Pottwalstrandung bei Hörnum

Bereits am Freitagabend den 15.2.2025 wurde der Schutzstation Wattenmeer in Hörnum / Sylt ein Wal gemeldet, der westlich vor der Insel treiben würde. Am Samstag früh trieb der Kadaver südlich der Hörnum-Odde und später östlich des Ortes. Muschelfischer schleppten ihn schließlich vor den Hafen und sicherten ihn dort. Das männliche, etwa 12 bis 14 Meter lange Tier ist offenbar schon einige Zeit tot. Voraussichtlich am Montag soll es genauer untersucht und dann abtransportiert werden.

Bis dahin sollte man sich dem stinkenden Kadaver auch nicht per Boot nähern. Wegen der Verwesungsgase liegt er entsprechend hoch im Wasser und ist am Rücken offenbar schon einmal aufgeplatzt. Unter dem Druck der Gase könnte er auch an anderen Stellen explosionsartig platzen.

Pottwale sind mit bis gut 20 m Länge und teils über 50 t Gewicht die größten Zahnwal der Welt. Sie sind Spezialisten im Tieftauchen und bleiben auf der Jagd oft 1,5 Stunden unter Wasser, wobei sie 3000 m Tiefe erreichen können. Verirren sich Pottwale in die flache Nordsee, stranden sie hier oft – wie zuletzt 2016, als 30 Pottwale hier verunglückten, davon 12 in deutschen Wattenmeer (https://www.schutzstation-wattenmeer.de/…/gestrandete…/).

Teilweise sterben die Wale auch an Plastik im Magen oder weil sie sich in Seile oder Netzreste verwickeln. Nur Männchen kommen bis in die Nordsee, da die nur etwa 12 m großen Weibchen kühle Gewässer meiden und in den Subtropen bleiben.

Der riesige vorgewölbte Kopf des Pottwals ist mit einem körpereigenen Öl gefüllt, das früher als Schmieröl sehr begehrt war. Die bis zu 30 cm dicke Speckschicht der Wale wurde ausgekocht und ergab z.B. Lampenöl, ehe das Petroleum aus Erdöl für diesen Zweck eingesetzt wurde.

Pottwale wurden ab etwa 1810 weltweit gejagt, wobei industrielle Fangschiffe um 1960 wahre Gemetzel mit bis zu 250.000 getöteten Pottwalen pro Jahr anrichteten. Die Jagd wurde 1983 verboten und es ist unklar, wie viele Pottwale es noch gibt, da sie weltweit wandern. Die Männchen ziehen im Sommer in die Polarmeere, wobei die jüngeren Bullen bis etwa zum 30. Lebensjahr in Gruppen wandern und so möglicherweise die Wege von älteren Gruppenmitgliedern kennenlernen. Dass seit einigen Jahrzehnten immer wieder ganze Gruppen von Jungbullen stranden, könnte ein Folge der Bejagung sein, die alle erfahrenen Bullen getötet hat und das Traditionswissen über sichere Zugwege zerstört haben könnte. Sonnenstürme, die das Magnetfeld der Erde „vernebeln“, sind auch oft Auslöser von Pottwalstrandungen.

Die Jagdtechnik der Pottwale ist noch immer noch nicht sicher erforscht, aber besteht vermutlich darin, dass sie Fische oder Tintenfische „bewusstlos brüllen“, also durch sehr laute Schallwellen von bis zu 230 dB lähmen und dann verschlucken. Kämpfe mit Tiefsee-Riesenkraken gibt es auch, manche Pottwale haben Abdrücke der Saugnäpfe dieser Tintenfische auf der Nase. Im Magen von Pottwalen finden sich oft Hunderte von Hornschnäbeln von Tintenfischen, was Rückschlüsse auf die letzten Mahlzeiten der Wale erlaubt.

Fotos :Schutzstation Wattenmeer

Weitere Informationen: https://www.schutzstation-wattenmeer.de/…/pottwalstran…/

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Dies ist eine Pressemiteilung der Schutzstation Wattenmeer

Der Weg zum Walschutzgebiet- eine Erfolgsgeschichte im Naturschutz

Anlässlich des 25 jährigen Bestehens des grössten deutschen Schutzgebietes blickt Wegbereiter Lothar Koch zurück auf die Anfänge.

Foto: L.Koch

Hier geht es zum Video-Interview mit Lothar Koch: Der Weg zum Walschutzgebiet vor Sylt :

Das gekürzte Interview (8 min): https://youtu.be/SoLAANmpPVA

Das komplette Interview (16 min): https://youtu.be/3GcruIHZJSY

1985: Der Schweinswal, das unbekannte Wesen

„Die Schweinswale sind Syltern seit Jahrhunderten als kleine Tümmler oder Meerschweine bekannt. Ab Ende der 1960 Jahre jedoch, wurden bis ca. 1988 vor Sylt kaum noch Sichtungen und Totfunde registriert. In den achtziger Jahren erregte der WORLD WILDLIFE FUND (WWF) mit einer bei britischen Wissenschaftlern in Auftrag gegebenen Literaturstudie Aufmerksamkeit, in der auf einen Rückgang der Bestände und erhebliche Wissenslücken über die Tierart berichtet wurde. Inzwischen vermutet man, dass der Nordseebestand dieser Tierart damals um bis zu 90 % geschrumpft war. Wissenschaftliche Studien an lebendigen Walen in deutschen Gewässern gab es zu jener Zeit demzufolge nicht.

Die Tiergruppe „Wale“ wurde daher, auch seitens der Wissenschaft, nicht wirklich ernsthaft dem nationalen Tierartenkatalog zugeordnet. Forschungen an Cetaceen (Wale und Delphine) begrenzten sich in Deutschland auf Studien an musealen Knochenfunden dieser Meeressäugetiere und Kirchenchroniken über Walstrandungen. Aufgeschreckt durch Warnsignale des WWF im Jahre 1985 und aus der Wissenschaft äußerte die EUROPÄISCHE GESELLSCHAFT DER WALFORSCHER (ECS) auf ihrer ersten Konferenz im Jahre 1987 erstmals offiziell ihre Besorgnis um die Schweinswalbestände in nordeuropäischen Gewässern („Statement of concern“).

1988: Der Tod der Seehunde bringt Leben in den Meeressäugerschutz

Dann brach 1988 das große Seehundsterben mit über 23 000 toten Tieren über die Küsten der Nord-und Ostseestaaten herein und lenkte die Aufmerksamkeit auf den Schutz der heimischen Meeressäuger. Vor dem Hintergrund langjähriger Umweltschutzbemühungen in Nord- und Ostsee seitens zahlreicher Verbände, wie Greenpeace, Aktionskonferenz Nordsee, Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer und anderer, sowie dem seinerzeit ohnehin hochdiskutierten Thema Umweltverschmutzung, galt die massiv sichtbare Seuche unter den Nordseerobben als aufrüttelndes Warnsignal an die Politik, umgehend die Qualität der Hausmeere zu verbessern.

Bereits 1985 und 1986 waren an Schleswig-Holsteins und Niedersachsens Nordseeküste die Nationalparke Wattenmeer eingerichtet worden. Der Ausweisung dieser Schutzgebiete ging ein harter Diskussionskampf widerstreitenden Parteien voran (Fischern, Jägern, Bauern, Wassersportler, Tourismus versus Natur- und Umweltschutz). Fast alle Inselpolitiker zwischen Borkum und Sylt zeigten beim Thema Nationalpark wenig Begeisterung, weil sie Einschränkungen in der persönlichen Freiheit, dem Tourismus und beim Küstenschutz befürchteten. Das Seehundsterben änderte die Grundstimmung hinsichtlich des Meeresschutzes schlagartig. Plötzlich sammelten sich Entschlossene aus unterschiedlichsten Lagern, um etwas für „Ihre Nordsee“ zu tun. Zahlreiche Aktionen und Konferenzen folgten.


1989: Die Kegelrobben kehren zurück


Im Winter 1988/89 entdeckten Mitarbeiter der Schutzstation Wattenmeer in Hörnum eine kleine weiße Robbe am Dünenfuß der Südspitze Sylts. Bald stellte sich heraus, dass es sich um eine neugeborene Kegelrobbe im Lanugofell handelte. Bis dahin hatte, bis auf wenige Experten, keiner vermutet und gewusst, dass es neben den Seehunden auch Kegelrobben in diesen Gewässern gab. Meine Mitarbeiter und ich mussten also mühsam Informationen zu dieser „neuen“ Tierart zusammenholen. Wir reisten bis an die Britische Ostküste, um Genaueres über die Kegelrobben in der Meeressäuger-Forschungsabteilung der Schottischen Universität St. Andrews zu erfahren. An der schottischen Küste leben in großen Zahlen Kegelrobben auf vorgelagerten Felsen. Dort lernten wir, dass die Tiere, ganz anders als Seehunde, ihre Jungen im Winter zur Welt bringen.
Der Nationalpark Wattenmeer bekam also quasi eine „neue Tierart“, wenngleich später bekannt wurde, dass Knochenfunde von Archäologen die Anwesenheit der Tierart im Wattenmeer für das Mittelalter belegen.
Der Fund des Kegelrobbenjungtiers von Sylt war schon eine kleine Sensation, die kurz vor Weihnachten für viel Anklang in der bundesweiten Presse sorgte, eben auch, weil es nach all den Schreckensmeldungen vom Seehundsterben, einmal eine positive Nachricht in Zusammenhang mit Robben an unserer Küste gab. So wurde also der Blick von Naturschützern und Medien immer mehr auf die Meeressäuger gelenkt und es war kein Wunder, dass im Jahr 1990 auch der Schweinswal zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses geriet.

1990: Durchbruch für die Schweinswal-Forschung

Das Nationalparkamt, der WWF und die Schutzstation Wattenmeer hatten bereits 1989 Meldebögen zur Erfassung von toten und lebendigen Schweinswalen drucken lassen, um angesichts der seit 1988 ansteigenden Totfunde mehr Licht ins Dunkel der Schweinswalverbreitung zu bekommen. Wir verteilten die Fragebögen an Segler, Insulaner und Urlauber, um Zufallssichtungen zu registrieren. Bald zeigte sich, dass der Rücklauf von Sichtungen immer mehr wurde.

Mit Hilfe dieser Aktivitäten konnte allmählich ein Entscheidungsdruck in Richtung Wissenschaft und Politik aufgebaut werden. Ab 1990 war es dann soweit: Es wurden der Universität Kiel Bundesmittel für ein ein dreijähriges Forschungsvorhaben mit dem Titel „Untersuchungen über Bestand, Gesundheitszustand und Wanderungen der Kleinwalpopulationen in deutschen Gewässern“, bewilligt. Das Projekt stand unter der Leitung Dr. HARALD BENKEs von der Universität Kiel.


Unterdessen, überlegten wir von der Schutzstation Wattenmeer, wie die Sichtungsdaten noch hieb- und stichfester erfasst werden könnten. Angeregt durch ein ehrenamtliches Walzählerprojekt an der britischen Küste, rief ich die auf Sylt aktiven Naturschutzverbände und interessierten Einzelpersonen zusammen und kreierte die erste Wal-Synchronzählung an der deutschen Küste.

Dieses Projekt unterschied sich von den Urlauber-Meldebögen durch seine Systematik und den berechenbaren Aufwand. An zwanzig Standorten zwischen List und Hörnum postierten sich alle vierzehn Tage Walzähler. Zur gleichen Zeit wurden also alle sichtbaren Wale entlang der ca. 40 km langen Westseite von Sylt gezählt. Die Synchronzählung brachte zuverlässigere Daten als die Zufallssichtung und wurde über 10 Jahre zwischen 1991 und 2000 durchgeführt. Der Vorteil war offensichtlich: Obgleich Wissenschaftler das Projekt skeptisch beäugten, konnten so eine fundiertere Informationsarbeit und damit auch eine glaubwürdigere Pressearbeit gestartet werden. Die Aussage mancher Sylter, es würde dort nur ein einziger Schweinswal auf- und abschwimmen, der von Urlaubern immer wieder gezählt werden würde, konnte mittels der Synchrondaten beispielsweise leicht entkräftet werden. Auch konnten wir so beweisen, dass sich die Kleinwale hier rund um´s Jahr, aber in höheren Zahlen im Frühjahr und Herbst einstellen. Und das Wichtigste: dass ab Juni überwiegend Mutter-Kalbgruppen gesichtet wurden. Wir hatten es also hier mit einer Kinderstube der Kleinwale zu tun.

1992: Durchbruch für den europäischen Kleinwalschutz

Ich erinnere mich noch genau, wie ich im Frühjahr 1990 im Büro der Schutzstations-Holzbaracke vor einer alten rostigen Schreibmaschine vom Typ „Gabriele“ saß. Computer gab es damals hier noch nicht. Ich tippte mit Gabriele eine denkwürdige Pressemitteilung, Schlagzeile: „Schweinswale kalben vor Sylt“. Diese Meldung verbreitete sich aus der kleinen Naturschutzhütte über die Presseagenturen wie ein Lauffeuer über die Republik und stand am nächsten Tag in allen Zeitungen. Es war der Beginn einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit für „Deutschlands kleine Wale“.

Zeichnung Martin Camm

Unser Sichtungsaufwand und unsere Pressearbeit, sowie Aktivitäten anderer Verbände, Ämter und Institute führten letztlich dazu, dass sich die EU dem Thema immer mehr annahm. Zahlreiche Anrainerstaaten unterzeichneten 1992 das Regionalabkommen zur Erhaltung der Schweinswale in Nord- und Ostsee (ASCOBANS). Gleichzeitig setzte die EU den Schweinswal auf Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. In Anhang II werden Tierarten gelistet, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden sollten. Ab 1994 bewilligte die EU weitere Mittel für die Schweinswalforschung. Dr. Harald Benke und seine Kollegen bekamen den Zuschlag für weitere Forschung an Kleinwalen in deutschen Gewässern und europaweit wurde mit internationaler Beteiligung das SCANS-Projekt durchgeführt. Dieses Kürzel stand für eine breit angelegte Synchronzählung von Walen in Nord-und Ostsee, die mit Schiffen und Flugzeugen umgesetzt wurde und vier Wochen lang, im Sommer 1994 in einer konzertierten Aktion ablief. Dabei wurde deutlich, dass sich die Kleinwale in der Nordsee nicht flächendeckend gleichmäßig verteilen, sondern vermehrt an bestimmten Bereichen sammeln, sogenannten „Hot Spots“. Auch wurden Kalbungs- und Paarungsgebiete ausgemacht. Dass dazu auch die Gewässer vor Sylt und Amrum gehören, wurde mit SCANS nun wissenschaftlich bestätigt, nachdem wir von der Schutzstation es ja schon einige Jahre zuvor gemeldet hatten. Im gleichen Jahr verabschiedete der Bundestag das erste „Kleinwalgesetz“, das die gesetzliche Grundlage zur Umsetzung des europäischen ASCOBANS-Abkommen in Deutschland legte.

1996: Die neue Schutzgebietsdebatte

Die politische Forderung, nach einem Walschutzgebiet vor Sylt und Amrum, wurde offiziell erstmalig 1996 auf einer Konferenz der Deutschen Kleinwal-AG formuliert, einem Zusammenschluss deutscher Wissenschaftler, relevanter Ämter und Naturschutzverbandsvertreter. Diese Forderung traf mitten in die hitzige Debatte um die Novellierung des Nationalparkgesetzes des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeers von 1985. Als Grundlage für die Gesetzesnovellierung diente ein Ökosystem-Systemforschungsbericht, der die Forschung der vergangenen Jahrzehnte zusammenfasste und Verbesserungen anmahnte. Doch wieder gab es heftigen Gegenwind an der Küste zu dem Vorhaben, vor allem seitens der Fischerei und anderer Interessengruppen im Nationalpark. Auf Sylt war die Stimmung tendenziell jedoch pro Schweinswalschutzgebiet und Nationalpark. Westerlands Bürgermeisterin Petra Reiber und Vertreter des Landschaftszweckverbandes Sylt, ließen sich davon überzeugen, dass eine Ausweisung mehr Vor- als Nachteile für die insulare Entwicklung bringen würde.

1999: Europas erstes Walschutzgebiet ist besiegelt



Im Dezember 1999 war es nach einigen Jahren heftiger Auseinandersetzungen dann soweit: Im Zuge der Nationalparkgesetz-Novellierung wurde das erste europäische Schutzgebiet für Wale ausgerechnet vor zwei deutschen Nordseeinseln, nämlich Sylt und Amrum, ausgewiesen. Die unter Schutz gestellte Meeresfläche hat eine Größe von 124 000 Hektar (1240 qkm) und erstreckt sich zwischen der Dänischen Grenze und der Südspitze Amrums bis zur Zwölf-Seemeilen-Grenze als Zone 2 des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Die offene Nordsee vor Sylt wurde so als ein wichtiges und schützenswertes Ökosystem aufgewertet, in dem neben den Schweinswalen auch Seehunde, Kegelrobben, Trauerenten, Stern- und Prachttaucher und viele andere bedrohte Meerestiere ein Refugium finden sollen. Dank einer jahrelangen, konzertierten und ausdauernden Aktion von Umweltverbänden, Naturschutzämtern und Forschungsinstituten ist heute deutlich geworden, dass die Nordsee nicht nur ein schönes Badegewässer und eine wichtige Fischereizone und Schifffahrtsstraße ist, sondern vor allem ein lebendiges, schützenswertes Ökosystem.

© Lothar Koch, Dünengrund 14, 25980 Sylt/Rantum, Tel:04651201088, info@syltopia.de

„Ich mache keinen Krummen Dinger“

von der BürgerIni Merret reicht´s – aus Liebe zu Sylt

Die Hecken abgeholzt, die Kinderspielwiese umgegraben, die Fenster vernagelt, die Wohnhäuser mit Bauzäunen umschlossen, die Mieter mit falschen und viel zu hohen Nebenkostenabrechnungen schikaniert und mit ständigen Besuchen zum Auszug gedrängt. Es gab keine Reinigung mehr, der Strom fiel aus. Vor fünfzehn Jahren vertrieb die SL Immobilien GmbH aus Bremen 22 Sylter Familien erfolgreich aus ihren Mietwohnungen in den gelben Mehrfamilienhäusern am unteren Ende der Bomhoffstraße in Westerland. 

Unmenschlicher Umgang“ mit Sylter Familien

„Das war der härteste Umgang, den ich je mit Mietern in ganz Schleswig-Holstein erlebt habe“, erklärte Stephan Sombrutzki vom Kieler Mieterverein, an den sich die Familien schutzsuchend gewandt hatten. Als „unmenschlich“ brandmarkte der damalige Vorsitzende des Bauausschusses Holger Flessau (CDU) das Vorgehen des Bremer Investors, der dort eine neue Wohnanlage errichten wollte. „Das ist einfach unmöglich“, beklagte Bürgermeisterin Petra Reiber und wollte die Häuser sogar beschlagnahmen lassen. 

In den Gemeinderatssitzungen ging es über Monate hoch her. Der Berg kreißte – gebar aber am Ende nur eine Maus. Man einigte sich auf ein paar Zeilen Resolution: „Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen und verurteilen den Menschen verachtenden Umgang der Bremer SL Immobilien GmbH.“ Mehr war offenbar nicht drin. 22 Sylter Familien verloren ihr Zuhause. Angeblich machtlos die Politik. „Baurechtlich war das nicht zu verhindern“, ließ sich Holger Flessau zitieren. Rein rechtlich sahen sich die Gemeindevertreter außerstande, die Mieter zu schützen. 

Dauerwohnungen gingen in die Ferienvermietung

In der entscheidenden Sitzung waren sie alle anwesend, die heute immer noch die Geschicke der Gemeinde lenken: Günther Frank, Kay Abeling, Eberhard Eberle, Gerd Nielsen, Carsten Kerkamm und auch Manfred Uekermann, mittlerweile Landtagsabgeordneter. Anfang 2010 waren die Wohnungen dann schließlich erfolgreich entmietet. Die zwischen den Häusern gelegene Grünfläche, wo bisher Kinder spielten, wurde einer „sinnvollen“ Nutzung zugeführt. Hier entstanden Parkplätze für Feriengäste.

Nach der Fertigstellung gingen nahezu alle 22 Einheiten in die Ferienvermietung. Von Anfang an ein unsauberer Deal. Denn die gesamte Anlage durfte laut Baugenehmigung ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Der Bebauungsplan ließ daran überhaupt keinen Zweifel. Doch niemand rührte eine Hand, niemand kontrollierte, niemand griff ins Getriebe, und so geriet diese unschöne Episode insularer Wohnraumvernichtung wie so viele andere in Vergessenheit. 

Käuferin zahlte 1 Mio für eine illegale Fewo

Auch Frau Brinkmann (Name geändert) wusste davon nichts, als ihr im Spätsommer 2022 eine Zeitungsannonce der Sylter Firma RT Immobilien auffiel, in der eine Zwei-Zimmer-Erdgeschosswohnung in der Bomhoffstraße 17 für 950.000 Euro mit „eingeführter Ferienvermietung“ angeboten wurde. Die Geschäftsfrau aus Niedersachsen war auf der Suche nach einer Kapitalanlage mit guter Rendite. Sie zögerte. Denn für eine 65m²-Wohnung mit allen Nebenkosten rund 1,1 Millionen Euro zu bezahlen, erschien ihr selbst für Sylter Verhältnisse überteuert, immerhin sollte der Quadratmeter umgerechnet 17.000 Euro kosten. Der Verkäufer, ein Sylter Unternehmer, der im Immobiliengeschäft einen guten Ruf genießt, zeigte sich gesprächsbereit und ließ sich auf Verhandlungen ein. Frau Brinkmann unterschrieb schließlich den Kaufvertrag und zahlte knapp eine Million für zwei Zimmer und eine kleine Terrasse. Darin enthalten war auch ein saftiges Honorar für den testierenden Notar. Auch kein Unbekannter, ganz im Gegenteil. Dieser Sylter Notar setzte seine Unterschrift unter einen Kaufvertrag, in dem sich Frau Brinkmann ausdrücklich zusichern ließ, dass es sich bei der Eigentumswohnung um eine „Ferienwohnung“ mit entsprechender Genehmigung handelte (Merret liegt der Kaufvertrag mit allen Unterschriften vor). Denn auch Frau Brinkmann hatte mittlerweile registriert, dass man sich bei diesem heiklen Thema besser absicherte. Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel. 

Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel

Dann das böse Erwachen, als Frau Brinkmann anschließend die Baugenehmigung einsah: Dauerwohnung! Und der Schock wurde noch größer, als ihr klar wurde, dass sie sich im Kaufvertrag sogar verpflichtet hatte, die Vermietagentur weiterzubeschäftigen. Das gab ihr den Rest. „Ich war vertraglich gezwungen, illegal an Feriengäste zu vermieten. Aber ich mache keine krummen Dinger. Das habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht.“ Sofort fordert sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrags ein. Sie fühlt sich betrogen und getäuscht „von diesen angeblich so renommierten Insulanern, die hier alles miteinander verquicken“, Ämter, Posten, Finanzierungen, Vermittlungen und Testate. „Sie haben mich alle zusammen aufs Kreuz gelegt.“ Doch von einer Rückabwicklung will bis heute niemand etwas wissen. Frau Brinkmann hat Fristen gesetzt. Die sind längst verstrichen, Monate sind vergangen, Frau Brinkmann verlor irgendwann die Geduld. Im Juli dieses Jahres (2024) reichte sie über eine Westerländer Kanzlei Klage ein. „Das könnte mich jetzt nochmal richtig Geld kosten, aber das ist es mir wert. Und mir ist klar, ich nehme es hier mit den Spitzen der Sylter Gesellschaft auf.“ 

Geld zurück? Die Gerichte müssen entscheiden

Zufall oder nicht, auf einmal gibt es für die Bomhoffstraße und das Gebiet drumherum einen neuen Bebauungsplan. Plötzlich ist Ferienwohnen dort erlaubt. Und wie Frau Brinkmann feststellen durfte, hat jemand für ihre neue Eigentumswohnung einen Umnutzungsantrag gestellt. Das war nicht sie selbst. Sie wusste gar nichts davon. Sie wusste auch nicht, dass das überhaupt möglich ist, dass Nicht-Eigentümer für eine Wohnung, die ihnen nicht gehört, eine Nutzungsänderung beantragen können. Und sie hat es auch gar nicht gewollt. 

Nun verlangt sie erst recht ihr Geld zurück. „Das geht doch hier nicht mit rechten Dingen zu.“ 

Ausgang offen. Das Verfahren läuft. Verstrickt sind in diesen Fall die ganz Großen dieser Insel. Keine Auswärtigen. Diese wohlbekannten Leute haben sich gleich mehrfach persönlich bereichert und davon profitiert, dass vor fünfzehn Jahren 22 Sylter Familien in der Bomhoffstraße ihr (bezahlbares) Zuhause verloren. Durch ungerechtfertigte Mieteinnahmen, überteuerte Preise und Provisionen, die sich auf falsche Fakten stützten. Kein Einzelfall. Auf Merret-Nachfrage bestätigen Sylter Anwälte, dass immer mehr Schadenersatzforderungen eingehen, weil Immobilien überall auf der Insel mit solchen „Mängeln behaftet“ und deshalb zu teuer verkauft worden seien. 

Merret fordert sauberen Umgang mit den Fakten

Aus Merrets Sicht ist es höchste Zeit, endlich aufzuräumen. Es ist Zeit, sich ehrlich zu machen. Politiker dürfen nicht gleichzeitig die Rahmensetzung der Sylter Baupolitik bestimmen und sich anschließend über geltendes Recht hinwegsetzen, um auch noch persönlich wirtschaftlich davon zu profitieren. Schwer erträglich wird es dann, wenn dieselben Politiker auch noch öffentlich fordern, die Behörden mögen über diese Rechtsverstöße hinwegsehen, weil sonst die Sylter Wirtschaft zusammenbrechen würde. 

Diese Praktiken beschädigen das Image der Insel viel nachhaltiger als eine Horde Punks auf einer Festwiese. Es ist allerhöchste Zeit, dass Sylt endlich supergute Bebauungspläne bekommt, die die Bevölkerung schützen und den Zuzug von Familien und Normalverdienern ermöglichen, weil sie genügend Dauerwohnungen vorschreiben. Hoffentlich erfüllt der „B-Plan 28“, der als Blaupause für den künftigen Umgang mit Immobiliennutzung dienen soll, diese hohen Erwartungen. 

Dies ist Artikel der Bürgerinitiative „Merret reicht´s- aus Liebe zu Sylt (nicht von Lothar Koch).
Alle Namen der beteiligten Personen sind Merret bekannt. 

( https://merret-sylt.de, Fotos: Moritz Unruh und Merret reicht’s)

Fischerei hat die stärkere Lobby

Joshua Hirschfeld von der Sylter Rundschau im Gespräch mit Lothar Koch
zum 25. jährigen Bestehen des Walschutzgebietes vor Sylt


Herr Koch, die Zahl der Schweinswale vor Sylt geht zurück. Jährlich um 3,8 Prozent, glaubt man der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Hand aufs Herz: Das Walschutzgebiet hat‘s nicht gebracht, oder?

Lothar Koch/ Foto: J.Hirschfeld/SR

Man muss das grössere Bild sehen, also das Schutzgebiet nordseeweit einordnen.  Das sylter Walschutzgebiet ist nur ein kleiner Mosaikstein von vielen notwendigen Meeresschutzmassnahmen. Sylt ist nach wie vor ein wichtiges Kalbungs- und Aufzuchtgebiet für Schweinswale. Deswegen bleibt das Schutzgebiet unverzichtbar.

Dennoch: Die Zahl der Schweinswale vor Sylt geht zurück. Gleichzeitig ist der Bestand in der gesamten Nordsee relativ stabil. Wie kann das sein, wenn es doch hier extra ein Walschutzgebiet gibt?

Es gibt sicher viele Faktoren, die da reinspielen. Faktor Nummer eins wird das Nahrungsangebot sein. Aber auch Störungen durch Windparks und Schiffe können eine Rolle spielen. Der Schweinswalbestand verlagert sich von hier offenbar südwestwärts Richtung Holland. Das verwundert, denn besonders im Walschutzgebiet  ist es deutlich ruhiger als dort. Vor den ostfriesischen Inseln zum Beispiel haben wir eine der meistbefahrenen Schifffahrtslinien Europas. Aber: Schweinswale müssen permanent fressen, um zu überleben. Alles andere ist da nachgeordnet. Der Schweinswal entscheidet sich dann das Risiko einzugehen, in einen gestörten Bereich zu wandern, wenn nicht genug Nahrung verfügbar ist. 

Das bedeutet, dass eines der Ziele des Walschutzgebiets, das Nahrungsangebot für die Schweinswale vor Sylt stabil zu halten, verfehlt wurde.

Man kann das Thema Nahrung nicht auf die relativ kleine Fläche des Walschutzgebietes beziehen. Hier geht es eher um grössere Küstenwanderungen geeigneter Nahrungsfische, denen die Schweinswale hinterher ziehen. Dennoch,  Die Fischerei unterliegt in den Meeresschutzgebieten  kaum Einschränkungen. Besonders die Stellnetz- Fischerei ist der Faktor, der Schweinswale am meisten durch unbeabsichtigten Beifang gefährdet.. Und es gelang bisher nicht, diese aus den Schutzgebieten zu verbannen. Die internationale Fischerei hat eine stärkere Lobby als der Meeresschutz.

Es gab also von Anfang an Lücken im Konstrukt Walschutzgebiet?

Ja. Aber in den Neunzigern waren wir Naturschützer erstmal froh, dass wir das Schutzgebiet als solches überhaupt durchbekamen. Nach dem Motto: Wenn wir erstmal einen Rahmen haben, kann man in langsam reinarbeiten und die Schutzgebietsmaßnahmen verbessern. Das ist jetzt 25 Jahre her. Und man muss sagen, da ist seitens des Gesetzgebers leider relativ wenig passiert. Das Land Schleswig-Holstein hat das Walschutzgebiet damals dankenswerter Weise ausgewiesen und so auch später das Prädikat Weltnaturerbe Wattenmeer möglich gemacht. Inhaltliche Qualitätsverbesserungen im Sinne des Naturschutzes bleiben bis auf ein wenig Bildungsarbeit mit dem Sylter Walpfad jedoch aus.

Trotzdem halten Sie das Walschutzgebiet für einen Erfolg?

Ja. Laut Unesco darf sich der Zustand des Gebietes nicht verschlechtern. Wir haben diesen Mindestschutz, und der kann verbessert werden. Der Druck, das auch tatsächlich zu tun, nimmt zu: Denn die Schweinswale der zentralen Nordsee wandern offenbar mehr Richtung südliche Nordsee. Der Windkraft-Ausbau wird offshore gerade massiv angekurbelt. Ich rechne in den nächsten Jahren mit 14.000 neuen Windmühlen in deutschen Gewässern. Das wird massive Auswirkungen auf die Nordseeökologie, von  Hochseevögeln, Robben und Schweinswalen haben.

Und dieser Ausbau ist im Walschutzgebiet verboten…

Das ist für uns Insulaner und den Tourismus sicher der wichtigste Effekt des Walschutzgebietes. Wir können dankbar sein, dass das in den Neunzigern so geklappt hat. Sonst hätten wir die Industrieanlagen sicher bald nahe der der Drei-Seemeilengrenze vor dem Strand stehen. 

Und noch etwas: Die Meeresschutzgebiete dienen nicht nur den Schweinswalen sondern letztendlich dem gesamten marinen Nahrungsnetz. Trauerenten zum Beispiel. Von denen gibt es weltweit ungefähr eine halbe Million – bis zu 350000 wurden zeitweise auf dem  Meer westlich von Sylt und Amrum geschätzt. Diese Fakten werden zu wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen.

Sie sagen, die Regeln für das Schutzgebiet müssten nachgeschärft werden. Was konkret müsste denn aus Ihrer Sicht passieren? Sie sprachen schon die Fischerei an.

Für die Fischerei fordere ich konkret, dass die Stellnetzfischerei im Walschutzgebiet vollständig verboten wird. Schnellbootkorridore für Windparks durch das Schutzgebiet sind ein „No-Go“. Die müssten verlegt oder auf 12 Knoten gebremst werden. Ein weiteres Manko ist der ungeschützte 150-Meter-Streifen“ vor dem Strand. Sie können da im Moment, wenn sie wollen, mit einem Schnellboot den Streifen entlang brettern, solange sie  nicht ins Badegebiet kommen. Ausserdem nehmen hier Elektro-Wassersportgeräte zu. Und das ist gerade der Bereich, wo die Wale mit ihren Kälbern im Sommer gern kleine Sandale jagen und und die Herzen der Strandspaziergänger erfreuen.  

Ist die Umsetzung solcher Schritte in den nächsten Jahren denn realistisch?

Da kann ich keine Prognose abgeben.

Wäre es aus Ihrer Sicht denn heutzutage schwerer oder einfacher, das Walschutzgebiet durchzusetzen?

Es wäre heute schwieriger, glaube ich. In den Achtzigern, Neunzigern stand Nordseeschutz ganz oben auf der Agenda. Motivationen waren das Seehundsterben, Ölverschmutzungen an den Stränden und vieles andere mehr. Nordseeschutz war damals Topthema. Heute ist das anders. Heute geht‘s mehr um Klimaschutz. Und der Naturschutz steht hintenan. Dabei ist die Biodiversitätskrise ein genauso großes Problem wie die Klimakrise. Aber heute wird von der Politik vorrangig nach Flächen für Offshore-Windkraftanlagen gesucht, statt Nullnutzungszonen auf dem Meer auszuweisen. Da hätten wir ganz schlechte Karten. Deshalb bin ich froh, dass wir Europas erstes Walschutzgebiet damals vor Sylt durchsetzten konnten.

Der Sylter Biologe Lothar Koch war zwischen 1988 und 2003 Sprecher der Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer e.V. und engagierte sich in dieser Funktion federführend für die Einrichtung des im Jahre 1999 ausgewiesenen Walschutzgebietes vor Sylt.

Koch ist Autor des Naturerlebnisführers „Natürlich Sylt“ und des Romans „Syltopia“.

Zum SR-Interview mit Lothar Koch vom23.8.2024

Brandheisses Thema auf Sylt: Kreis droht mit Stilllegung von Ferienvermietungen


Der Bürgermeister der Gemeinde Sylt (z.Zt. interimsmässig Rechtsanwalt Carsten Kerkamm) und der Amtsvorsteher des Amtes Landschaft Sylt (Ronald Benck), beide CDU, intervenierten dieser Tage gegen das Kontrollvorhaben des Kreisbauamtes zu illegaler Ferien-Vermietung auf der Insel. Der Kreis droht mit Stilllegung von Vermietbetrieben im zweistelligen Prozentbereich, weil diese seit Jahren gegen das Gesetzt verstossen. 

Bereits am 21. März 2024 erschien als Reaktion auf Spiegel-Artikel zu diesem Thema in der Sylter Rundschau  ein gekürztes Interview mit Birte Wieda.
Hier  das komplette Interview, das Barbara Glosemeyer mit Birte Wieda geführt hat:

𝗟𝗮𝘂𝘁 𝗦𝗣𝗜𝗘𝗚𝗘𝗟 𝗵𝗮𝗯𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝗴𝗲𝘀𝗮𝗴𝘁, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗦𝗶𝗲 𝗵𝗮𝗱𝗲𝗿𝗻, 𝘄𝗲𝗶𝗹 𝗦𝗶𝗲 𝘃𝗶𝗲𝗹𝗲 𝗕𝗲𝘁𝗿𝗼𝗳𝗳𝗲𝗻𝗲 𝗮𝘂𝗰𝗵 𝗽𝗲𝗿𝘀ö𝗻𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗸𝗲𝗻𝗻𝗲𝗻. 𝗜𝘀𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝘀𝗼?

Ja. Und die Auswirkungen sind zum Teil sehr bitter. Aber viele haben durh die absurde Immobilienpreisentwicklung eben auch schon die Insel verlassen. Wir wussten alle, das das mal ein Ende haben muss. Die jetzige Problemlage ist ja nicht neu. Sie ist dadurch zugespitzt, dass nötige Planungsanpassungen in der lokalen Politik nie die nötige Mehrheit gefunden haben. Das hat alles immer komplizierter und nachteiliger für alle jetzt Betroffenen gemacht.

Die Bau- und Städteplanung wurde in der Politik nie mit dem ausreichenden Ernst behandelt und damit auch nicht in die Bevölkerung kommuniziert, das habe ich in meiner Legislaturperioden Bauausschuss Sylt Ost schon Ende der 90 er Jahre merken müssen. Ort- und Kreisverwaltung haben immer wieder informiert und gemahnt. Anders ist das jetzt für jeden sichtbare Ausmaß auch nicht zu erklären!

𝗦𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗙𝗼𝗿𝗱𝗲𝗿𝘂𝗻𝗴 𝗱𝗲s Verein Sylter Unternehmer 𝗻𝗮𝗰𝗵 𝗺𝗲𝗵𝗿 𝗭𝗲𝗶𝘁 𝘂𝗻𝗱 𝗔𝘂𝗴𝗲𝗻𝗺𝗮ß 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗺 𝗘𝗶𝗻𝗹𝗲𝗻𝗸𝗲𝗻 𝗱𝗲𝘀 𝗞𝗿𝗲𝗶𝘀𝗲𝘀 𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗿𝗶𝗰𝗵𝘁𝗶𝗴𝗲𝗻 𝗦𝗰𝗵𝗿𝗶𝘁𝘁, 𝗱𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝘂𝗻𝘁𝗲𝗿𝘀𝘁ü𝘁𝘇𝗲𝗻 𝗸ö𝗻𝗻𝗲𝗻?

Zeit für was? Es sind Aufgaben aus 20-40 Jahre versäumter Planungsarbeit nachzuholen! Da ist kein einziger Tag Zeit zu verlieren. Wir müssen jetzt aber als Mannschaft den Kurs des Schiffes neu bestimmen, weil den Kapitänen, die es in den Sturm gefahren haben, gerade nicht mehr viel zuzutrauen ist.

Das Augenmaß ist auf Sylt verloren gegangen. Der Kreis hat immer wieder Entgegenkommen signalisiert und abgewartet.

Wenn das jetzige Chaos nicht auch durch die Geduld der Behörde so groß geworden wäre, könnte man einfach „Danke“ sagen, denn es wurde in der Zeit sehr viel Geld verdient.

Für das bisherige Nichthandeln, ist auf jeden Fall keine Zeit mehr!

𝗗𝗶𝗲 𝗦𝘆𝗹𝘁𝗲𝗿 𝗨𝗻𝘁𝗲𝗿𝗻𝗲𝗵𝗺𝗲𝗿 𝘀𝗮𝗴𝗲𝗻, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗲𝘀 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗳𝘂𝗻𝗸𝘁𝗶𝗼𝗻𝗶𝗲𝗿𝗲𝗻 𝘄𝗶𝗿𝗱, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗮𝘂𝘀 𝘀𝘁𝗶𝗹𝗹𝗴𝗲𝗹𝗲𝗴𝘁𝗲𝗻 𝗙𝗲𝗿𝗶𝗲𝗻𝘄𝗼𝗵𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗗𝗮𝘂𝗲𝗿𝘄𝗼𝗵𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗳ü𝗿 𝗦𝘆𝗹𝘁𝗲𝗿 𝘄𝗲𝗿𝗱𝗲𝗻. 𝗪𝗶𝗲 𝘀𝗲𝗵𝗲𝗻 𝗦𝗶𝗲 𝗱𝗮𝘀?

Wir verstehen im Bürgernetzwerk den Pessimismus nicht und finde ihn der Situation auch nicht zuträglich. Erstens kann die Kommunalpolitik planungsrechtlich mit Satzungen in Bebauungsplänen gegensteuern, damit die Wohnungen nicht im Zweitwohnungmarkt verloren gehen….. aber bitte schnell.

Zweitens sollte die Landesregierung die Insel unterstützen, indem das in Schleswig-Holstein fehlende Zweckentfremdungsgesetz/Wohnraumschutzgesetz schleunigst auf den Weg gebracht wird. Das würde ebenfalls den befürchteten Verlust in den Zweitwohnungsmarkt verhindern.

Auch da sollte man keine Zeit verlieren und im Schulterschluss nach Kiel gehen und es gemeinsam mit Nachdruck fordern. Schließlich steht es für 2024 sogar im Koalitionsvertrag.

Mehr Wohnraum, bezahlbarer Wohnraum, attraktiver Wohnraum werden die Chance der Sylter Wirtschaft beim Werben um Arbeitskräfte auf einem ohnehin umkämpften Markt erhöhen.

Das muss doch jedem einleuchten…. Wer wohnt und arbeitet nicht gern auf einer so schönen Insel?

Sylt 𝗵𝗮𝘁 𝗶𝗺 𝗷ü𝗻𝗴𝘀𝘁𝗲𝗻 𝗣𝗼𝘀𝘁 𝗮𝘂𝗳 𝗙𝗮𝗰𝗲𝗯𝗼𝗼𝗸 𝗱𝗶𝗲 𝗣𝗼𝗹𝗶𝘁𝗶𝗸 𝘃𝗲𝗿𝗮𝗻𝘁𝘄𝗼𝗿𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗴𝗲𝗺𝗮𝗰𝗵𝘁 𝗳ü𝗿 𝗱𝗲𝗻 𝗪𝗶𝗹𝗱𝘄𝘂𝗰𝗵𝘀 𝗺𝗶𝘁 𝗙𝗲𝗿𝗶𝗲𝗻𝘄𝗼𝗵𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻.

Die Bauministerin des Landes, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, hat es ganz deutlich gesagt: Das Recht der Planungshoheit liegt ausschließlich bei der Kommune, diese wird vertreten durch das legitimierte Gemeindeparlament, die Politiker vor Ort. Dort werden die Regeln abgewogen und festgelegt oder eben auch nicht.

Nach diesen Regeln genehmigt dann die Behörde des Kreises.

Eine Behörde kann demnach nur so gut und richtig genehmigen, wie die Regeln deutlich und klar sind. Da hat es in der Vergangenheit aus oben genannten Versäumnissen viel Durcheinander gegeben. Der Kreis und auch die Verwaltung vor Ort haben das immer wieder angemerkt und angemahnt.

𝗚𝗲𝗻𝗲𝗵𝗺𝗶𝗴𝘂𝗻𝗴𝘀𝗯𝗲𝗵ö𝗿𝗱𝗲 𝗶𝘀𝘁 𝗮𝗯𝗲𝗿 𝗱𝗶𝗲 𝗕𝗮𝘂𝗮𝘂𝗳𝘀𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗱𝗲𝘀 𝗞𝗿𝗲𝗶𝘀𝗲𝘀, 𝗱𝗶𝗲 𝗝𝗮𝗵𝗿𝘇𝗲𝗵𝗻𝘁𝗲 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁𝘀 𝗴𝗲𝘁𝗮𝗻 𝗵𝗮𝘁, 𝘄𝗶𝗲 𝗕𝘂𝗿𝗸𝗵𝗮𝗿𝗱 𝗝𝗮𝗻𝘀𝗲𝗻 𝗶𝗺 𝗜𝗻𝘁𝗲𝗿𝘃𝗶𝗲𝘄 𝗺𝗶𝘁 𝗺𝗶𝗿 𝗲𝗶𝗻𝗴𝗲𝗿ä𝘂𝗺𝘁 𝗵𝗮𝘁.

Eine Genehmigungsbehörde kann nur genehmigen und kontrollieren, was hieb- und stichfest geregelt ist. Sonst folgen Gerichtsverfahren. Ferienwohnraum und Dauerwohnraum ist auf Sylt schlechter geregelt als jeder von uns es sich bisher vorstellen konnte. Das war der Politik schon lange bekannt, spätestens durch ein Wohnraumentwicklungskonzept und andere Gutachten.

Wer in der Kommune die Zukunft gestalten will, der erkennt das „Planungsrecht“ als eine „Planungspflicht“ an, um die man sich intensiv und immer wieder kümmern muss. Gerade und besonders, wenn der Druck auf die Gemeinde tourismuswirtschaftlich so groß ist wie auf Sylt. Das Beherbergungskonzept sagt deutlich, dass dies auf Sylt in der Vergangenheit nicht geschehen ist. Und rät zum sofortigen und systematischen Einsatz aller nur möglichen Planungswerkzeuge.

𝗪𝗲𝗿 𝗶𝘀𝘁 𝗱𝗲𝗻𝗻 𝗻𝘂𝗻 𝘀𝗰𝗵𝘂𝗹𝗱 𝗮𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗠𝗶𝘀𝗲𝗿𝗲, 𝘄𝗲𝗿 𝗵ä𝘁𝘁𝗲 𝘀𝗶𝗲 𝘃𝗲𝗿𝗵𝗶𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻 𝗸ö𝗻𝗻𝗲𝗻?

Das System ist, wie es derzeit ist. Damit müssen wir jetzt alle dealen.

Es ist definitiv verbesserungsfähig. Es müssen andere Strukturen her, die solches Fehlverhalten und Versäumnisse wie wir sie jetzt beobachten – mit Folgen von derartigem Ausmaß über einen solch langen Zeitraum – gar nicht erst ermöglichen.

Nun zählt nur noch die Zukunft, in der die Politik ihre Planungshoheit konsequent nutzt und das Gleichgewicht zwischen Lebensraum und Urlaubsort sichert. Jeder Gemeindepolitiker hat sich hier auf das „Streben nach Gemeinwohl“ vereidigen lassen.

Landrat Lorenzen (CDU) hat sich in der Sylter Rundschau vor mehr als zwei Jahren deutlich ausgedrückt: „Tourismus ist kein Selbstzweck, auch die Einwohnerinnen und Einwohner müssen sich wohlfühlen.“

Jeder einzelne Eigentümer oder Käufer von Grund und Boden muss seine Angelegenheiten prüfen oder in Ordnung bringen, dazu nützt eine Anfrage ans örtliche Bauamt.

Jede Bürgerin, jeder Bürger, muss von nun an im Blick behalten, was politisch passiert, damit ein „besseres Sylt“ für alle am Ende des Aufräumprozesses dabei herauskommt. Für uns und unsere Gäste.

Ende des Interviews

Nun wird sich zeigen, ob es den Insel-Funktionären wieder einmal gelingen wird, beim Kreis die dringend notwendige Bereinigung illegaler Ferienvermietungen doch noch abzubiegen und es beim Staus quo zu belassen.

Quelle: Sylter Rundschau/DerSpiegel/BI Merret reichts