstücksgrenze des Denghoog nur 3 m entfernte Parkplatz und der damit verbundene ständige Autoverkehr durch acht Fahrzeuge der Bewohner und diverser Zulieferer, Post und Müllabfuhr direkt neben dem Denkmal sieht das Gericht nicht als Belastung für einen würdigen Museumsbetrieb des Grabes und verweist auf eine „Verbesserung“, da die Zufahrt zum geplanten Appartementhaus nun weiter entfernt läge. Man muss zu dieser Aussage wissen, dass der Pensionsbetrieb im Altgebäude seit 1978 eingestellt wurde und somit nur noch die Müllabfuhr den Weg nutzte. 

Der Vorstand der SÖLRING FORIINING bezieht sich nun auf das Votum der letzten Mitgliederversammlung am 28. März 2020 und wird Beschwerde gegen das Urteil beim Oberverwaltungsgericht einlegen, um dem überregionalen Wert dieses Kulturdenkmales gerecht zu werden und sein Erscheinungsbild für die Insel und folgende Generationen zu sichern. 

Die mit einer Klage verbundenen Kosten stellen für den Verein eine große finanzielle Bürde dar. Der Vorstand bittet alle Sylter und Freunde der Insel um Unterstützung im Kampf um die Unversehrtheit und das würdige Erscheinungsbild des Steinzeitgrabes Denghoog. Jeder Beitrag hilft. 

Kontonummer: Sylt Bank IBAN DE51 2179 1805 0000 0042 51 

Sölring Foriining

Grüne aus Land und Bund informierten zur Marschbahnplanung bei Besuch auf Sylt

Die Bundestagsabgeordnete Dr. Ingrid Nestle aus Itzehoe und Landtagsabgeordneter Dr. Andreas Tietze (Ex-Sylter) sind beide ausgewiesene Verkehrs- und Bahnexperten von Bündnis 90/Die Grünen. Vergangenen Freitag bereisten sie die Insel, führten Gespräche mit Bürgermeister Häckel und Vertretern der Wirtschaft, sowie dem Ortsverband der Grünen auf Sylt.

Die Kritik an der Dieselstrecke war Thema auf der Sylter Klima-Demo in 2019

Das Zentrale Thema war natürlich die Frage, ob eine Autozug-Terminal-Verlegung auf uns zu kommt und wie es mit der Modernisierung der Marschbahnstrecke voran geht.

Hintergrund ist die bevorstehende Herausgabe eines Gutachtens zur Terminal-Verlegung, das vom Land SH bei der NEG (Niebüll) in Auftrag gegeben wurde. Der Entwurf kursiert bereits. Dieses Gutachten wird jedoch von vielen unterschiedlichen Interessengruppen kritisch gesehen, da die NEG selbst Interessen auf der Insel in Sachen Güterverkehr hat und als befangen gilt.

Insofern will sich Andreas Tietze für ein weiteres Ergänzungs-Gutachten stark machen, das eine zweite Meinung zu der „umfangreichen Operation“ geben soll. Die NEG sei vom Land nach einer Ausschreibung gewählt worden, weil sie zertifiziert für solche Gutachten sei und die gute Kenntnis vor Ort habe.

Ingrid Nestle führte aus, dass die Grünen ein hohes Interesse daran haben, die Bahn bundesweit richtig, richtig gut zu machen, in der Hoffnung den innerdeutschen Flug- und Autoverkehr drastisch zu senken. Insofern wäre es aus Grüner Sicht gut, dass die Bundesregierung nun bis zu 600 Millionen Euro in die Modernisierung und Elektrifizierung der Marschbahnstrecke stecken wolle. Das würde letztendlich auch rund 5 Millionen Liter Diesel pro Jahr alleine auf unserem Abschnitt Niebüll – Westerland einsparen. Auf der Gesamtstrecke wären es über 16 Millionen Liter bzw. über 40.000 t Kohlendioxid. Jahr für Jahr. Was die Grüne weniger gut findet, ist die Tatsache, dass durch den CDU-Vorstoss aus dem vergangenen Jahr, der die Marschbahnrenovierung in ein beschleunigtes Verfahren gehievt hatte, der Bund nun mit freier Hand durchregieren und Landbesitzer an der Strecke enteignen könne- und das auch tun werde, um schnell für Besserung zu sorgen. Allerdings sei abzusehen, dass bei einer Investition solcher Größenordnung kein Verständnis bei Bund und Steuerzahlern bestünde, wenn trotz Modernisierung das Gleis in einem unzulänglichen Bahnhof (Westerland) enden würde und damit die Verspätungen auf der gesamten Strecke bis Hamburg bestehen blieben, die durch das Nadelöhr Westerland entstünden. Wenn gleich Sie auf den Einwand der Fraktionsvorsitzenden Maria Andresen, die Verspätungen gingen nicht allein auf das Konto Westerland, zustimmte.

Mit anderen Worten: Die Verlegung des Autozug-Terminals, die erforderlich sei, um den Bahnverkehr im Nadelöhr zu entzerren, ist durch die CDU-Taktik weitaus wahrscheinlicher geworden. Nun bliebe hauptsächlich die Frage, welche Variante angemessen und vertretbar sei. Eine Steigerung des Autoverkehrs durch einen neuen Terminal sehen die beiden Grünen nicht. „Die Zahlen der von Autozügen in den vergangenen Jahren transportierten KFZ haben trotz des Blauen Autozuges nicht zugenommen“, so Andreas Tietze. Wir erhoffen uns davon eher eine Reduzierung des Autoverkehrs, da die Personenzüge zwischen HH und Westerland dann richtig gut und schnell werden können“. 2025 enden die Verträge zwischen Land und Bahnanbietern. Wenn in den nächsten 1,5 Jahren die Entscheidung zur Verlegung getroffen werden könnte, wäre gegen Ende des Jahrzehnts mit einer kompletten Fertigstellung des Projektes zu rechnen.

Lothar Koch vom OV Sylt und Margot Böhm die Kreisvertreterin des OVs, merkten an, dass es nicht bei einem Gutachten bleiben könne, das „eingleisig“ die Bahn betrachten würde. Vielmehr würde eine Verlegung des Terminals zu unberechenbaren Folgen im insularen Verkehr führen. Deswegen solle an das zweite avisierte Gutachten gleich ein Mobilitätskonzept für die Insel angehängt werden, immer mit dem Ziel, individuellen motorisierten Nahverkehr zu vermindern.
„Das werden wir prüfen“, sagte Andreas Tietze, allerdings müssen dergleichen Fragen sinnvoll in das Ergänzungs-Gutachten eingebracht werden, da dafür ein gesonderter Finanztopf zur Verfügung stünde der nur auf das „Problem Autozug“ zugeschnitten sei. (Ein Extra-Gutachten für Mobilität auf Sylt könne man sonst ggf. beim Umweltministerium des Landes nachfragen.) Dabei wären die Sylter Gemeinden jetzt in der Bringeschuld, entsprechende Fragen als Antrag beim Land zu formulieren.


Ein Vorteil, den ein neuer Verladeterminal bringen könne, so Tietze, sei die Tatsache, dass darüber die Gemeinden die Hoheit hätten, statt wie derzeit die DB-Sylt Shuttle beim Bahnhof Westerland. Die Gemeinden könnten dann also Preise und Rahmenbedingungen festsetzen und damit auch an der Stellschraube Autozug mit drehen und zusätzliche Einnahmen machen. Auch über eine Reservierungspflicht der KFZ auf Autozügen könnten dann die Sylter Gemeinden bestimmen.

Lothar Koch

Es wird ZEIT FÜR EINEN SYLT CHECK

Corona soll eine Veränderung im positiven Sinne bewirken, wünschen sich Viele auch auf Sylt. Insofern ist es begrüssenswert, wenn jetzt UnternehmerInnen mit neuen Ideen in die Öffentlichkeit treten. Allerdings muss genau geschaut werden, ob damit lediglich neue Umsatzmöglichkeiten für einzelne Privatleute geschaffen werden, oder ob die Ideen der Insel, dem Gemeinwohl und der Nachhaltigkeit dienen, kurz: syltverträglich sind.
In den letzten Tagen kamen zwei solcher Ideen auf den „Markt“, die es nun zu prüfen gilt. Ein Autokino als Dauereinrichtung, bis es zu kalt wird auf dem Parkplatz Oase zur Sonne/Westerland (Diehle & Osterhage) und eine Expeditionskreuzfahrt mit einem echten Eisbrecher durch den Nationalpark Wattenmeer mit Anlandung in List. (Adler Reederei)

Leider muss die Prüfung im Nachhinein erfolgen, denn genehmigt sind sie von Verwaltungsstellen bereits. Das sollte jedoch nicht daran hindern, dass diese Projekt einem „Sylt-Check“ unterzogen werden. Dafür gibt es ein gleichnamiges Instrument, das die Natur- und Heimatverbände zu Jahresbeginn vorstellten. Ein Raster, mit dem insulare Projekte auf ihre Syltverträglichkeit geprüft werden können. (s. hier).

Hier schon einmal die Analyse des NaturReporters vorweg, bevor sich ein Gremium der Verbände mit dem Punktesystem an die Arbeit macht.

Zur Idee Auto-Kino Sylt

Naturschutzargumente gegen das Vorhaben fallen weitgehend flach, da die Untere Naturschutzbehörde des Kreises bereits zugestimmt hat. Der Parkplatz gehört dem ISTS, die umgebende Dünenlandschaft ist kein Naturschutzgebiet, Arten werden angeblich nicht gefährdet. Es bleibt nur die Lichtverschmutzung, ob dadurch Insekten gefährdet wären, wäre eine berechtigte Frage.

– Nachhaltigkeitsfrage Landschaftsschutz: Für das Projekt wird keine Infrastruktur geschaffen, die nicht jederzeit wieder abgebaut werden kann. Offenbar wird die aufblasbare Leinwand nur zur Veranstaltung hochgezogen. Ton läuft über Radio. Dennoch wird für einen Zeitraum der Aufführung, und das über Wochen, Unruhe und Beleuchtung an einem Ort herrschen, der sonst zu der Tages- & Nachtzeit in Stille liegt.

-Nachhaltigkeit im ökonomisch/sozialen Sinn: Durch das Angebot könnte das bestehende Kino in Westerland ökonomisch leiden. Eine Insolvenz würde zum Wegfall des Kinoangebotes für Einheimische und Gäste im gesamten Jahresverlauf führen. Das wäre nicht hinnehmbar.

– Nachhaltigkeit hinsichtlich Mobilität/Klimaschutz: Durch ein Autokino wird ein weiterer Anreiz geschaffen, das Auto nach Sylt mitzubringen, bzw. das Auto in Bewegung zu setzen. Damit kontakariert so ein Angebot den derzeitigen Wunsch vieler Interessengruppen und Parteien für immer weniger Auoverkehr zu sorgen.

Nachhaltigleit hinsichtlich insularem Image/Syltverträglichkeit: Es wird ein völlig neuer Eventplatz aufgemacht. Es ist nicht auszuschliessen, dass über einen solchen Präzedenzfall, am selben Ort bald weitere Begehrlichkeiten entstehen, oder auch weitere Orte in der Richtung aufgemacht werden. Sylt wird immer mehr zu einem grossen unruhigen Eventpark. Das drängt das Image weiter weg von dem Wunschbild „Insel der Natur, der Elemente, der Ruhe und des heilsamen Genusses“.

– Political Correctness: In der derzeitigen Diskussionslage auf der Insel, ist es ein Unding, dass solche ein Projekt von den Betreibern und ISTS/Gemeinde still und heimlich beantragt und genehmigt wird, ohne vorher die breitere Diskussion zu suchen.

Was tun?

Was wäre mit der Alternative „Eventplatz bei Halle 28″oder Brandenburger Platz für ein Autokino herzurichten, um die Idee nicht völlig abzublocken?

Wenn nicht verhinderbar: Rahmenbedingungen festsetzen: keine Gastronomie (Foodtrucks o.ä.) erlauben. Motor darf während der Veranstaltung nicht laufen, etc..

oder etwas für Nachhaltigkeit rausholen: Es dürfen nur E-mobile Gäste Kino gucken- dafür gibt es Ladesäulen auf den Parkplatz Oase.

Parkplatz Oase wird zum Dauerabstellplatz für Gästeautos nach dem Prinzip Norderney (mit dem Auto anreisen Ja, aber während des Urlaubs stehen lassen). Je länger du stehst, umso günstiger/kostenfrei wird das Parken. Als Zuckerl kannst Du in deinen drei Wochen dort Autokino gucken.

Idee Expedionskreuzfahrt durch den Nationalpark Wattenmeer

Betrachtet wird nur die Sylt Perspektive, nicht die Reststrecke im Nationalpark, die vermutlich sogar sensibler ist.

Umweltschutz: Der „Eisbrecher“ ist sicherlich eines der grössten Schiffe die in List anlegen. Entsprechend dürfte der Treibstoff der umweltschädlichen Norm entsprechen. Der Betreiber hat angekündigt, den CO2 Verbrauch zu kompensieren. Das hält die Luftverschmutzung vor Ort aber nicht auf.

Naturschutz/Soziales: Die Anzahl von knapp 50 Gästen, die sich aus dem Kreuzfahrer ergiessen ist angesichts der Massen im Lister Hafen zu vernachlässigen. Die Gäste werden von Guides intensiv zur Wattenökologie informiert.
Kritisch könnte der Einsatz von Schlauchbooten sein, wenn Seehundbänke u.ä. Rastplätze angefahren werden sollten. Auf Sylt sollen Museen und Naturschutzeinrichtungen besucht werden.

Insgesamt ist aus sylter Perspektive gegen diese Art von Kreuzfahrt in dieser Dimension wohl nichts einzuwenden. Es darf dadurch aber kein Präzedenzfall für grössere Kreuzfahrer mit viel mehr Gästen geschaffen werden. Für den Einsatz von Zodiaks müssen durch die Nationalparkverwaltung strenge Rahmenbedingungen zum Schutz der Wildtiere geschaffen werden.
Wünschenswert wäre es, wenn die Adler Reederei im Gegenzug eher störende und unpassende Veranstaltungen im Naturerbe Wattenmeer einstellen würde, wie beispielsweise die Disko-Fahrt ins Watt, die mehrmals pro Saison stattfindet.

Lothar Koch